Ines Martinez versprühte mit ihren "Dos Amigos" Jogi Nestel (links) und Michael Nessmann (rechts) lateinamerikanisches Flair. Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder Bote

Bistroabend: Ines Martinez y dos amigos mit Liedern, Rhythmen und Geschichten in der Seminarturnhalle

Ein bisschen Urlaubsstimmung verbreitete Ines Martinez am Freitagabend zu Ferienbeginn in Nagold. "Cuba nova – bossa libre" hieß ein karibisch-brasilianisches Programm, mit dem die vielseitige Sängerin und ihre "Dos Amigos" Michael Nessmann an der Gitarre und Jazz-Schlagzeuger Jogi Nestel das Publikum begeisterte.

Nagold. Das karibische Flair und die komödiantische Note machten die Stimmung. Es war aber auch ein bisschen Heimspiel für das jazzige Trio, weil man den versierten Gitarristen Michael Nessmann als Lehrer an der Nagolder Musikschule kannte. Nützlich war, wenn man wenigstens ein paar Brocken Spanisch verstand, auch wenn sich so vieles durch das Temperament und die Ausstrahlung von Ines Martinez erschließen ließ.

Der brasilianische Welthit "Mas que nada" von Jorge Ben Jor machte den Opener, was eher "Was soll’s?" als "Mehr als nichts" bedeutet. Dann gab sich Ines Martinez mit "Wasserski an der Küste von Miami" gleich ihrem Hang zu selbstironischer Blödelei und kalauernden Reimen hin. Trotz dem Schlagerton hier, waren ihre Freunde immer in ausgesucht jazziger Manier dabei. Michael Nessmann zupfte seine schlichte akustische Gitarre mit virtuosem Fingerpicking. Und Jogi Nestel ging meist mit feinem Besen statt mit Sticks an seinem Schlagzeug zu Werke.

"Sabor a mí" ("Glaub an mich") hieß ein brasilianische Bolero-Klassiker, "Sò danço samba" der Bossa-nova-Welthit, deren Bedeutung Ines Martinez – eigentlich eine Schwäbin durch und durch – nur mit ihrer facettenreich wandelbaren Stimme und durch den Rhythmus ihrer Bewegungen ungemein authentisch rüberbringen konnte.

Favelas in direkter Nachbarschaft zum Luxus von Ipanema

Der "Corcovado", in temperamentvoller Instrumentation besungen, ist nicht nur Rio de Janeiros Hausberg mit der Christusstatue. An ihm, so erzählte Ines Martinez, wächst auch das Elendsquartier der Favela Rocinha mit seiner Drogenkriminalität herauf, in direkter Nachbarschaft zum Luxus von Ipanema, wo auch gekokst wird.

Dann ließ die Sängerin witzige und selbstironische Latino-Songs über Kuba wie "Das Huhn von Dolores" oder das stundenlange Warten aufs Essen mit vielen Cuba libres bei einer Familie in Havanna folgen.

Nicht ganz so lustig gerieten die begleitenden Geschichten. Das war ein bisschen viel billiges Kuba-Bashing, ziemlich respektlos auf Kosten der Menschen dort. Vielleicht war der herablassende Hohn über fehlenden Hotel-Komfort als Rollenprosa einer verwöhnten Luxus-Schnepfe gedacht, er wirkte aber ganz ernst gemeint und schon etwas schäbig. Herrlich selbstironisch über quirligen Rhythmen von Samba und Salso hingegen die frechen Stücke zu einem Zickenkrieg, über das dramatische Ausdrücken eines Pickels oder die beschwipste Suche nach der Erdnuss am Schluss. Michael Nessmann und Jogi Nestel steuerten eine Reihe von exquisiten Instrumentalsoli bei und auch, auf eigene Kosten, zwei böse Witze über Drummer und Jazzgitarristen. Bei "El Cuarto de Tula" kam die karibische Stimmung zum Höhepunkt, auch wenn sich nur ein paar wenige Besucherinnen zum Tanzen animieren ließen. Und auch hier wieder ein kleiner Missgriff: Über die Zahnlosigkeit der alten Herren des legendären "Buena Vista Social Club" macht man, macht frau keine schalen Witze.

Der guten Stimmung und dem Applaus tat das aber kaum Abbruch.