Die meisten Verhandlungen beim Amtsgericht in Nagold sind öffentlich. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder Bote

19-Jährigen wird letzte Chance eingeräumt. Richter verhängt Angeklagtem gemeinnützige Arbeit.

Nagold - Er hat am Zentralen Busbahnhof (ZOB) in Calw eine brennende Zigarette in den Abfalleimer geworfen, der daraufhin Feuer fing. Das hat der 19-Jährige im fünften Stock der Psychiatrie in Hirsau wiederholt. Nun stand er vor Gericht in Nagold.

"Warum haben Sie das gemacht. Wissen Sie, was hätte passieren können?" Ihm sei langweilig gewesen, beantwortete der Angeklagte die Fragen von Richter Martin Link mit leiser Stimme. Wegen Sachbeschädigung verurteilte ihn das Amtsgericht Nagold zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit und sprach eine Verwarnung aus.

Zur Verhandlung erschienen Holger Frietsch von der Jugendhilfe für Strafverfahren und ein Betreuer der Wohngruppe. Der wahre Grund für das unüberlegte und nicht ganz ungefährliche Verhalten war für ihn nicht Langeweile, sondern die Wut auf die eigene Mutter und einen der Brüder. Der Betreuer berichtete von einem weiteren fragwürdigen Erlebnis.

Weiterer Verbleib in der Wohngruppe ist nicht sicher

Einmal habe der 19-Jährige mitten in Nagold den sterbenden Schwan gespielt. Eine herbeigeeilte Frau habe ihm einen Zehn-Euro-Schein zugesteckt, damit er mit dem Taxi ins Krankenhaus fahren könne. Statt ihren Rat zu befolgen, habe er das Geld für Süßigkeiten ausgegeben. Ob er noch länger in der Wohngruppe bleiben könne, sei sich die Leitung unschlüssig. Man versuche alles, um dem 19-Jährigen zu helfen, was nicht einfach sei. Der Angeklagte halte sich nicht immer an vereinbarte Uhrzeiten, versäume Termine und hänge lieber mit Freunden rum.

Von problematischen Familienverhältnissen und Lebensumständen berichtete auch der Jugendhelfer. Alle neun Kinder - sieben eheliche und zwei uneheliche - habe man in staatliche Obhut nehmen müssen. Ab September würde der Beschuldigte - im Strafregister stehen zwei Eintragungen wegen Körperverletzung und Nötigung - in einer berufsorientierten Einrichtung arbeiten. Wegen seiner geistigen Reife schlug Frietsch vor, den 19-Jährigen nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen. Staatsanwältin Emine Gul-Gedik forderte in ihrem Antrag, eine Verwarnung auszusprechen und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit anzuordnen. Richter Link beließ es bei 40 Stunden, die bis zum 30. November 2019 abzuleisten seien. Und schickte eine Warnung hinterher. "Wenn Sie das nicht machen oder mittendrin abhauen, gibt’s Arrest."