Biber sind streng geschützt – unter bestimmten Voraussetzungen dürfen sie künftig aber wohl früher abgeschossen werden (Symbolfoto). Foto: © Bailey Parsons - stock.adobe.com

Das Land will den Abschuss von Bibern erleichtern. Der Grund: Die Tiere haben sich massiv vermehrt und können kritische Infrastruktur gefährden. So sieht es im Kreis Calw aus.

„Der ganze Neckar ist mit Bibern besiedelt.“ Das erklärte Peter Daiker, Wildtierbeauftragter des Landkreises Freudenstadt, vor gut einem Jahr gegenüber unserer Redaktion. Im Landkreis gebe es zwischen 25 und 30 Reviere und damit zwischen 100 und 150 Biber.

 

Auch im Kreis Böblingen, im Enzkreis und im Kreis Rastatt wurden die Tiere bereits gesichtet oder sind dort sogar bereits wieder heimisch. Es scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Tiere sich auch in Calw, Bad Wildbad, Nagold und Co. niederlassen.

Aktuell keine Population

Doch „aktuell gibt es im Landkreis Calw keine Biberpopulation“, berichtet Janina Haußmann, Sprecherin des Landratsamtes Calw, auf Anfrage unserer Redaktion. „Es gab vor einigen Jahren einen durchreisenden Biber, von dem man Spuren an der Nagold und der Waldach gefunden hatte. Seit zwei Jahren gab es allerdings keine Hinweise mehr auf ein solches Tier im Landkreis.“

Fest steht: Der Biber ist im Land auf dem Vormarsch. Während die Säuger Mitte des 19. Jahrhunderts in Baden-Württemberg ausgerottet und Mitte des 20. Jahrhundert aus fast ganz Europa verschwunden waren, so gibt es heute nach Angaben des Landesumweltministeriums weit mehr als 11 000 Tiere allein in Baden-Württemberg. Vor 20 Jahren waren es noch rund 650 Exemplare.

Abschuss erleichtern

Gerade diese schnelle Vermehrung macht Gegnern der Tiere Sorgen. Denn die Tiere verändern ihre Umgebung teils massiv, bauen sogenannte Burgen an Flüssen, die das Wasser stauen, das dann wiederum teils Straßen oder Felder überflutet. Mancherorts können die Aktivitäten der Biber zur regelrechten Gefahr werden.

Problematisch seien laut Landesumweltministerium etwa Bereiche bei Hochwasserschutzbecken, Eisenbahnlinien am Damm oder Kanäle von Wasserwerken und Kläranlagen.

Mitte Mai wurde bekannt, dass das Land daher den Abschuss der Tiere erleichtern will. Dies soll möglich werden, wenn mildere Maßnahmen nach vier Wochen nicht wirken und bedrohte Anlagen technisch nicht vor den Bibern geschützt werden können. Generell bleiben die Tiere aber streng geschützt; der Abschuss wäre weiter eher die Ausnahme.

Biber-Berater fungiert als Mediator

Aktuell ist das Prozedere so, dass spezielle Biber-Berater ein Problem vor Ort begutachten und sich dann mit den Naturschutzbehörden abstimmen.

Darauf ist auch der Kreis Calw bereits vorbereitet. „Wir haben im Landratsamt einen Biber-Berater, Herr Olaf Höger-Martin von der Abteilung Landwirtschaft und Naturschutz, der bei Vorfällen die Rolle eines Mediator bezüglich Konflikten und Schäden einnehmen würde“, erklärt Haußmann. Dies erfolge immer zusammen mit dem Biberbeauftragten am Regierungspräsidium.

Menschen als Teil der Problems

Ob es zu Problemen komme oder nicht, liege nach Ansicht von Naturschützern aber auch zu einem großen Teil am Menschen. „95 Prozent der Konflikte treten innerhalb eines 20 Meter breiten Streifens entlang eines Gewässers auf“, sagte die Artenschutzreferentin des Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Alexandra Ickes jüngst der Deutschen Presse-Agentur. Konflikte würden gelöst, wenn es ungenutzte Uferflächen mit mindestens zehn Metern Breite geben würde. Das sei in Baden-Württemberg ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.