Kandidaten und weitere Interessierte verfolgten gestern die Auszählung zum Gemeinderat im Rathaus-Foyer. Foto: Hofmann

FWV hat nur noch sieben Sitze. Grüne und FDP schaffen Fraktionsstärke. Jüngster Rat ist Marco Ackermann (SPD). Mit Kommentar.

Nagold - Es sind die etablierten Räte, die auch in Zukunft in Nagolds Gemeinderat sitzen werden. Nur zwei Neulinge und ein Rückkehrer ziehen ins Gremium ein. Doch die politischen Kräfteverhältnisse haben sich durchaus verändert.

Heiße Themen, deftige Streitereien, hitzige Debatten – all das suchte man beim Wahlkampf in Nagold vergebens. Stattdessen arbeitete der Nagolder Stadtrat hart an seinem Ruf, ein sachorientiertes und harmonisches Gremium zu sein. Da passt es auch ins Bild, wie sich gestern morgen Kandidaten und Anhänger verschiedener politischer Listen im Rathaus-Foyer treffen. Auf der Leinwand vor ihnen: die sich permanent leicht verändernden Zwischenstände der Auszählung. Respekt wird da geäußert für den politischen Gegner, ein Schulterklopfen hier, ein herzlicher Handschlag da. Man kennt sich, man respektiert sich, man schätzt sich. Und so wird es wohl auch in Zukunft sein. Einstimmigkeit ist in Nagolds Gemeinderat die Regel. Widerspruch eher die Ausnahme.

Ob daran die drei neuen Stadträte etwas ändern werden? Wohl eher nicht. Neuling Nummer eins, Thomas Ebinger von den Grünen, saß bekanntlich früher bereits im Nagolder Gemeinderat – ist also irgendwie auch schon ein zumindest älterer Hase. Die beiden anderen Neuen sind in den Reihen der SPD zu finden: Der Hochdorfer Architekt Wolfgang Schleehauf, und Marco Ackermann aus Vollmaringen. Letzterem ist die Gemeinderatsarbeit auch nicht ganz fremd: Ackermann ist mit seinen 20 Jahren stellvertretender Vorsitzender des Nagolder Jugendgemeinderats, und als solcher nimmt er bereits heute immer wieder an den Sitzungen des Gemeinderats teil.

Die Verteilung der neuen Köpfe macht schon deutlich: Die SPD sorgt als einzige Partei für frisches Blut im Gemeinderat. Ihr ist es tatsächlich gelungen mit 20,5 Prozent das Ergebnis zu halten (20,4 Prozent waren es 2009) – und das bei zwei ausscheidenden Räten (Wolfgang Sindlinger und Ulrich Hartmann). Damit bleibt die SPD bei fünf Sitzen. Besonders stark ist das Ergebnis von Vollmaringens Ortsvorsteher Daniel Steinrode mit 4763 Stimmen. Außerdem mit in der Fraktion: Gert Streib (2915) und Rainer Schmid (2534). Wolfgang Schleehauf bekam 2002 Stimmen, Marco Ackermann 1866.

Politisch stärkste Kraft im Gemeinderat ist aber nach dem fünfjährigen Intermezzo der FWV nun wieder die CDU. Knapp steigerte die Union ihr Ergebnis von 28,5 auf 29,2 Prozent. Doch das reichte, um die Freie Wählervereinigung mit 28,7 Prozent auf Platz zwei zu verweisen. Und der knappe Vorsprung wirkt sich sogar auf die Sitzverteilung aus. Die CDU stellt weiter acht Räte im Gremium, die FWV nur noch sieben. Monika Wehrstein ist die Stimmenkönigin der Union mit 4788 Stimmen. Es folgen Fraktionschef Wolfgang Schäfer (3868) und nur zehn Stimmen dahinter Thomas Baitinger. Die weiteren CDU-Räte: Helmut Raaf (3744), Ulrich Kallfass (3537), Kurt Brei (3421), Walter Haizmann (2906) und Klaus Drissner (2654).

Den Stimmenkönig stellt aber weiter und unangefochten die FWV: Eberhard Haizmann schaffte das Kunststück 7323 Stimmen auf sich zu vereinen. Mehr als 2000 Stimmen liegt er damit vor dem nächsten Ratskollegen. Mit 4780 Stimmen lieferte auch Siegrid Plaschke ein Top-Ergebnis. Weitere FWV-Stadträte sind Rudolf Bachmann (3459), Helmut Blaich (3131), Hans Stollsteimer (3117), Michael Stikel (2970) und Ulrich Hamann (2559).

Der deutlichste Wahlgewinner aber sind die Grünen: Sie steigerten sich von 8,5 auf 11,2 Prozent – und ergatterten so den begehrten dritten Sitz – das bedeutet Fraktionsstatus. Brigitte Loyal (1908), Thomas Ebinger (1895) und Bernd Gorenflo (1812) ziehen für die Grünen in den neuen Gemeinderat ein.

Äußerst zufrieden dürfte auch die FDP in Nagold mit ihrem Abschneiden sein. Man trotzte dem bundesweiten Trend. Zur Erinnerung: Bei der Europawahl diesen Sonntag ging es mit der FDP im Landkreis Calw steil bergab – von 15,6 auf 5 Prozent. Die liberalen Köpfe im Nagolder Stadtrat verloren dagegen nur zweieinhalb Prozentpunkte. Noch wichtiger für sie aber: Mit 10,6 Prozent stellt man noch immer drei Räte. Mit Ulrich Mansfeld und seinen 5036 Stimmen ziehen außerdem wieder Bärbel Reichert-Fehrenbach (2407) und Jürgen Gutekunst (1927) in das Gremium ein.

Kommentar: Makel bleibt

Heiko Hofmann

Nagold hat gewählt und setzt ganz auf Kontinuität. Zwei von 26 Stadträte sind neu im Gremium. Hinzu kommt mit dem Grünen Thomas Ebinger ein Rückkehrer. Das war’s. Mal ehrlich: Der große Umbruch sieht anders aus. Den freilich wollten die Parteien im Gremium auch gar nicht einleiten. Nur drei amtierende Räte traten nicht mehr zur Wahl an.

Das schmälerte die Chance auf neue Gesichter im Stadtparlament natürlich beträchtlich. Zum Teil muss man das Ergebnis aber auch als Zufriedenheit werten. Niemand musste abgestraft werden. Und: Nach der Landesgartenschau hat in der Stadtpolitik der Schuldenabbau oberste Priorität. Ein bewährtes Gremium ist da sicher nicht die schlechteste Wahl. Der kaum veränderte Nagolder Gemeinderat erbt allerdings auch die alten Probleme. Makel Nummer eins: Nur vier Stadträte sind Frauen. Eigentlich eine Schande.