Bis auf den letzten Platz besetzt war die Stadthalle Nagold beim Gastspiel der Philharmonie Baden-Baden. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Klassik: Enormer Publikumszuspruch für das Sinfoniekonzert mit der Philharmonie Baden-Baden in der Stadthalle Nagold

Das traditionelle Sinfoniekonzert am Anfang des Jahres zieht üblicherweise ganze Besucherscharen in die Nagolder Stadthalle an. Bei dem jüngsten Gastspiel der Philharmonie Baden-Baden übertraf der Publikumszuspruch aber bei weitem die Erwartungen.

Nagold. Alle Sitzreihen wurden vollständig besetzt und das Büffet des Förderkreises Nagolder Kirchenmusik erlebte in der Pause eine echte Belagerung. Vor dem Konzertbeginn hörte ein zahlreiches Auditorium den Erläuterungen und Musikbeispielen des Stadtmusikdirektors Florian Hummel im Musiksaal des OHG zu.

In der "Ouvertüre für Harmoniemusik" für Holz,- Blechbläser und Perkussionsinstrumente griff Felix Mendelssohn-Bartholdy die Tradition der Freilicht- und Tafelmusik aus dem späten 18. Jahrhundert auf. Sanfte Lyrik und ausgewogene Fermaten bestrahlten den ersten Teil des Werkes, dem hingegen bestimmte eine militärisch wirkende rhythmische Strenge sowie Variabilität der Dynamik das kammermusikalische Klangbild, in dem sich die fragilen Einsätze der Holzbläser deutlich abzeichneten.

Der Konzertmeister der Philharmoniker Yasushi Ideue und die erste Bratscherin Ana Isabel Zambrano brillierten als Solisten in der Sinfonia concertante Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart mit einheitlichem Spiel, Klangvielfalt und interpretatorischer Tiefsinnigkeit. Weil das Orchester unter der Hand vom Gastdirigenten Andreas Weiss die Wirkung der Kontraste von hauchdünnem piano bis zum opulenten forte optimal verteilte, blieben die beiden Solostreicher stets auf der Oberfläche des musikalischen Geschehens und lebten ihre Emotionen auf ihre individuelle Art und bar jedes Schnickschnacks aus. Die facettenreiche, geradlinige wie einfühlsame Klanggestaltung der Viola korrespondierte mit zierlicher Violine-Eleganz besonders eindrucksvoll in den von Mozart ausgeschriebenen Kadenzen, die sich in das interpretatorische Konzept des Dirigenten nahtlos einfügten.

Seitdem der schwarze Vorhang aus der Stadthalle verbannt wurde, verbesserte sich die Akustik bedeutend und sowohl die Musiker auch als Zuhörer waren beeindruckt vom positiven Wandel.

Sorglose Heiterkeit in Beethovens Sinfonie Nr. 8 F-Dur

Somit leuchteten in der von sorgloser Heiterkeit bezeichneten Sinfonie Nr. 8 F-Dur die Geistesblitze von Ludwig van Beethoven deutlich auf, die Instrumentalisten kosteten mit graziler Vornehmlichkeit den jeweiligen Musikcharakter aus, jonglierten mit dem blendenden Oktav-Motiv oder schoben rustikale Betonungen dazwischen ein, sodass auch im dichten Klanggewebe alle Fäden des Musikverlaufs erkennbar blieben. Beeindruckend präzise, entweder mit Ganzkörperbewegungen oder mit kleinsten Gesten steuerte der Dirigent Weiss den immer wiederkehrenden Schlagabtausch zwischen Streichern und Bläser und justierte die dynamische Balance sowie die Motorik der Musik.

Bis zum Schluss behielt das Orchester sein hohes Niveau und im finalen Satz imponierten die Musiker mit einer fast spektakulären Dynamikbreite, in der sich das anfängliche leise Summen allmählich in einen temperamentvollen Ausbruch der Gefühle verwandelte.

Obwohl das begeisterte Publikum den Dirigenten mehrmals auf die Bühne zurückapplaudierte, spielte die Philharmonie Baden-Baden keine Zugabe. Diese kleine Enttäuschung tat aber dem Motto "Nagold liebt das Konzert" keinen Abbruch. Im Gegenteil: Der Abend zeigte, dass auch ohne da Capo ein gutes Konzert einen hohen Stellenwert in Nagold genießt.