OB Jürgen Großmann (links) überreichte Wolfgang Schäfer ein Hinweisschild zum Jubiläum des Fördervereins Alte Seminarturnhalle. Foto: Priestersbach

Nagolds Förderverein besteht seit 25 Jahren. Mit großem Einsatz in Kulturtempel verwandelt. Mit Kommentar

Nagold - Die Alte Seminarturnhalle in Nagold hat in den letzten 138 Jahren schon viel erlebt und erduldet, stand kurz vor dem Abriss – und doch wurde sie von Nagolder Bürgern seit 1994 mit großem Einsatz in einen Kulturtempel verwandelt, der seinesgleichen in der Region sucht.

Und das wurde am Sonntag unter dem Motto "25 Jahre Alte Seminarturnhalle – Die Kleinkunstbühne" gebührend gefeiert. "Ich bin überwältigt von der großen Anzahl von Mitgliedern und Ehrengästen, die unserer Einladung gefolgt sind", machte Wolfgang Schäfer deutlich, dass man noch eine zusätzliche Tischreihe benötigt hatte, damit alle Gäste Platz fanden.

Dann warf er als Vorsitzender des Fördervereins Alte Seminarturnhalle den Blick zurück – auf die Jahre 1881/82, als die Halle zusammen mit dem Lehrerseminar aus französischen Reparationszahlungen finanziert wurde. Später diente die Turnhalle zwar immer auch der Kunst und der Kultur in der Stadt, doch in den beiden Weltkriegen wurde sie ebenso als Lazarett genutzt.

Mit dem Bau der Stadthalle in den 50er-Jahren wurden irgendwie auch die schlimmsten Jahre für die zuvor einzige Halle in Nagold eingeläutet: 1960 wurde sie wegen Bauschäden gesperrt und 1968 an die Post als Lagerfläche verkauft. Die wollte die denkmalgeschützte Halle am liebsten abreißen und so gammelte sie lange vor sich hin – bis Monika Monauni im OB-Wahlkampf 1992 einen Förderkreis zum Erhalt der Halle ins Leben rief.

Mehr als 40 Gründungsmitglieder

Ein Schritt mit Folgen: Im April 1994 wurde der Förderverein Alte Seminarturnhalle in der Eisenbahn mit mehr als 40 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben – und dem Ziel, "ein Stück Nagolder Geschichte zu erhalten", wie Wolfgang Schäfer in Erinnerung rief.

200.000 Mark lautete die Kaufpreisforderung der Deutschen Post seinerzeit, doch mit Unterstützung des Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Fuchtel handelten Helmut Eckert und sein Team die Post noch im Gründungsjahr auf 25.000 Mark herunter. Noch befand sich die Halle allerdings in einem "jämmerlichen Zustand", aber schon 1995 wurde der erste Ostermarkt veranstaltet; damals noch ohne Heizung und Toiletten, so Schäfer.

Sanierungsmittel der Stadt (600.000 Mark) und des Landes (1,3 Millionen Mark) sowie ein Eigenanteil des Vereins von 550 000 Mark machten schließlich die Renovierung möglich. Im Oktober 1999 stieg die Eröffnungsfeier – "und wir waren alle richtig glücklich". Wie Wolfgang Schäfer ebenfalls deutlich machte, sei die Seminarturnhalle in ihrem heutigen Erscheinungsbild ein "Gesamtkunstwerk und nicht das Werk eines Einzelnen".

Zudem war von Anfang an klar, dass die Seminarturnhalle mit ihrem Kulturprogramm nur ehrenamtlich und mit großem persönlichem Engagement geführt werden könne. Zwischenzeitlich zählt der Förderverein über 400 Mitglieder und der Vorsitzende betonte: "Dieses Konzept ist aufgegangen und die Mitglieder haben ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt". Nicht unerwähnt ließ er ebenso die Sponsoren, von denen seit der Gründungsphase keiner abgesprungen sei und weitere hinzukamen. Vor diesem Hintergrund sei es dem Verein vom ersten Tag an gelungen, Jahr für Jahr mit einer schwarzen Null herauszukommen. Als Meilenstein in der Erfolgsgeschichte bezeichnete Wolfgang Schäfer die Gründung des Ensembles "Vorhang auf", das mit seinen 19 Inszenierungen bereits 15 000 Besucher in die Halle lockte.

Auch in Zukunft wolle man ein gutes Programm machen – und positiv wertete es Wolfgang Schäfer, dass die Kleinkunstbühne bei den Künstlern hoch angesehen sei – und dass "sie gerne zu uns nach Nagold kommen".

Für Oberbürgermeister Jürgen Großmann zeigte dieses Jubiläum vor allem auch, "was geschehen kann, wenn viele zusammenhalten". So habe ein kleiner Verein ein Projekt angepackt, das aus damaliger Sicht überdimensioniert erschien – und sei nun zu einem Hauptakteur in Sachen Stadtkultur geworden.

So sei nicht nur eine Kleinkunstbühne in der Region entstanden, sondern zugleich ein "Milieu, aus dem städtische Kultur wächst", so der OB mit Blick auf die Theaterprojekte oder die Märkte. "Sie haben eine gute Stube für die Menschen in der Stadt geschaffen", unterstrich Jürgen Großmann, dass es in dieser Qualität und technischen Ausstattung nichts Vergleichbares in Nagold gebe. Gleichzeitig würdigte er das herausragende ehrenamtliche Engagement im Förderverein, wobei der Rathauschef die Zukunft der Seminarturnhalle in Kooperationen verschiedener Akteure sieht.

Klar hatte er auch Jubiläumsgeschenke im Tornister: So hatte der Gemeinderat einer Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen zugestimmt – außerdem überreichte er Wolfgang Schäfer ein Hinweisschild für die Alte Seminarturnhalle – damit sie niemand mehr verfehlen kann.

Ein Bühnenprogramm durfte nicht fehlen

Wenn in der Seminarturnhalle gefeiert wird, darf ein entsprechendes Bühnenprogramm natürlich nicht fehlen. Beim Sektempfang stimmte Joachim Schäfer am Saxophon mit jazzigen Klängen auf den Festakt ein, und beim gemeinsamen Essen sorgte er zusammen mit Michael Kalmbach am Klavier für den musikalischen Rahmen. Anschließend standen das Theater-Ensemble "Vorhang auf" mit Ausschnitten aus dem aktuellen Stück "Faust" sowie Haus-Kabarettist Klaus Birk auf der Bühne.

Kommentar: Bunte Blüten

Von Heiko Hofmann

Als sich vor 25 Jahren der Förderverein Alte Seminarturnhalle gründete, da konnte selbst der kühnste Optimist nicht mit dieser fulminanten Entwicklung rechnen. Dem Verein ist nicht nur der Erhalt einer denkmalgeschützten Halle zu verdanken. Nein, er füllte sie auch noch mit prallem Leben und einem Kulturprogramm auf Großstadtniveau. Die 25- jährige Geschichte des Vereins ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie nur das Ehrenamt schrei- ben kann. Das Schönste: Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Denn auch das zeichnet die Schaffer des Vereins aus: Sie setzen nicht nur auf Altbewährtes. Auch vor neuen Künstlern und Formaten schre- cken sie nicht zurück. Das unterscheidet sie wohltuend von vielen professionellen Ver- anstaltern. Nagold tut gut daran, diesen stolzen Verein gut zu hegen. Dann treibt die Kultur in der Stadt auch weiterhin so prächtige und bunte Blüten.