Harald Scherzer vermisst mit dem Georadar den Untergrund des Burghofs. So könnte es vielleicht gelingen keltische Mauerreste sichtbar zu machen. Foto: Hofmann

Im Turniergarten der Burgruine Hohennagold gehen Archäologen per Georadar in die graue Vorzeit.

Nagold - Ob es nun das Strohlager unter dem schattigen Baum, der einsame Tisch einer Festzeltgarnitur oder auch Kohlereste von der Feuerstelle sind – wenige Tage nach dem Keltenfest gibt es auf der Burgruine Hohennagold noch einige neuzeitliche Spuren der Kelten zu entdecken. Rund um die Burg und im vorgelagerten mittelalterlichen Turniergarten hatten die Keltenclans ihre Lager aufgeschlagen – lebten und arbeiteten dort wie einst ihre historischen Vorfahren.

Der selbe Ort, gut 2500 Jahre früher: Der Turniergarten ist noch nicht so eben, wie man ihn heute kennt, auch die mittelalterliche Burg gibt es noch nicht. Dennoch: Damals befand sich der Schlossberg auch schon in Keltenhand. Unzählige Scherbenfunde zeugen davon. Wo heute die Burg steht, hatten wohl auch schon die keltischen Machthaber der Region ihre wehrhafte Burg stehen – ein so genannter Fürstensitz. Gut möglich, dass jener mächtige Keltenfürst, der später im Krautbühl am Nagoldufer bestattet wurde, von hier oben aus seinen Machtbereich kontrollierte. Funde untermauern diese These von der Keltenburg auf dem Schlossberg. Dazu gehören auch die Siedlungsfunde entlang der Wallanlage auf den Schlossbergterrassen. "Typisch keltisch", sagt der Archäologe Günther Wieland und verweist auf andere keltische Anlagen, die alle ähnlich aufgebaut sind: der Schlossberg in Neuenbürg, der Rudersberg in Calw – immer ist es das gleiche Muster: Auf der Spitze des Berges befindet sich die Oberburg, drumherum in einem zweiten Ring am Hangbereich sind die Siedlungen zu finden.

"Wir hoffen auf ein schönes Ergebnis"

"Die Kelten in Nagold sind seit über zehn Jahren gut präsent", freut sich Günther Wieland. Ausstellungen, Veröffentlichungen, der archäologische Wanderpfad, Fachvorträge, zahlreiche Grabungen und Untersuchungen, ja sogar das Keltenfest selbst – all das nahm mit der geophysikalischen Untersuchung des Grabhügels Krautbühl seinen Anfang. Der Nagolder Hans-Dieter Maiwald, einst Chef der hiesigen Sparkasse, brachte die Untersuchung damals ins Rollen. Das Thema hat ihn bis heute nicht losgelassen. So steht er neben dem Archäologen Wieland und seinem Nachfolger bei der Sparkasse, Frank Esslinger, im Vorhof der Hohennnagold. Die Suche nach keltischen Spuren geht weiter. Der gesamte Vorgarten wird diesmal untersucht.

Harald Scherzer und Martin Waldhör komplettieren die Männerrunde. Sie kommen von der Firma Terrana Geophysik. Und eben mit geophysikalischen Untersuchungen wollen sie dem Burg-Gelände weitere keltische Geheimnisse entlocken.

Einen Tag lang sind Scherzer und Waldhör mit ihrem Messgerät unterwegs – ein Georadar, der einem gelben Rasenmäher mit Bildschirm ähnelt. Für die Prospektion des Burgvorhofs entschied man sich für den Radar, der nach dem Echolot-Prinzip arbeitet. Spur um Spur fahren sie das Gelände ab. Alle drei Zentimeter sendet das Gerät einen Puls aus. 60 solcher Linien wird man insgesamt ziehen. Dann geht es an die Auswertung. So hofft man dem Boden seine Geheimnisse bis zu einer Tiefe von etwa fünf Metren entlocken zu können. Je nach Material, das einst zum Einebnen und Verfüllen des Turniergartens verwendet wurde, müsste das reichen, um in die ursprüngliche Oberschicht aus der Keltenzeit vorstoßen zu können. Gut eine Woche wird die Auswertung der Messungen dauern, dann erhoffen sich die Stadt Nagold und die Archäologische Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Karlsruhe neue Erkenntnisse zum keltischen Leben auf dem Schlossberg. Günther Wieland: "Wir hoffen auf ein schönes Ergebnis."

Natürlich ist der Untersuchungsort nicht zufällig gewählt worden. In den 30er- Jahren gab es bereits kleinere Sondierungsgrabungen im Turniergarten. Damals stießen die Ausgräber rund um Nagolds obersten Baubeamten Felix Schuster unter anderem auf keltische Scherben, aber auch auf die alte keltische Befestigungsanlage. Eben jenen Wall – die Rede ist in den alten Aufzeichnungen von einer Trockenmauer – hofft Wieland mit der Untersuchung zu finden. Doch wer weiß, was sonst noch für Erkenntnisse im Schlossberg-Untergrund lauern?

Klar ist auch: Ohne Geldmittel aus der Privatwirtschaft – in diesem Fall wieder einmal von der Sparkasse Pforzheim Calw – würde es die Untersuchung nicht geben. "Mit unseren Mitteln könnten wir das nicht verwirklichen", sagt Wieland ohne Umschweife. So ist die Keltenforschung in Nagold zu einem großen Teil auch dem finanziellen und ideellen Engagement Nagolder Bürger und Unternehmen zu verdanken.

Das bekannteste Grab ist der Krautbühl

So entsteht ein immer deutlicher werdendes Bild aus grauer Vorzeit: Nagold, zur Keltenzeit: Da war die Burg auf dem Schlossberg, die man sich freilich nicht wie die heutige mittelalterliche Stein-Burg vorstellen darf. Ihr zu Füßen, eine Terrasse darunter, gab es dorfähnliche Siedlungsplätze. Auch auf der Rötenhöhe, beim ehemaligen Aufbaugymnasium, am Nagolder Ziegelrain und im Bächlen gab es Siedlungen. Und dann wären da noch die Bestattungsplätze, nah bei den Siedlungen, doch etwas mehr im Tal. Das bekannteste Grab ist das älteste Nagolder Kulturdenkmal, der Krautbühl. Die Region um Nagold wurde vom Schlossberg aus regiert – wie weit der Machtbereich ging? Da kann man nur Vermutungen anstellen. Strategisch war der Ort jedenfalls wichtig, auch um die Handelswege in den Schwarzwald zu kontrollieren. Einige Keltenforscher sehen auch die Baisinger Keltengräber im Zusammenhang mit dem Herrschaftsbereich des Nagolder Keltenhäuptlings. Beweise allerdings fehlen – wie so oft in der Keltenforschung. Fortsetzung folgt.