Luchs Nummer drei ist unterwegs: Reinhold wurde ausgewildert (Symbolbild). Foto: © Sangur - stock.adobe.com

Luchs Nummer drei ist ab sofort im Nordschwarzwald unterwegs. Eigentlich hätte Reinhold gleichzeitig mit Verena ausgewildert werden sollen. Der Luchs habe sich aber erst jetzt im Gehege einfangen lassen. Das soll die Chance auf Luchsbabys erhöhen.

Im Nordschwarzwald wurde jetzt ein dritter Luchs ausgewildert. Nach zwei Weibchen Finja – gestorben an Staupe – und Verena wurde jetzt ein Kuder, eine männliche Wildkatze, in die Freiheit entlassen. „Damit erhält das Projekt der Bestandesstützung neuen Schub und es erhöht sich die Chance auf Nachwuchs“, heißt es in einer Mitteilung des Landes Baden-Württemberg.

 

„Mit der Auswilderung des Luchskuders namens ‚Reinhold‘ setzen wir die Bestandesstützung des Luchses in Baden-Württemberg fort. Es freut mich sehr, dass es uns in diesem Jahr doch noch gelungen ist, ein weiteres Tier auszuwildern. Reinhold folgt auf das eineinhalbjährige Luchsweibchen namens Verena, die vor knapp einem Monat im Nordschwarzwald aus der Transportbox entlassen wurde und seitdem ihren neuen Lebensraum entdeckt. Sie hat bereits Rehe erfolgreich gejagt und gerissen. Ursprünglich sollten beide Tiere gleichzeitig ausgewildert werden, was aber misslang, da sich der Kuder im Koordinationsgehege in Thüringen erst jetzt einfangen ließ.

Mit Blick auf die Ranzzeit, der Paarungszeit bei Luchsen, die zwischen Februar und April stattfindet, sind wir aber immer noch rechtzeitig dran. Wandernde Tiere im Streifgebiet erhöhen zudem die Chancen für den ersten Luchsnachwuchs in freier Wildbahn, was mich sehr freut“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am 19. Dezember anlässlich der Auswilderung im Nordschwarzwald. Der Luchskuder Reinhold, der im Mai 2023 im Wildkatzendorf Hütscheroda in Thüringen geboren wurde, ist ein Bruder der Luchskatze Finja. Mit ihr startete das Projekt der Bestandesstützung im Dezember 2023. Sie starb aber im Juli dieses Jahres an der Viruserkrankung Staupe.

Da Finja nicht mehr lebt, stelle die Auswilderung des Bruders kein Inzuchtrisiko dar, heißt es in der Mitteilung weiter. Der Auswilderungsort lag unmittelbar in der Nähe der drei Wochen zuvor ausgewilderten Luchskatze Verena. „Das vierjährige Projekt ‚Luchs Baden-Württemberg‘ hat zum Ziel, mittels Bestandsstützung eine Wiederbesiedlung Baden-Württembergs durch Luchse zu ermöglichen und somit den genetischen Austausch mit benachbarten Luchsbeständen im Schweizer Jura, den Vogesen oder dem Pfälzer Wald zu ermöglichen“, betonte Minister Hauk. Das Projekt leiste zudem einen Beitrag zum internationalen Biodiversitätserhalt und den Biodiversitätszielen der Bundesregierung und der Europäischen Union (EU).

Luchskuder auf Wanderschaft

In den Nordschwarzwald waren bisher keine Weibchen und nur sehr selten wanderten männliche Luchse aus der Schweiz zu. Aktuell lebt dort noch der Luchskuder Toni, der 2019 aus dem Schweizer Jura zugewandert ist. Ein weiterer territorialer Luchs, Wilhelm, lebt in Südschwarzwald.

Schwarzwald als Lebensraum geeignet

Die großen zusammenhängenden Waldflächen im Schwarzwald und der Wildreichtum böten dem Luchs ideale Lebensbedingungen. In ihrer neuen Heimat soll die junge Luchskatze Verena gemeinsam mit dem ansässigen Luchskuder Toni und weiteren nachfolgenden Tieren wie Reinhold einen Grundstein für ein gesundes Luchsvorkommen in Baden-Württemberg bilden.

Vorbereitung in naturnahen Wildgehegen

Seit September lebte Reinhold in einem eigens für die Auswilderung von Luchsen errichteten Gehege in Thüringen. Hier wurde er auf ein Leben in der Natur vorbereitet und sein Verhalten beobachtet. Denn nur Luchse, die Scheu vor Menschen und Hunden zeigen, sind für die Auswilderung geeignet. Luchse müssen das Jagen nicht erlernen und können in der Natur auf ihre angeborenen Instinkte zurückgreifen.

Aktuell baut der Zoo Karlsruhe ein eigenes Auswilderungsgehege außerhalb des Zoogeländes, das künftig Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und ganz Europa unterstützen soll.

Luchs-Auswilderungen sinnvoll

Seit 2004 sind insgesamt 18 männliche Luchse, vor allem aus der Schweiz, nach Baden-Württemberg eingewandert. Nur ein Weibchen war sehr kurzfristig zu Gast im Land. Viele Luchse besuchten Baden-Württemberg allerdings nur vorübergehend, da keine Geschlechtspartner vorhanden waren.

Luchse sind Einzelgänger und besetzen sehr große Gebiete (Territorien). Weibliche Tiere sind auf der Suche nach neuem Lebensraum aber deutlich zurückhaltender, weswegen die nahe Luchspopulation im Schweizer Jura den Sprung in den eigentlich bestens geeigneten Schwarzwald nicht schafft.

Eine Begegnung des Menschen mit den Luchsen im Schwarzwald ist äußerst unwahrscheinlich. Die Tiere leben heimlich. Sie sind nacht- und dämmerungsaktiv. Ihre Hauptbeute sind Rehe. Die Entwicklung der zukünftigen Luchspopulation wird daher weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit stattfinden.

Für die Unterstützung des Luchsbestands und die notwendige Akzeptanz in Baden-Württemberg arbeiten unter anderem die Landesregierung, wissenschaftliche Einrichtungen wie die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), der WWF Deutschland, der Zoo Karlsruhe, der Landesjagdverband und die Luchsinitiative Baden-Württemberg eng zusammen. Das Projekt wird von der Arbeitsgruppe (AG) Luchs und Wolf Baden-Württemberg begleitet.