Jochen Digel vor dem fast fertiggestellten neuen Anbau an das Nagolder Logistikzentrum (hinten, links). Foto: Kunert

Logistikzentrum wächst um 40 Prozent. Markteintritt in USA birgt riesige Wachstums-Chancen.

Nagold - Es ist es ein weiterer Meilenstein in der knapp 80-jährigen Historie der Nagolder Digel AG – aber: keine Zeit zum Feiern. Eher nebenbei wird dieser Tage ein Anbau des Digel-Logistikzentrums auf dem Wolfsberg in Betrieb genommen

"Wir sind hier mit unseren bisherigen Kapazitäten deutlich an unsere Grenzen gestoßen", erläutert Vorstand Jochen Digel beim Rundgang durch den neuen Bau, der das bisherige Logistikzentrum von der Form her nach Westen hin zu einem "L" ergänzen wird.

"Die bisherige Logistik war bis zu einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro ausgelegt." Die hatte man schon 2016 geknackt, im Jahr 2017 waren es schon rund 110 Millionen Euro, und "dieses Jahr peilen wir die 120 Millionen Euro an". Genau dafür braucht’s aber mehr Platz im Lager und Versand.

Anbau: 40 Prozent mehr Kapazitäten

Rund 15000 Quadratmeter Fläche auf drei Etagen bietet der bestehende Bau mit einer Grundfläche von 50 auf 100 Metern. "Der Anbau verschafft uns jetzt noch einmal 40 Prozent mehr Kapazitäten", so Digel – bei einer zusätzlichen Größe von 30 auf 75 Metern, ebenfalls mit drei Etagen.

Untergebracht werden soll in dem neuen Hallenanbau der Bereich Rohwaren – also Oberstoffe – und die sogenannten "Zutaten"; gemeint sind Zusatz-Materialien für die Textil-Produktion wie Futter, Knöpfe, Reißverschlüsse oder Schulterpolster.

Der Arbeitsablauf in der Digel-Logistik: Rohwaren und "Zutaten" werden von den Zulieferern in Nagold angeliefert, hier für die verschiedenen Digel-Produktions-Standorte nach Bedarf zusammengestellt und erneut auf die Reise geschickt. Als fertige Hosen, Sakkos und so weiter kommen die Waren dann später ein zweites Mal ins Nagolder Logistikzentrum zurück, um dann wiederum von hier aus an die Kunden in aller Welt verschickt zu werden.

Rund sechs Millionen Euro hat der 12,5 Meter hohe Anbau gekostet, Baustart war im vergangenen August, Planungsstart Anfang 2017. Eigentlich ein Rekord. "Der für Nagold als Investitionsstandort spricht", lobt Digel die Unterstützung durch die Genehmigungsbehörden. Die wiederum wahrscheinlich mit Wohlwollen hören werden, dass rund 30 neue Arbeitsplätze entstehen.

2019 steht der 80. Geburtstag an

Gefeiert werden soll das alles aber erst im kommenden Jahr, wenn das Unternehmen seinen 80. Geburtstag begehen kann. "Da bündeln wir dann die Anlässe", sagt Jochen Digel schmunzelnd. Für die ganz große Party.

Das Wachstum hat Gründe: Digel-Produkte gelten in ihren Segmenten bei den (Handels-)Kunden als Qualitätsführer. Außerdem entwickelt sich der noch sehr neue Produktbereich "Schuhe" über Erwartung gut. "Wir wollten im ersten Jahr, die wir sie im Sortiment hatten, 20 000 Paar verkaufen." Es wurden am Ende über 100 000 Paar. "Das hat uns selbst überrascht." Es schien, als hätte der Markt nur darauf gewartet. Das Geheimnis des Erfolges: Digel bietet "klassische" Schuhe in solider Qualität (auch) mit handgenähten Rahmen zu einem marktfähigen Preis an. Und: "Wir liefern den Händlern auch Einzelpaare nach." Das ist nicht üblich im Schuhhandel.

Die Digel-"Schuhe" laufen nicht über das Nagolder Logistikzentrum, sondern sind innerhalb des Landkreises Calw an einen Dienstleister ausgelagert. Das Wachstum für das eigene Logistikzentrum kommt also allein aus dem Textil-Bereich: "Am Tag verlassen mehr als 2000 Anzug-Einheiten das Haus, 2017 waren das insgesamt rund 1,7 Millionen Teile." Für das laufende Jahr erwartet Jochen Digel, die Zahl auf 2500 Anzug-Einheiten pro Tag steigern zu können. Wobei man aktuell Kunden in über 40 Ländern beliefere, mit dem Schwerpunkt Europa, aber auch der Nahen Osten, Kanada und – neu – die USA seien dabei.

Aus dem "China-Abenteuer" vor ein paar Jahren habe man sich aber wieder verabschiedet. "Da haben unser Passformen und Schnitte nicht gepasst", erläutert Digel.

Wenig Angst vor Handelskrieg mit den USA

Ganz anders beim aktuellen Gang in die USA – dem dritten Wachstumsfaktor der Digel AG. Wo man Anfang des Jahres auf den ersten Fach-Messen in New York und Chicago präsent war. "Dafür sind wie ideal positioniert." Die Märkte in Europa und Amerika seien von der Größe und dem Bedarf her absolut gleichwertig. Zudem liebten es Händler wie Kunden in den USA, sich über "europäische Mode" vom bestehenden heimischen Angebot zu differenzieren. "Made in Europe" sei dort sehr gefragt.

Warum dann erst jetzt der Gang in die USA? "Wir haben jetzt die richtige Größe, um den Schritt in diesen wichtigen Markt zu wagen." Insofern sei der Anbau fürs Logistikzentrum auch eine Investition in die Zukunft – mit dem sich aber große Erwartungen verknüpften. Ein Markt "vergleichbar mit Europa" meint auch, dass durchaus "eine Verdoppelung des Absatzes" für Digel möglich sein könnte. Das sei die Herausforderung.

Breitet da die Politik von Donald Trump Sorge? Jochen Digel schüttelt den Kopf: "Wir haben wenig Angst vor einem Handelskrieg mit den USA." Zölle zahle man auch jetzt schon für die Einfuhr von Textilien (17,5 Prozent), aber insgesamt sei das Handelsvolumen zwischen Europa und Nordamerika in diesem Bereich "sicher nicht entscheidend" für die große Politik.