Paul Amand stand 26 Jahre lang der Nagolder Feuerwehr vor. Nach 47 Jahren Dienst am Nächsten hört er auf. Foto: Fritsch

Für Kommandant Paul Amand ist mit 65 Jahren Schluss. 26 Jahre an der Spitze der Feuerwehr.

Nagold - Bei der Nagolder Feuerwehr geht eine Ära zu Ende: 26 Jahre lang stand Paul Amand der Wehr vor, seit 2015 war er hauptamtlicher Kommandant. Heute, Mittwoch, wird er 65 Jahre alt. Und damit, so will es das Feuerwehrgesetz, ist es für ihn an der Zeit, das Amt des Stadtbrandmeisters abzugeben. Wehmut? "Nein", sagt er und lächelt, "jetzt ist’s gut."

18 Jahre alt war er im Januar 1971, als er gemeinsam mit seinem Schulkamerad Hans Günther bei der Nagolder Feuerwehr anheuerte. "Aus Begeisterung", sagt er heute über seine Motive von damals, "um Menschen aus Notlagen zu helfen." Paul Amand hat die Stunden nicht gezählt, die er in den nunmehr fast 50 Jahren im Dienst am Nächsten absolviert hat. Es waren Tausende.

Dass der gebürtige Nagolder bei der Versammlung des Kreisfeuerwehrverbandes Calw vor einem Jahr mit dem Deutschen Feuerwehr Ehrenkreuz in Gold ausgezeichnet wurde, kam nicht von ungefähr: Der gelernte Werkzeugmacher, der sich 1984 mit einem Konstruktionsbüro selbstständig machte, lebt bis heute dieses Ehrenamt. Tag und Nacht.

Er hat praktisch alle Lehrgänge an der Landesfeuerwehrschule absolviert, war Schiedsrichter und Ausbildungsleiter im Bezirk Nagold, saß in vielen Ausschüssen und bekleidet seit 2005 das Amt des stellvertretenden Verbandsvorsitzenden.

Mannschaft rückt fast jeden zweiten Tag aus

Mit 150 bis 180 Einsätzen im Jahr rückt seine Mannschaft fast jeden zweiten Tag aus, um Bränden zu Leibe zu rücken, Menschen aus Autowracks zu bergen, das Hochwasser einzudämmen oder bei Stürmen Straßen von umgestürzten Bäumen zu befreien. Gerade bei prekären Einsätzen spürte Amand die Last der Verantwortung. Den Druck, nichts falsch machen zu dürfen, ohne dass ein Staatsanwalt, "der alle Zeit der Welt hat, um eine Sache zu überprüfen", ihn zur Verantwortung ziehen könnte. Aber in seiner ganzen Ära kam so etwas nie vor.

Dafür opferte der heute 65-Jährige aber viele Stunden Schlaf. Wie zuletzt beim drohenden Hochwasser, als er mit anderen Kameraden bis morgens um sechs im Feuerwehrmagazin saß, weil die Hochwassermarken gefährliche Höhen erklommen hatten. Seine Stiefel und seine Uniform hängen stets griffbereit im Bad, wenn der Piepser, den er ständig in der Hosentasche mit sich trägt, Alarm schlägt. Binnen dreieinhalb Minuten – von der Alarmierung durch die Leitstelle an gerechnet – geht der erste Wagen raus, in zehn bis zwölf Minuten der ganze Löschzug mit vier Fahrzeugen und 23 Mann.

Gebet hilft, das Erlebte zu verarbeiten

Wenn er dann von Einsätzen wieder nach Hause kam, musste er wie seine Kameraden auch die Bilder verarbeiten, die nicht mehr aus den Köpfen wollen. Wie bei dem Unfall mit dem Müllauto am 11. August 2017, als die Leitstelle zwei eingeklemmte Personen meldete. Als die Nagolder Feuerwehr das umgekippte Müllauto wieder auf die Räder gestellt hatte und das Dach das darunter eingequetschten Autos öffnete, wurde ihnen die ganze Tragik dieses Unfalls erst gewahr – mit fünf Toten. Bei solchen psychisch besonders belastenden Bergungen ließ Amand nur die erfahrenen Kameraden oder Freiwillige ran. Danach, zu Hause, hatte der Feuerwehrchef seine eigene Methode, um das Erlebte zu verarbeiten: Beten im Stillen.

Die Dankbarkeit jener, denen von der Feuerwehr geholfen wurde, hält sich derweil in Grenzen. In den 25 Jahren sei es, wenn’s hoch kommt, vielleicht ein halbes Dutzend Mal vorgekommen, sagt er, dass er ein Dankeschön gehört. "Das ist unsere Vollkaskogesellschaft", sagt Amand und zuckt mit den Schultern, "aber wir wissen: Wir haben alles gegeben."

Seine Begeisterung für dieses Ehrenamt hat er sich nie nehmen lassen. Und sie ist ansteckend: Seine zwei Töchter sind genauso in der Nagolder Feuerwehr aktiv wie seine Schwiegersöhne.

Wenn Paul Amand den Kommandantenposten am 1. Februar offiziell an Thomas Reiff übergibt und in die Alterswehr wechselt, beginnt für ihn eine neue Zeit. Und er weiß, da ist sich eine Frau Christa sicher, diese Freiheit zu nutzen. Die drei Enkelkinder würden den Opa schon auf Trab halten. Und Paul Amand freut sich schon auf den Sommer, um seiner Leidenschaft zu frönen: Segeln am Bodensee.