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Django Asül hat in der Alten Seminarturnhalle in Nagold mehr Munition als nur die "Letzte Patrone"

Dieser begnadete türkische Niederbayer hätte in der ausverkauften Alten Seminarturnhalle den Erdogan-Staatsbesuch spontan humoristisch durchhecheln können. Er tat das nicht. Kein Wort. Aber nicht nur Django Asüls Nagold-Intro zum Programm "Letzte Patrone" war von feinster Improvisations-Komik.

Nagold. Django Asül ist nicht nur ein herausragender Kabarettist, sondern auch so etwas wie eine Ikone der Integration – spätestens seit der im Niederbayerischen geborene Sohn eines türkischen Industrie-Schaffers als Nachfolger von Bruno Jonas zum Fastenprediger "Bruder Barnabas" bei der kultigen Starkbierprobe auf dem Münchner Nockherberg bestellt wurde. Dort muss sich die bayerische und Münchner Prominenz "derblecken", also derb durch den Kakao ziehen lassen, frohsinnig die Maß dazu heben und tapfer über sich selbst lachen können.

Inzwischen ist Django Asül die feste Größe beim fast noch bedeutenderen Konkurrenz-Event im Münchner Hofbräuhaus, ist Stammgast bei vielen Comedy-Formaten im Fernsehen und schreibt neben seinen Auftritten vielbeachtete politisch-gesellschaftliche Kolumnen, darunter aber auch als Fußballfan – "Bayern", was sonst? – für den "Kicker". Natürlich ist er auch der deutsche Vorzeige-Türke, aber vereinnahmen lässt er sich auf diese Rolle keineswegs. Bisschen Hintergrund kann freilich nicht schaden.

Behend sprang er auf die Bühne und legte einfach los – nur das Weißbierglas als Image-Requisit des weiß-blauen "Mir san mir" neben sich. Schön, wie der Kabarettist aus einer Stadtführung mengenweise Infos über seine Gastgeber und seine Gäste gesammelt hatte und gleich genug Honig sog für erste lokale Gags. Geschichtliches Wissen von Kelten über Germanen ("Frühe Deutsche mit Alkoholproblemen") bis Napoleon und zur Nagolder RAF-Terroristin gibt er gern weiter.

Nagold – "wie das Kitzbühel von Stuttgart"

Aber charmant streichelt er Nagold auch als "so was wie das Kitzbühel von Stuttgart", stellt Rolf Benz dem Autopionier Carl Benz als Bruder zur Seite, spielt kundig auf Umleitungen und Kreisverkehre an und kennt sogar Haiterbach. Nicht untypisch für seinen robusten "Derblecken"-Humor ist eine solche Schleife: Die mittelalterliche Pest sei ein früher Vorläufer der Grünen, sagt er und fügt nach dem Applaus an, "da klatschen jetzt die AfD’ler".

Die vorbereiteten Bauteile seines Programms haben einen zweifachen roten Faden. Nicht so wichtig ist dem Mittvierziger die Rahmenhandlung, dass er als pfiffiger und wohlhabender Erfolgsmensch besser bald in Rente gehen sollte, sein Kabarettisten-Erbe aber in gute Hände gelegt haben will. Viel näher am Herzen liegt ihm all das, was ihm seine Lebensgeschichte in türkischer Herkunft und niederbayerischer Heimat mitgegeben hat. Wenn er seinen Cappuccino-Stammtischbruder Hans immer am Känguruh-Beispiel entlang schwadronieren lässt, kann sein Publikum davon ausgehen, dass es ein ganz nah verwandtes Vorbild gibt, vielleicht auch zwei. Das heimische Hengersdorf gibt’s natürlich tatsächlich, den "Bi-Turbo V 12" dafür aber vielleicht nicht mit ganz soviel PS.

Auch den besten Freund seines Vaters kann Django Asül köstlich parodieren mit all seiner drolligen Weisheit, Orginalität und seinem Türk-Sprech. Die Balkan-Route wollte der kleine Django schon geschlossen wissen, als sie noch "Autoput" oder E 5 hieß und ihm auf dem elend langen Weg in Vaters Heimat kotzübel und sterbenslangweilig war. Europa (mit viel griechischer Mythologie) ist ihm Thema, der Auto- oder der Ökowahn und natürlich die Ängste der besorgten Bürger.

Der Mann ist hochgebildet und zeigt das auch ganz gern. Hin und wieder schien sich der Kabarettist bei seiner hochangespannten Bühnenpräsenz etwas erholen zu müssen und verlief sich zuweilen in überflüssig Wissenswertem. Oder in den netten Plaudereien aus dem Leben eines knitzen und erfogreichen Taugenichts mit türkischen Wurzeln, aber ohne Integrationsprobleme. Das war eher selten bissig-giftig, oft erhellend, aber immer liebenswürdig.

Seine Kabarett-Erbin wird übrigens die noch mal einen Schlag aufgewecktere, sechsjährige Nichte. Das Nagolder Publikum hatte Django Asül schon ganz schnell ganz fest ins Herz geschlossen.