Smartmile-Mitbegründer Steffen Luippold mit einer seiner Packstationen, die in den Entwickler-Büros auf dem Nagolder Wolfsberg zu Testzwecken aufgestellt ist. Geht es nach den Wünschen des IT-Experten, könnten mehr dieser Packstationen auch im Nagolder Stadtgebiet aufgestellt werden – als Modellregion für die innovative Logistik-Technologie seiner IT-Schmiede. Foto: Kunert

Steffen Luippold trennt sich von Geschäft seines Systemhauses "L-Trading". Volle Konzentration auf Paketstationen.

Nagold - Man sieht Steffen Luippold seinen Optimismus und auch seine Euphorie an: "2019 war unser bisher stärkstes Jahr, gerade das Weihnachtsgeschäft war riesig!" Auch viele Veränderungen gab’s – die wichtigste: Luippold hat sich nach 20 Jahren vom Geschäft seines IT-Systemhauses "L-Trading" getrennt.

Die Außenreklame von "L-Trading" auf dem Nagolder Wolfsberg ist bereits seit längerer Zeit verschwunden, das operative Geschäft wurde zum 1. September vergangenen Jahres an ein Pforzheimer Unternehmen, die "just-IT GmbH" von Alexander Biffel und Thomas Zoufaly, abgegeben. Personal der L-Trading sei von dieser Transaktion nicht betroffen gewesen, erläutert Luippold – der das Unternehmen vor ziemlich exakt zwei Jahrzehnten in Nagold quasi von der Schulbank aus gegründet hatte. Denn gute IT-Kräfte gibt man in der Branche nicht mehr her. Zumal Luippold mit seinen Smartmile-Co-Gründern Aku Happo (Finnland) und Frank van Os (Niederlande) sein neues Unternehmen ganz auf Wachstum "programmiert" hat.

"Ich musste mich festlegen, was mein geschäftlicher Fokus für die kommenden Jahre sein wird", erklärt Luippold den reiflich überlegten Schritt. Und da biete das neue Startup "Smartmile" als eine der "40 heißesten Unternehmensgründungen weltweit" die weitaus spannenderen Perspektiven. Auf insgesamt 19 Mitarbeiter (verteilt auf die Standorte in Deutschland, Finnland und den Niederlanden) ist dort mittlerweile das Team angewachsen, wobei die Unternehmenszentrale zwischenzeitlich von Nagold ins niederländische Utrecht verlegt wurde – aus "strategischen Gründen", wie Mit-Gründer Luippold es formuliert. In dem Land am Meer steht der bisher größte Rollout an Paketstationen an.

Pakete von Absendern aller Art empfangen und versenden

"Wir haben entdeckt, dass im Massenmarkt klassische Paketstationen die pragmatischere Lösung sind als unsere bisher ausschließlich eingesetzten Paketroboter" – von denen einer bekanntlich in Nagold auf dem Parkplatz vorm Radzentrum (Benz-Karré) steht. Die wie "automatisierte Postfächer" funktionierenden Paketstationen brauchen zwar mehr Platz, als die technologisch innovativeren "Robots" – sind aber auch weniger wartungsanfällig und vergleichsweise günstiger in der Anschaffung. Der Clou beim "Logistik-Infrastruktur-Anbieter Smartmile": Anders als bei Paketstationen großer Paket- und Kurierdienste, können hier Endkunden/Verbraucher ihre Pakete von Absendern aller Art empfangen – und von hier aus auch wieder (bei Bedarf) zurücksenden. Also eine Paketstation als quasi persönliches Postfach für alles. Smartmile konsolidiert auf diese Weise bisher diversifizierte Paket-Ströme in den Empfangs-Städten – auf nur noch eine Zielstation.

Der Vorteil – für die Kunden: 24-Stunden-Verfügbarkeit aller ihrer Pakete – sie können den Empfang/die Abholung so organisieren, wie es persönlich am besten passt. Gleichzeitig – das zeigen die aktuell 50 Smartmile-Paketstationen in drei Ländern – steigt die Zuverlässigkeit der Auslieferung: Pakete landen nicht mehr bei Nachbarn oder auf der Straße vorm Haus, sondern sind bis zur persönlichen Abholung durch den Empfänger absolut sicher verwahrt. Wodurch die Qualität der Aussendungen dramatisch steigt.

Benefit für die Städte und Kommunen, in denen Smartmile-Paketstationen eingesetzt werden: "Der Lieferverkehr, gerade in Ballungsräumen, lässt sich konsolidieren und so nachhaltig reduzieren" – wodurch Abgas-Emissionen sinken. Und wild parkende Lieferfahrzeuge aus den Straßen verschwinden – zumindest, wenn möglichst viele bei dieser Logistik-Idee mitmachen. Oder – auch das wird in einzelnen Kommunen bereits diskutiert: die Städte, die Nutzung der Paketstationen verbindlich vorschreiben, um ihre Verkehrswege vom (privaten) Lieferwahnsinn komplett zu entlasten.

Paketstation als Kundenmagnet

Treiber dieser Entwicklung bisher allerdings – und damit aktuell Haupt-Kunden und -Partner von Smartmile: "Große Handelsketten", wie Steffen Luippold erläutert. Die durch solche Smartmile-Paketstationen auf ihrem Gelände zusätzliche Kunden anlocken – und binden – wollen. Wer sowieso sein "automatisiertes Paketfach" anfährt, um alle seine Pakete gleich von welchem Anbieter oder Versender dort abzuholen oder einzuliefern, bleibt auch für einen Einkauf – so das Kalkül. In Deutschland steht MediaMarkt zum Beispiel mit einem Modellprojekt am Firmenhauptsitz in Ingolstadt auf der Kundenliste, in den Niederlanden wirbt der Discounter "Lidl" mit dem zusätzlichen Smartmile-Serviceangebot an verschiedenen (bisher ausgewählten) Standorten, in Finnland startete mit dem dortigen größten Einzelhandelskonzern Kesko und gleich drei der größten nationalen Paketdienste ein großer Netzwerkausbau mit Packrobotern/-Stationen etwa in Helsinki, Turku und Tampere.

Planung fürs neue laufende Jahr: "Wir wollen die Zahl unserer Paketstationen bis Jahresende auf 500 Standorte in fünf Ländern erhöhen", steckt Steffen Luippold die ehrgeizigen Ziele von Smartmile ab. Bis zum Jahr 2025 will man gar – so das aktuelle Wachstums-Szenario – die Zahl von 10 000 Maschinen europaweit erreichen. Der Standort Nagold soll dabei – das ist Luippold sehr wichtig – die Innovations- und Entwicklungsschmiede von Smartmile bleiben; mit der Stadt selbst als "Modell-Region". Sein Wunsch: "Vier bis fünf Paketstationen im gesamten Stadtgebiet" – zum Beispiel auf dem Wolfsberg, wo ja auch die "Smartmile Deutschland GmbH" ihren Sitz hat, und wo dann beispielsweise die Arbeitskräfte der Wolfsberg-Unternehmen vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend auf dem Heimweg ihre Pakete "nebenbei" abholen könnten. "Nagold ist da tatsächlich schon heute unser ›Labor‹, wo wir unsere Produkt-Forschung betreiben und in neueste Anwendungen umsetzen." Wobei die dafür benötigten Paketstationen und "Robots" bisher allerdings noch in den ehemaligen Räumlichkeiten von "L-Trading" aufgestellt sind.