Positionen: Grüne fordern Bürgerversammlung / CDU: nicht reflexartig ablehnen / SPD: berechtigte Zweifel

Nagold. Wie stehen eigentlich die Fraktionen und Parteien im Nagolder Stadtrat zu dem geplanten Absetzgelände?

Ulrich Hamann von den Freien Wähler als größte Fraktion im Stadtrat hat diese Frage in seiner Haushaltsrede mit einer Gegenfrage beantwortet: "Wollen wir eine gut ausgebildete Eliteeinheit, die im Zweifel für unsere Sicherheit die Kohlen aus dem Feuer holt? Wenn wir das wollen, dann können wir nicht konsequent das St. Florians-Prinzip anwenden." Gegen eine offene Debattenkultur sei zwar nichts einzuwenden, "nur sie sollte auf Fakten und nicht auf Spekulationen beruhen", betonte Hamann. Und wörtlich: "Tief fliegende Euro-Fighter zum Beispiel haben mit dem Thema nichts zu tun." Und zu eventuellen Kompensationsgeschäften fügte er hinzu: "Ein offener Umgang mit dem Thema Infrastrukturhilfe ist sicher auch besser als Hinterzimmerpolitik, die wir alle nicht mögen."

Ähnlich argumentiert die CDU. Deren Fraktionschef Wolfgang Schäfer sieht "keine Veranlassung, dieses Vorhaben reflexartig abzulehnen", wie dies die Kritiker mit aus seiner Sicht "aus der Luft gegriffenen Argumenten" tun würden. Zudem, so argumentiert Schäfer, sei Nagold jahrzehntelang Standort einer Fallschirmjägerkaserne mit zwei Bataillonen gewesen. Er erinnert sich noch gut an die Absetzübungen in und um Nagold, die damit verbundenen Belästigungen seien aber "überschaubar" gewesen. Auch am bisherigen Übungsstandort der KSK-Soldaten in Renningen – im wesentlich dichter besiedelten Landkreis Böblingen liegend – seien "keine Stimmen bekannt geworden, aus denen sich eine hörbare Beeinträchtigung der Lebensqualität ableiten ließe." Die CDU-Fraktion hält sich aber, sobald das Lärmgutachten vorliegt, eine abschließende Bewertung der zu erwartenden Beeinträchtigungen vor. Sollten die zulässigen Grenzwerte nicht eingehalten werden, werde die CDU den Militärflugplatz nicht abnicken. Schäfer: "Dann darf das Absetzgelände nicht realisiert werden."

Die SPD in Person ihres Fraktionsvorsitzenden Daniel Steinrode sieht indes "berechtigte Zweifel an der Umsetzbarkeit" dieses Militärgeländes. Die Flugkorridore von Transportmaschinen und Hubschraubern, veröffentlicht auf dem Beteiligungsportal des Landes, würden alle Stadtteile betreffen, inklusive Lemberg und Krankenhaus. Steinrode postulierte in seiner Haushaltsrede: "Das können wir doch nicht ernsthaft wollen" – egal, welche Geldzahlungen vom Land versprochen worden seien. Vom OB forderte er stattdessen "endlich eine seriöse Strategie", wie Nagold seine wichtigen Zukunftsinvestitionen "unter Nutzung der üblichen Fördermittel" stemmen könne.

Genauso argumentiert Grünen-Stadträtin Brigitte Loyal: Investitionen vor allem in Nagolds Schullandschaft dürften "nicht von möglichen Kompensationsgeschäften des Landes für das Absetzgelände abhängig gemacht werden." Bereits in ihrer Haushaltsrede forderte Loyal deswegen eine Bürgerversammlung noch im Januar in der Stadthalle, bei der die Stadtverwaltung über alle ihr bekannten Fakten informieren sollte. "Ansonsten", so die Städträtin, "wird weiterhin Legendenbildung in Hinter- und Nebenzimmern stattfinden und das Vertrauen der Bürger in Verwaltung und Stadtrat sich im Sinkflug befinden."

FDP-Stadtrat Jürgen Gutekunst erklärte auf Anfrage, dass die FDP im Gemeinderat bewusst noch keine öffentliche Stellungnahme abgegeben habe, da noch nicht alle Fakten zum Absetzgelände auf dem Tisch liegen würden. Gutekunst: "Für uns ist wichtig, wie das Lärmgutachten und ein Umweltbericht ausfallen. Klar ist für uns, dass das Absetzgelände nicht zum Nachtteil der Bevölkerung der Region und unser Stadt entstehen kann."

Leider sei man indes nicht Herr des Verfahrens und könne daher zum jetzigen Zeitpunkt weder das Verfahren stoppen noch beschleunigen oder gar beeinflussen. Gutekunst: "Grundsätzlich stehen wir zur KSK und der Bundeswehr in unserem Landkreis. Es ist uns wichtig, dass die Angehörigen und ihre Familien in unserem Landkreis bleiben können."

Günther Schöttle (AfD) hatte gegenüber unserer Zeitung die Position seiner Partei in dieser Frage so dargestellt: "Die AfD Calw-Freudenstadt befürwortet uneingeschränkt notwendige Übungsmöglichkeiten für unsere Soldaten. Nicht akzeptabel ist das Vorgehen der Landesregierung, unter Angabe falscher Tatsachen die Bevölkerung in und um Haiterbach hinters Licht zu führen." In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten Klaus Dürr (Sulz am Eck) habe die Landesregierung eingeräumt, dass ein Militärflugplatz anstelle des "von der Bevölkerung wohl akzeptierten Absetzplatzes" geplant sei. Die Entscheidung, ob dieser Militärflugplatz kommt oder nicht, fordert die AfD, dürfe "ausschließlich zum Wohl der betroffenen Bürger" gefällt werden.