Saskia van Hintum leitet die Talentförderung von Allianz MTV Stuttgart. Ziel ist, junge Volleyballerinnen fit zu machen für die Bundesliga – auch wenn der Sprung in ein Team, das regelmäßig Champions League spielt, riesig ist.
Die prägenden Gesichter bei Allianz MTV Stuttgart sind Krystal Rivers (30), Roosa Koskelo (33) und Maria Segura Palleres (32) – ein Umbruch steht unweigerlich bevor. Zudem gibt es im aktuellen Kader des Triple-Siegers nur eine deutsche Volleyballerin, Antonia Stautz (30) kam vor der Saison vom SC Potsdam. Das sind zwei Fakten, die eines verdeutlichen: wie wichtig die Aufgabe von Saskia van Hintum (54) ist.
Seit dieser Saison hat der Bundesligist seine Nachwuchsarbeit professionalisiert. Der MTV Stuttgart übernahm vom Landesverband die Verantwortung für den Bundesstützpunkt und die 21 Volleyballerinnen der Jahrgänge 2006 bis 2009, die dort gefördert werden – von einer hauptamtlichen Trainerin mit bester Expertise. „Saskia van Hintum war unsere absolute Wunschkandidatin“, sagt Kim Renkema, die Sportdirektorin von Allianz MTV Stuttgart, „für unser Projekt ist es etwas Großes, eine derartig kreative und erfahrene Trainerin, die wie keine andere Talente entwickeln kann, gewonnen zu haben.“ Selbstverständlich war das nicht.
Eindrucksvolle Vita
Saskia van Hintum hat sich nicht nur auf dem Feld einen Namen gemacht – die Zuspielerin absolvierte 285 Partien für das niederländische Nationalteam, belegte 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta Rang fünf und gewann mit dem CJD Berlin wichtige Titel (1x Meister, 2x Pokal, 1x Europapokal der Pokalsieger). Danach wurde sie Trainerin, arbeitete in der Halle und im Sand, für den Nachwuchs und bei den Frauen, aber stets auf höchstem Niveau. Zuletzt war sie Trainerin des Bundesligisten Ladies in Black Aachen (2016-2020), Nationaltrainerin in der Schweiz (2020-2021) und Teil des Trainerteams der deutschen Beachvolleyballer (2023-2024). Dann kam ein Anruf.
Es meldete sich Kim Renkema, die einst als junge Beachvolleyballerin von Saskia van Hintum betreut worden war, und die MTV-Sportchefin unterbreitete ihr ein verlockendes Angebot. Es passte zum einen in die private Lebensplanung von Saskia van Hintum, deren Mann in den Niederlanden lebt. Seit 1994 führt das Ehepaar eine Fernbeziehung, nun gibt es wieder einen Ort, an dem die Volleyball-Enthusiastin zu Hause und auch anzutreffen ist. Doch Stuttgart reizte sie natürlich vor allem sportlich. „In der Nachwuchsarbeit kann ich einen Unterschied machen, in diesem Job bin ich gut“, sagt Saskia van Hintum, „nach vielen Jahren in diesem Bereich traue ich mich zu sagen, dass ich eine der Besten bin, wenn es darum geht, etwas aufzubauen.“ Als Beleg taugen ein paar Namen, die in Stuttgart bestens bekannt sind.
Bis zu zehn Trainingseinheiten pro Woche
Die Niederländerinnen Nika Daalderop, Juliet Lohuis, Eline Timmerman und Britt Bongaerts hinterließen beim MTV große Fußstapfen, an ihren ersten Schritten in den U-Nationalteams ihres Heimatlandes war auch Saskia van Hintum („Wenn ich sehe, wo sie gelandet sind, macht mich das stolz“) beteiligt. Nun ist genau dies wieder ihre Aufgabe: junge Talente fit zu machen für die Herausforderung Bundesliga. „Die Förderung in Stuttgart ist sehr umfangreich, es geht um Technik, Taktik, Spielerisches, die mentale Stärke“, sagt Saskia van Hintum, „niemand weiß, wo meine Mädels am Ende landen werden. Aber ich kann versuchen, ihnen möglichst viel mit auf den Weg zu geben.“
Dazu gehört, dass in den acht bis zehn Trainingseinheiten pro Woche kein Wert darauf gelegt wird, aus den 21 Talenten ein möglichst starkes Team zu formen. Der aus dem Nachwuchskader gebildete Zweitligist Sparda BSP Stuttgart hat zwar nach zwei Niederlagen zum Auftakt seine letzten vier Spiele gewonnen, doch es kommt niemand auf die Ergebnisse an. Es zählt nur die Entwicklung jeder Einzelnen. „Natürlich ist ein Sieg am Wochenende die Bestätigung, dass wir gut gearbeitet haben“, sagt Saskia van Hintum, „doch der Fokus liegt in jedem Spiel alleine auf uns.“ Und unter der Woche dann auch noch auf einer möglichst engen Verzahnung mit dem Meister-Team.
Lächeln nach dem Training
Saskia van Hintum ist täglich im Austausch mit Bundesliga-Coach Konstantin Bitter, bei dem Toptalente wie Leilani Slacanin oder Marie Steinhilber regelmäßig mittrainieren. „Die Kommunikation und Abstimmung zwischen Profi- und Nachwuchsbereich ist nun so, wie wir sie uns immer gewünscht haben“, erklärt Kim Renkema, die nach den ersten Monaten voll des Lobes ist über die Arbeit von Saskia van Hintum: „Sie bringt ihre professionelle Mentalität ein, kann auch mal eine harte Linie fahren und hat trotzdem ein sehr gutes Verhältnis zu den Mädels. Das passt perfekt.“ Auch die Trainerin hat ein gutes Gefühl. „Ich bin in Stuttgart genau am richtigen Platz“, sagt van Hintum, die beim MTV einen Zweijahresvertrag mit Option hat, „nach jedem Training, in dem ich sehe, wie sich die Mädels entwickeln, gehe ich mit einem Lächeln nach Hause – weil sich meine Arbeit lohnt.“ Auch wenn noch viel zu tun bleibt.
Das Ziel des Stuttgarter Projektes ist es, nicht nur mittelfristig die Zahl der deutschen Spielerinnen in der Bundesliga zu erhöhen, sondern mit den größten Talenten auch das eigene Team zu stärken. „Der Schritt aus dem Nachwuchs in eine Mannschaft, die Champions League spielt, ist zwar riesig“, sagt Saskia van Hintum, „aber einige unserer Talente haben diese Perspektive.“ Und das nicht nur, weil ein baldiger Umbruch ohnehin unvermeidlich ist.