Abdelkarim bei seinem Auftritt in der Nagolder Seminarturnhalle. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder Bote

Kleinkunst: Abdelkarim begeistert als "Staatsfreund Nr. 1" sein Publikum in der Alten Seminarturnhalle

Von Sabine Stadler

Komiker, Kabarettist und Fernsehmoderator Abdelkarim gastierte bereits zum zweiten Mal in Nagold. Mit seinem aktuellen Programm verarbeitet der Hüne in der schwarzen Lederjacke seinen Alltag, der sich in seiner Unberechenbarkeit wie ein roter Faden durch den Abend zieht. Die Gäste in der ausverkauften Seminarturnhalle waren begeistert.

Nagold. Gemeinsames Lachen tut gut und erweitert den Horizont. Man erfährt etwas über Parallelwelten, negatives Kulturgut, Terrorexperten und darüber, dass Schattenmorellen keine Fische sind, die sich hinter Haien verstecken. Aber auch über türkische Pizza, marokkanischen Saumagen, den es gar nicht geben kann und einen neuen Trend, der panierten Panade, bei der man vergeblich nach Garnelen sucht, erzählte der Hüne im Schlabberlook locker und selbstironisch, ebenso wie über seinen arbeitslosen Freund Ali, der Experte darin sei, den Kilometerstand beim Golf III auf Null zu stellen.

Abdelkarim, der 36-jährige Marokkaner, frisch aus der Bielefelder Bronx, aber mittlerweile in Duisburg lebend und bekannt durch die eigene Fernsehsendung "StandUpMigranten" überspitzte in seinem zweiten Soloprogramm Lustiges und internationale Geschichten, auch solche aus dem eigenen Leben und das nicht zu knapp.

Sein Weg von Duisburg nach Nagold hatte ihn auf Irrwegen mit der Bahn zunächst in die falsche Richtung nahe Ludwigsburg geführt, bevor er auf Gleis 101 am Herrenberger Bahnhof ankam, um rechtzeitig auf der Bühne der Semihalle zu stehen.

Zum Aufwärmen musste die sogenannte Mitmachreihe direkt vor der Bühne dran glauben. Es traf dabei auch einen türkischen Araber sowie den bärtigen Wilhelm, der in seinen Namen noch reinwachsen muss. Die Jüngste unter den Gästen, die 15-jährige Jasmin, wurde stellvertretend für alle unter 18 zur Jugendbeauftragten ernannt. Abdelkarims Neugier bezüglich der Herkunft seiner Gäste war groß, schließlich sei es cool zu wissen, woher die Leute kommen.

Der Comedian bezeichnete sich selbst als sogenannten Nafri, also ein nordafrikanisches Migratenkind, das man auch als Araber ohne Erdöl bezeichnen könnte. Abdelkarim ist der Meinung, dass alle Menschen als Muslime geboren werden, manche sich aber für einen anderen Weg entscheiden. Und ja, über sie und den Islam darf man Witze machen, allerdings auf die Gefahr hin, die Pointe nicht mehr zu erleben. Seine Witze entladen sich wie von selbst, wenn er seinen Alltag zwischen frühem oder spätem Aufstehen und Bahnfahrten am Morgen mit Kindheitserinnerungen vermengt, dabei mit Vorurteilen spielt und das Alltägliche ins Lächerliche zieht. Dabei hat er die Lacher voll auf seiner Seite, auch bei den Erzählungen aus seinem Leben als Parallelweltler.

Er bezeichnete sich selber als Zugfan, auch wenn die Bahn ausfällt. Sicher ist er sich, dass sie durchaus hätte kommen können. Außerdem sind für ihn Menschen mit dunkler Hautfarbe als Schwarze oder Dunkelhäutige zu bezeichnen und nicht als Farbige, schließlich seien es keine Schlümpfe.

Während seinen Bahnfahrten erlebt er Jugendliche, die bereits früh um 7 Uhr top gestylt und mit dem Handy bewaffnet, sich mit ihren Schulkameraden über Mitreisende per Whatsapp mokieren, als eine weitere Form von Parallelwelt.

In Nagold lernte er ein neues Wort, den LKW kennen, der für Leber-Käs-Weckle steht und mit dem er bei seinem norddeutschen Publikum sicher keine Punkte sammeln kann.

Sein Programm wurde angereichert mit politischen Themen, wie Flüchtlinge, die aktuelle parteipolitische Landschaft in Deutschland, er spricht über Türken und dass es Deutschland gut geht. "Schließlich können sich über zwei Millionen Syrer nicht irren", kommentierte er das lächelnd.

Das Programm "Staatsfreund Nr. 1" bedeutete zwei Stunden beste Unterhaltung mit Migrationsvordergrund, nie unter der Gürtellinie und immer gut für gemeinsames Lachen und Spaß, insbesondere auf Kosten der ersten Zuschauerreihe.

Nach langanhaltendem Applaus begegnete Abdelkarim seinen Fans im Anschluss an die Show für gemeinsame Fotos und Autogramme – hautnah und ohne Allüren, trotz großem Erfolg auf Bühne und im Fernsehen sowie zahlreicher Auszeichnungen. Auf Nachfrage war zu erfahren, dass für ihn Live-Auftritte etwas Besonderes sind, da er die Nähe zum Publikum mag und deren Reaktionen, vor allem das herzhafte und gemeinsame Lachen, genießt.