Amtsgericht: 43-jähriger Dealer könnte allerdings noch in Berufung gehen

Nagold. "Ich bin auf dem besten Wege, mich zu ändern und hoffe auf eine letzte Chance." Bevor Richter Martin Link einen 43-jährigen Mann aus Nagold verurteilte, hatte der das letzte Wort. Wegen vorsätzlichem, unerlaubtem Besitz und Handel mit Betäubungsmitteln muss der Dealer acht Monate ins Gefängnis – außer er legt Berufung ein, dann wird der Fall beim Landgericht Tübingen noch einmal aufgerollt. Dazu hat ihm der Amtsrichter zum Schluss der Verhandlung sogar geraten.

Der Angeklagte befindet sich noch bis zum 20. Dezember dieses Jahres zur Therapie in einer Fachklinik. Er wurde von einem Mitarbeiter der Einrichtung zur Verhandlung nach Nagold gefahren und anschließend wieder zurückgebracht. Der Angeklagte soll, laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft, in 42 Fällen Marihuana besorgt, mit Gewinn verkauft und auch selbst Rauschmittel konsumiert haben. "So häufig war das nicht", erklärte Verteidiger Marc Hufschmidt. Um das klären zu können, hätte ein Handeltreibender aussagen müssen. Der war aber nicht erschienen. Für Link stellte sich damit die Frage, ob der Zeuge vorgeführt oder die Verhandlung gegen den 43-Jährigen fortgesetzt werden soll. "Ob 42 oder 20 Fälle, das macht den Kohl auch nicht mehr fett", sprach sich der Verteidiger nach Rücksprache mit seinem Mandanten für eine Weiterführung aus.

Richter macht dem Beschuldigten Mut

Warum er straffällig geworden sei? "Ich hatte finanzielle und familiäre Probleme", beantwortete der Angeklagte die Frage des Amtsrichters. Seine Frau habe sich von ihm getrennt und beide Kinder mitgenommen. "Außerdem hatte ich das Haus an der Backe." Um seinen Kummer zu vergessen, habe er mit dem Trinken und den Drogen angefangen.

Wegen Beleidigung, vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung ist der Arbeitslose vorbestraft. Zweimal wurden seine Vergehen zur Bewährung ausgesetzt. Zurückzuführen sei das auf die unglückliche Ehe, sagte Verteidiger Hufschmidt.

Die Wohnung des nicht erschienenen Zeugen wurde wegen Handel mit Betäubungsmitteln bereits vorher durchsucht. Bei der Vernehmung habe er zugegeben, an den Angeklagten Marihuana verkauft zu haben, sagte ein Polizeioberkommissar des Nagolder Reviers vor Gericht aus.

Seit dem Sommer befindet sich der 43-Jährige in einer Spezialklinik, um von seiner Sucht wegzukommen. Nach der Entlassung könne er sofort in einer Kfz-Werkstatt anfangen, beantwortete er die Frage nach seinen Zukunftsplänen. Nach dem Verkauf des Hauses habe er außer rückständiger Unterhaltszahlungen keine Schulden mehr.

Rechtsreferendarin Bianca Kaiser warf dem Angeklagten vor, bereits zweimal zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt und in dieser Zeit jedes Mal rückfällig geworden zu sein. In ihrem Plädoyer forderte sie – eingerechnet wurde der unerlaubte Besitz eines Elektroschockers – eine Gefängnisstrafe von 14 Monaten und eine Geldauflage von 1000 Euro.

Ganz so hart wollte Richter Link ihn nicht bestrafen. Er verurteilte den Angeklagten zu acht Monaten Gefängnis und einer Geldbuße von 1000 Euro. Und sprach dem 43-Jährigen Mut zu. Ganz sei der Zug noch nicht abgefahren. Wenn er im Dezember aus der Klinik entlassen werde, sich körperlich und seelisch stabilisiert habe und sofort eine Arbeit aufnehme, könnte das den Richter bei der Verhandlung in Tübingen milde stimmen und eine erneute "allerletzte" Bewährungsstrafe zur Folge haben.