BU: Vollmaringen wächst weiter. Wo heute noch Felder sind (rechts), sollen in den nächsten Jahren neue Häuser entstehen.  Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Bauland: Technischer Ausschuss bringt Neubaugebiet "Röte III und IV" auf den Weg / Diskussion über Einfamilienhäuser

Es geht ordentlich voran mit weiteren Neubaugebieten in Nagold für mehr Wohnraum. Gleich über drei davon hatte der Technische Ausschuss (TA) des Gemeinderats auf seiner jüngsten Sitzung in der Stadthalle zu entscheiden. Eines davon soll in Vollmaringen entstehen: "Röte III und IV" heißt es.

Nagold. Aber es ist Wahlkampf, eigentlich sogar gleich doppelter Wahlkampf im Land – da musste es irgendwann auch im TA um Grundsätzliches gehen. In diesem Fall um die ins Gerede geratenen Einfamilienhäuser und dem künftigen Umgang der Gesellschaft damit. Auslöser: Nicht etwa der Beitrag von einem der grünen Stadträte, wie man hätte erwarten können – sondern der nicht ganz unbissige Kommentar ausgerechnet von Oberbürgermeister Jürgen Großmann (CDU) auf ein Statement von Vollmaringens Ortsvorsteher und SPD-Fraktionssprecher Daniel Steinrode.

"Nur sechs Kilometer zur Autobahn"

Der hatte zuvor die Röte III und IV als "einen Meilenstein für Vollmaringen" bezeichnet, der allerdings auch bereits vom Ortschaftsrat "intensiv beraten" worden sei – wobei Steinrode in Richtung der Verwaltung positiv anmerken konnte, dass die verschiedenen Empfehlungen seines Ortschaftsrats großzügig in das städtebauliche Konzept für das künftige Wohngebiet mit aufgenommen worden seien. Grundsätzlich gebe es auch in Vollmaringen "eine sehr große Nachfrage" nach freien Grundstücken und Wohnraum, wofür die "Röte III und IV" künftig eine echte Premium-Lage bieten würden – "mit Hohenzollern-Blick und nur sechs Kilometern zur Autobahn". Wobei man in Vollmaringen – und dann folgte das Stichwort – ganz bewusst nicht nur auf den Bau von Einfamilienhäuser setze, sondern auch offensiv den Bau von Mehrfamilienhäusern ermöglichen wolle.

Wörtlicher Kommentar vom OB – mit reichlich ironischem Tonfall gewürzt: "Ich bin froh, dass Sie nicht Einfamilienhäuser ganz verbieten wollen!" Was natürlich geradezu eine Steilvorlage für Grünen-Stadtrat Thomas Ebinger sein musste, der diesen Seitenhieb auf eine jüngste Forderung aus seiner Partei zu weniger Flächenverbräuchen im Land nicht einfach unbeantwortet lassen konnte: Man spreche heute Abend ja über insgesamt "drei Neubaugebiete im Außenbereich" (neben Vollmaringen für Hochdorf und Emmingen), mit insgesamt gut 15 Hektar eben solcher wertvollen Flächen. "Das ist schon eine schwere Kost für uns", so Ebinger. Wobei er differenzierte: "Natürlich sehen auch wir den großen Wohnbedarf", den es gerade auch in der Region gebe. Aber: "Es kann so nicht weitergehen mit den Flächenverbräuchen", da brauche es einen grundsätzlichen Strategiewechsel der Gesellschaft.

Auch wenn er persönlich da "keine Patent-Lösung" habe, argumentierte Ebinger weiter, so müsse doch diskutiert werden, wie man künftig mit solchen Flächenversiegelungen umgehen wolle. Die Frage sei: "Ob wir jedem, der nach Nagold kommen will, auch wirklich ein Angebot" auf Wohnraum "machen wollen".

Oberbürgermeister Großmann stimmte Ebinger grundsätzlich zu, dass die Folgen des Klimawandels, auf den sich die Flächendiskussion ja beziehe, gesellschaftlich bewältig werden müsse. Aber es müsse auch ein Wohnen für jeden nach individuellen Wünschen möglich bleiben. Und es sei ja nicht so, dass etwa Nagold nur auf Neubaugebiete setze – auch die Innenentwicklung, die Nachverdichtung der vorhandenen urbanen Räume werde konsequent verfolgt: "Wir kaufen als Stadt systematisch alle Altbauten auf", um diese einer künftigen neuen Nutzung zuzuführen.

Was auch CDU-Fraktionssprecher Wolfgang Schäfer unterstrich: "Wir schauen, wo Verdichtung möglich ist." Allerdings schränkte Schäfer ein, dass auch die innenstädtischen Bereiche künftig Grünflächen und -zonen bräuchten, um die Lebens- und Luftqualität zu erhalten, weshalb man nicht umhin komme, "in angemessenen Umfang in die Fläche zu gehen". Nagold sei nun mal Zuzugsraum etwa für Stuttgart, wo keine Entwicklung mehr möglich sei. Das führe zu einer Ausweitung des Wohnraums hier, wobei auch Schäfer dafür eintritt, dass die Menschen "so wohnen, wie es ihren Bedürfnissen entspricht" – also ausdrücklich auch in Einfamilienhäusern. Sonst "steigt die Unzufriedenheit" und der Sozialneid auf jene, die dieses Privileg bereits besäßen. Diesen gesellschaftlichen Sprengstoff könne sich keiner wünschen. "Wir brauchen einen gesunden Mix aus Landschaftsschutz und Wohnraumentwicklung", so Schäfer abschließend.

