Die alten Windräder auf dem Höhenzug über Ettenheim sind mittlerweile abgebaut. Die neuen Anlagen können wegen des Vetos aus Lahr noch nicht genehmigt werden. Foto: Joscha Bold

Im Windrad-Streit legen die verhinderten Betreiber nach: Sie werfen dem Lahrer Flugplatz vor, seit fast einem Jahr einen Windpark-Neubau bei Ettenheim zu blockieren. Die Argumentation habe ein Gutachten "als nicht haltbar" entlarvt.

Lahr/Ettenheim - "Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten leider sehr oft mit Widerständen gegen den Ausbau der Windenergienutzung kämpfen müssen", wird Andreas Markowsky, Geschäftsführer von Ökostrom als einer von drei Projektbeteiligten in einer Pressemitteilung zitiert. "Dass aber so offensichtlich mit vorgeschobenen Konflikten hantiert wird, um den Ausbau der Windenergie zu torpedieren, ist mir selten untergekommen." Markowsky spielt damit darauf an, dass der Flugbetrieb in Lahr vom Schwanauer Unternehmer Martin Herrenknecht finanziert wird, der bekanntlich gegen Windräder im Schwarzwald ist.

Seit Juni 2021 liege dem Ortenauer Landratsamt der Genehmigungsantrag für drei Windenergieanlagen auf dem Höhenrücken zwischen Ettenheim und Schuttertal vor. Wie berichtet, standen in diesem Gebiet früher insgesamt sechs ältere Anlagen, die inzwischen alle abgebaut sind, um so Platz für die deutlich leistungsstärkeren Maschinen zu schaffen.

Der neue Windpark soll rund 27 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren – viermal so viel wie die sechs Altanlagen. Der erzeugte Strom entspreche etwa der Hälfte des jährlichen Bedarfs der Stadt Ettenheim. Zudem, so die Verantwortlichen, würde sich der Abstand der Windräder zur Wohnbebauung in Wallburg, Münchweier und Ettenheimmünster von bisher 1000 auf rund 2000 Meter verdoppeln. Die örtliche Bürgerenergie-Genossenschaft (mehr als 300 Mitglieder) sei an dem Projekt beteiligt und gewährleiste so, dass die Bürger vor Ort vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitierten.

Gegenüber der LZ hatte das Landratsamt am Freitag bestätigt, dass das Veto des Flugplatzes die Genehmigung des Windparks aktuell verhindere. Das wird auch in der Pressemitteilung betont. Laut der Lahrer Flugbetriebsgellschaft schränkten die neuen Anlagen den Flugbetrieb ein, weil die Maschinen auf der Route über den Windpark steiler als bisher üblich abfliegen müssten.

Das Gutachten des Fachbüros Airsight aus Berlin zeige, dass "die Vorwürfe aber aus der Luft gegriffen" seien, so die Windpark-Beteiligten. In den vergangenen vier Jahren hätten insgesamt nur drei Flugzeuge vom Flugplatz Lahr kommend das Gebiet des geplanten Windparks überflogen und dabei einen Steigungswinkel von mindestens 9,5 Prozent aufgewiesen – "das ist doppelt so viel wie für den neuen Windpark nötig wäre". Für die Gutachter sei deshalb die Sachlage klar: Der neue Windpark und die dafür nötige "geringfügige Anpassung" des sogenannten Mindeststeiggradienten von jetzt 3,3 auf 4,5 Prozent hätte "keine signifikanten Auswirkungen auf den örtlichen Flugbetrieb".

Für Carsten Kropp, Regionalleiter beim Projektbeteiligten Alterric IPP, ist es unverständlich, dass ein für die allgemeine Energieversorgung wichtiges Vorhaben blockiert werden könnte: "Es ist Wille der Bundesregierung und der Mehrheit der Bundesbürgerinnen und -bürger, die Nutzung der erneuerbaren Energien zu verstärken. Inzwischen hat dies ja sogar sicherheitspolitische Relevanz."

Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz, der das Windparkprojekt unterstützt, hatte nach einem ergebnislosen Online-Treffen mit allen Beteiligten am vergangenen Donnerstag bei der Sitzung des Regionalverbands Südlicher Oberrhein seinem Ärger öffentlich Luft gemacht.

Land hinkt eigenen Ansprüchen hinterher

Der Lahrer Flugbetriebsleiter Wolfgang Pieles ging gegenüber der LZ am selben Tag nicht näher auf den Disput ein, machte aber klar, dass der Flugplatz anderer Auffassung sei als besagte Gutachter. Auch Martin Herrenknecht äußert sich auf wiederholte Nachfrage bisher nicht.

Jörg Bold, Vorstand der Ettenheimer Bürgerenergie, sieht das Regierungspräsidium Stuttgart am Zug, das final über die Genehmigung des Windparks entscheidet. Nicht zuletzt, weil das Land den eigenen Ausbauzielen hinterherhinke: Im ersten Halbjahr seien lediglich fünf neue Windräder in Baden-Württemberg gebaut worden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann will künftig 100 neue Anlagen pro Jahr schaffen. "Wenn es der Ministerpräsident und die Landesregierung mit dem Ausbau der Windenergienutzung wirklich ernst meinen, dann muss das Regierungspräsidium in Stuttgart seinen Ermessensspielraum jetzt nutzen", fordert Bold.

Lahrs OB Markus Ibert hatte vergangene Woche erklärt, im Windrad-Streit vermitteln zu wollen, um die Interessen des Flugplatzes und der Windpark-Beteiligten unter einen Hut zu bekommen. Eine Terminabstimmung mit der Flugbetriebsgesellschaft laufe. Im Gemeinderat, so der Rathauschef am Dienstag gegenüber der LZ, sei die Auseinandersetzung bisher noch kein Thema gewesen.