Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Offizieller Startschuss für die 85 Millionen Euro teure Erweiterung des Nagolder Krankenhauses / Bauzeit vier Jahre

Lange hat man am Zukunftskonzept für die Kliniken gearbeitet. Seit Dienstag wird es in die Tat umgesetzt. In Nagold fiel der Startschuss für die 85 Millionen Euro teure Sanierung und Erweiterung des Nagolder Krankenhauses.

Nagold. Calws Landrat Helmut Riegger konnte seine Freude über den Start der Umsetzung des kreisweiten Medizinkonzepts nicht verbergen. "Das ist ein ganz ganz wichtiger Tag für uns, ein toller Tag für den Kreis Calw", sagte der Kreischef am Dienstag beim Baggerbiss für den neuen Bettenbau, der die Reihe der Um- und Neubauten am Nagolder Klinikum einläutet. "Auf diesen Tag habe ich jahrelang gewartet." Besonders betonte Riegger, dass man nach langem und heftigem Ringen um das Konzept nun zur Tat schreitet. "Wir haben über das Konzept entschieden und wir machen das auch", sagte Riegger. "Wir halten, was wir versprochen haben. Politik muss verlässlich sein."

Am Ende der etwa vier Jahre dauernden Arbeiten werde Nagold ein sehr modernes Krankenhaus mit durchgängiger Zwei-Bett-Zimmer-Struktur und zahlreichen neuen Angeboten mit höchster Qualität und modernster Technik haben. Das intensive Engagement des Landkreises für seine Krankenhäuser ist für Riegger zwingend nötig: "Wir dürfen uns im ländlichen Raum nicht abhängen lassen", machte er vor zahlreichen Vertretern aus dem Kreistag und des Klinikverbunds Südwest klar.

In die Erweiterung der Nagolder Klinik fließen insgesamt 85 Millionen Euro, in den geplanten Neubau des Krankenhauses Calw 70 Millionen Euro. Beide Vorhaben werden mit Zuschüssen des Landes gefördert. Im Fall von Calw kommen noch einmal Investitionen in Höhe von 25 Millionen Euro hinzu, die von den Partnern des dort geplanten Gesundheitscampus aufgebracht werden.

Wie Jörg Noetzel, Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest erläuterte, wird im Rahmen des Medizinkonzepts künftig die Neurologische Klinik inklusive Stroke Unit am Standort Nagold angesiedelt sein. Das breite internistische Spektrum mit den Schwerpunkten Kardiologie und Gastroenterologie mit onkologischer Tagesklinik sowie die Allgemein- und Viszeralchirurgie, die Urologie und die Radiologie mit Nuklearmedizin sowie das Medizinische Versorgungszentrum bleiben in Nagold erhalten.

"Bereits Anfang 2019 werden wir einen zweiten Computertomographen an den Kliniken Nagold in Betrieb nehmen, um die Kapazitäten in der bildgebenden Diagnostik zu erweitern. Und für die Kardiologie steht parallel ein zweiter Linksherzkatheter-Messplatz an", kündigte Noetzel an.

Noetzel warb gleichzeitig bei den Patienten um Verständnis in der Sanierungsphase. "Baumaßnahmen im laufenden Klinikbetrieb bringen auch bei umsichtigster Logistik immer gewisse Unwägbarkeiten, wie kleinere Umwege im Haus, mit sich. Unabhängig davon werden die anstehenden Arbeiten aber keinerlei Auswirkungen auf die medizinische Versorgung und Leistungsfähigkeit der Kliniken Nagold haben", so der Geschäftsführer des Klinikverbunds.

Großmann: Mit der Umsetzung des Konzepts beginnt in der Region eine neue Zeitrechnung

Um dies zu gewährleisten, hat man die Maßnahmen in drei Bauabschnitte aufgeteilt. Im ersten Bauabschnitt werden ein neues Bettenhaus und ein neues Dialysezentrum gebaut sowie die Intensivstation erweitert. Es folgt der Bau des neuen medizinischen Versorgungszentrums, die Erweiterung der zentralen Notaufnahme und die Modernisierung der Operationssäle. Parallel zu den Arbeiten dieser Bauabschnitte beginnt die Neugestaltung der bestehenden Patientenzimmer und deren Umstellung auf eine zeitgemäße Zwei-Bett-Struktur sowie die Erneuerung der Fensterfassade und der Haustechnik. Diese Maßnahmen werden gemeinsam mit der Neuordnung der Patientenaufnahme im dritten Bauabschnitt abgeschlossen.

Nagolds Stadtoberhaupt Jürgen Großmann sprach am Dienstag von einem "Tag der neuen Perspektiven". Mit dem Startschuss für die Umsetzung des Medizinkonzeptes habe für die Region eine neue Zeitrechnung begonnen. Die Bürger rief Großmann derweil dazu auf, das hervorragende und hochmoderne Angebot auch zu nutzen.

Hubert Mörk, der ärztliche Direktor der Kliniken Calw-Nagold, begrüßte das Festhalten des Landkreises an den beiden Standorten. "Nur ein Standort würde den Bedürfnissen eines Flächenlandkreises nicht gerecht‹, so Mörk, der darauf einstimmte, dass die Bauarbeiten nicht nur positive Seiten hätten. So werde es zeitweise nicht möglich sein, die volle Bettenkapazität zu nutzen, was zu wirtschaftlichen Einbußen beim Krankenhausbetrieb führen werde. Insgesamt sei die Maßnahme zwar teuer, aber "dringend nötig", sagte Hubert Mörk. "Denn sie macht uns fit für die Zukunft."

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken unterstrich bei dem Termin in Nagold ebenfalls die Bedeutung des Tages für den Kreis und lobte die Pläne für die Neuausrichtung beider Kliniken als ein "sehr gutes, vom Konsens getragenes Konzept".

Mehr als zehn Jahre lang hat man im Kreis Calw um ein tragfähiges Konzept für die Zukunft der Kreiskrankenhäuser in Calw und Nagold gerungen. Gutachten wurden erstellt, neue Konzepte entwickelt, Pläne geändert, Bürger beteiligt, vor allem im Raum Calw hitzige Debatten geführt. Viel Zeit ging ins Land. Zeit, in der die Millionenverluste der Kliniken blieben. Eine Zeit der Verunsicherung für Bedienstete, die nicht wussten, wohin die Reise geht. Und Zeit, in der sich die Klinikwelt weiterentwickelte und die Konkurrenz nicht geschlafen hat, während die Zeit auch an der Gebäudesubstanz nicht spurlos vorübergegangen ist. Deshalb ist es jetzt höchste Zeit, dass den vielen Worten endlich Taten folgen. Es ist zu wünschen, dass nicht zu viel Zeit ins Land gegangen ist und die gut 180 Millionen Euro teuren Taten ihren Zweck erfüllen: die Krankenhaus-Standorte auf lange Sicht zu sichern.