"Wir sollten offen sein für Zuzüge von außen"

Dem stimmte Daniel Steinrode für seine Fraktion noch einmal ausdrücklich zu, wobei er darauf verweisen konnte, dass – eben auch auf Wunsch des Ortschaftsrats in Vollmaringen – gerade für das Neubaugebiet "Röte III und IV" auch die Errichtung "mehrerer Wohnblöcke" in die Planungen mit aufgenommen worden seien – "weil wir uns des Zielkonflikts bewusst sind". Aber Steinrode gab auch zu bedenken, dass die in diesem Fall bisher intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen, die für das Neubaugebiet weichen müssten, mit einer zumindest ja teilweisen Umwandlung in "blühende Gärten" auch eine echte Aufwertung gegenüber "Ackerbau in Monokulturen" darstellen könnten.

Bemerkenswerter Nachsatz vom OB: In einer Konkretisierung wies er – wohl in Richtung von Schäfer und auch Ebinger – darauf hin, dass die Stadt "auf eigenen Flächen in erster Linie" den Eigenbedarf von Nagoldern nach neuem Wohnraum oder von ehemaligen Nagoldern, die in die Heimat zurückkehren wollten, decken würde. Und damit ausdrücklich nicht für Zuzugswillige etwa aus dem Stuttgarter Raum – die sich allerdings ja beim Erwerb von Bestandsimmobilien, auf die die Stadt keinen Einfluss hätte, bedienen könnten. Eine Aussage, die Bärbel Reichert-Fehrenbach (FDP) so nicht stehen lassen mochte: "Wir sollten auch als Stadt offen sein für Zuzüge von außen", so die Stadträten. Weil andernfalls "ein fatales Signal" von Nagold ausgehe, dass Zuzugswillige hier nicht willkommen seien.

Worauf der OB offenbar nicht mehr antworten wollte. Sondern den Tagesordnungspunkt lieber mit den Hinweis abschloss, dass "so eine kleine Grundsatzdebatte" wohl auch mal notwendig sei. Wobei Großmann auch noch mal ausdrücklich daraufhin hinwies, dass Nagold mit seinen "immensen Waldflächen" im Stadtgebiet schon gewaltig etwas "für den Klimaschutz" tue: "Hier kann man Landschaft eigentlich gar nicht mehr weiter zupflanzen". Da seien andere Kommunen und Regionen eher gefordert als ausgerechnet Nagold. "Das ist ein deutschlandweites Thema". Womit der TA bei einer Enthaltung Wortlaut und Inhalt des Bebauungsplans "Röte III und IV" genehmigte und den notwendigen Aufstellungsbeschluss mit Empfehlung an den Gemeinderat weiterleitete, der auf seiner Sitzung am 23. März final darüber abstimmen wird.

Info: Neubaugebiet Röte III und IV

In der Sitzungsvorlage des Technischen Ausschusses (TA) heißt es zum Vollmaringer Neubaugebiet Röte III und IV: "Der städtebauliche Entwurf für den östlichen Ortsrand von Vollmaringen sieht auf dem rund 5,4 Hektar großen Gebiet die Gestaltung eines lebendigen, neuen Wohnquartiers mit angepasstem Wohnungsmix vor. Das neue Quartier wird mittig von der ›Baisinger Straße‹ gekreuzt und teilt das Plangebiet in einen nördlichen und einen südlichen Teilbereich auf. Im Westen grenzt das neue Quartier an die bisherige Siedlungsentwicklung an. Der neue Ortsrand nach Osten soll eingegrünt werden, um dadurch wieder für einen möglichst harmonischen Übergang in die freie Landschaft zu sorgen. Innerhalb des Gebietes ist eine vielfältige Mischung aus Geschosswohnen, Reihenhäusern, Doppelhäusern und Einfamilienhäusern vorgesehen. Die Bautypen sind grundsätzlich flexibel und austauschbar, wobei trotz allem eine gewisse bauliche Dichte angestrebt wird. Die Gebäudehöhen richten sich nach dem Bestand und sehen in der Regel zwei Vollgeschosse plus Dach vor.Die Erschließung des neuen Quartiers erfolgt, ausgehend von der ›Baisinger Straße‹, über ein einfach gehaltenes Erschließungsnetz mit zentralen Zufahrten sowie daran angeschlossene Ringstraßen. Hierdurch kann zum einen eine leichte Orientierung ermöglicht sowie zum anderen eine problemlose Ver- und Entsorgung gewährleistet werden. Die Haupterschließung erfolgt in Nord-Süd- Richtung. Jeweils daran anschließend befinden sich die Ringstraßen, welche als verkehrsberuhigte Wohnwege/Spielstraßen ausgebildet werden. Begleitende Bäume gewährleisten durchgrünte Straßenräume und sorgen für hohe Spiel- und Aufenthaltsqualitäten. Der private ruhende Verkehr ist schwerpunktmäßig den einzelnen Gebäuden als Garagenstellplatz, als offener Stellplatz oder als Tiefgaragenstellplatz (Geschosswohnungsbau) zugeordnet. Für den ruhenden öffentlichen Verkehr werden entlang der Haupterschließungsstraßen PKW-Stellplätze als Längsparker angeboten."