Rund 80 Musiker umfasst das Nagolder Kammerorchester. In der Stadtkirche überzeugten die Instrumentalisten in allen Bereichen. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Musik: Jahreskonzert mit umjubelter Uraufführung

Das Nagolder Kammerorchester erspielte sich am Sonntag einen überwältigenden Erfolg, der in mancher Hinsicht selbst die Jubiläums-Feierlichkeiten vom Vorjahr übertraf.

Nagold. Wetterbedingt fand das Konzert nicht wie geplant in der Ruine Hohennagold, sondern in der Stadtkirche statt, wo die Publikums-Dichte sogar die sonst schwierige Großraum-Akustik zu einem Verbündeten der Musiker umwandelte.

Seit mehr als 25 Jahren bildet das Kammerorchester eine Anlaufstelle für Instrumentalisten jeden Alters, ihre Anzahl pendelt zurzeit bei etwa 80 Musikliebhabern. Ganze Generationen finden eine Verwirklichung ihrer musikalischen Neigungen und vielleicht auch der stillen Sehnsüchte in gemeinsamer Arbeit mit dem Nagolder Stadtmusikdirektor und Musikschulleiter Florian Hummel.

"Sie sind für Musik und Kultur… super"

"Musik wäscht den Staub des Alltags von der Seele rein" – zitierte Jürgen Großmann die Sentenz von Berthold Auerbach in seiner kurzen Ansprache. Das Nagolder Stadt-oberhaupt zeigte sich gleichermaßen verwundert wie tief beeindruckt von den hörbaren Effekten der Kooperation zwischen der Musikschule und dem Otto-Hahn-Gymnasium. Hummel bedankte sich für Großmanns Komplimente lapidar: "Sie sind für Musik und Kultur… super."

Die allgemeine Publikumsbegeisterung nahm ihren Anlauf bereits bei dem Triumph-Marsch von Giuseppe Verdi und sie wuchs unaufhörlich im Laufe des eineinhalbstündigen Programms aus Klassik, Unterhaltungs- und Filmmusik weiter. Nach den strahlend-stolzen Blechbläser-Fanfaren präsentierten alle Instrumenten-Gruppen ihre Vorzüge in einem Symphonie-Satz von Josef Haydn.

Eine Muse muss Rafael Hummel geküsst haben

Bei den Holzbläsern fiel ihre Präzision und Einfühlsamkeit auf, die Pauken gingen wachsam und exakt vor und die Streicher punktierten (wie auch später im "Impromptu für Streicher" von Jean Sibelius) durch Geschlossenheit ihres gepflegten und facettenreichen Klangbilds.

Während die Akademische Festouvertüre von Johannes Brahms eine mit symphonischem Glanz bedeckte Erhabenheit in variabler Lautstärke aufwies, blühte das Orchester im swingenden "James Bond"-Medley und in "Go West" auf eine andere, freudige und beinahe ungebremste Weise auf. Die durch hohe Tempi befreite Energie lenkte Hummel ausgelassen und wirksam in den Musikfluss und ließ keinen Zweifel aufkommen, dass auch durch seine Motivation die gesamte Mannschaft den Gipfel ihrer Möglichkeiten gerade ansteuerte. Diesen Endruck bestätigte die fulminante Aufführung des "Bugler´s Holiday" mit acht Trompeten und drei Posaunen in den Hauptrollen.

Zu den Höhepunkten des Konzerts gehörte die Uraufführung des Songs "What they told me" aus der Feder Rafael Hummels. Der Jurist, Humorist und Bratschist folgt in seiner Freizeit der musikalischen Familientradition und sein neuestes Werk (es wird demnächst auf eine CD aufgenommen) führte zum ersten Mal das Orchester und das herausragende Schüler-Quartett "Ambitussen" mit Aileen und Mira Hofmann, Alissia Przybysz und Lina Hufschmidt auf.

Eine Muse muss den Komponisten und auch die jungen Damen geküsst haben, da sowohl Musik als auch die klaren und sauberen Gesangsstimmen einen großartigen Eindruck machten und die schwungvolle, gut instrumentierte Nummer zweimal für Furore sorgte. Wirklich schade, dass nach dem Abitur die Wege der Sängerinnen, zumindest zeitweilig, auseinandergehen.

Tosender Applaus für Emilie Caupin

In diesem Jahr verlassen insgesamt sieben Abiturienten das Kammerorchester, sie wurden von dem OHG-Direktor Walter Kinkelin herzlich verabschiedet.

Dann trat die blutjunge Sopranistin Emilie Caupin vors Orchester und sie entzückte die Zuhörer mit einer Arie aus "Figaros Hochzeit" von Wolfgang Amadeus Mozart. Wie ein Abbild der in Abendrobe gekleideten Bescheidenheit, beklagte Emilie Caupin mit heranreifender Bruststimme authentisch und ergreifend die Liebesqualen des Cherubino. Der tosende Applaus nachher brachte sie in sichtliche Verlegenheit.

In stehenden Ovationen des Publikums, zwei Zugaben und dem gemeinsam gesungenen "Der Mond ist aufgegangen" spiegelte sich ein Gefühl von unschätzbarem Wert wider: die tiefe Verbundenheit zwischen dem Nagolder Publikum und "seinem" Super-Orchester.