Hilda Baiker ist am 25. Februar 2025 im hohen Alter von 98 Jahren gestorben. Obwohl nicht in Empfingen geboren und aufgewachsen, entwickelte sie sich seit Jahrzehnten zum Empfinger Original. Besonders die Fasnet hat es ihr angetan.
Geboren wurde sie am 29. April 1926 in Lauterbach bei Schramberg, als Tochter des Wagnermeisters Max Buchholz und dessen Ehefrau Olga. Sie wuchs mit vier Geschwistern auf. Schon früh hieß es für die Kinder im elterlichen Handwerksbetrieb und der Nebenerwerbslandwirtschaft mitzuhelfen.
Besatzungsmacht erklärt Zeugnisse für ungültig Nach dem Abschluss der Volksschule begann Hilde eine Ausbildung zur landwirtschaftlichen Hausarbeitsgehilfin und besuchte 1944 nebenbei noch die Frauenarbeitsschule in Schramberg, in der sie das Kleidernähen und Abändern und Musteranfertigung lernte. Ihre Lehre konnte sie nicht mehr beenden, denn das Kriegsende nahte und die französische Besatzungsmacht erklärte ihre bisherigen Zeugnisse und Prüfungen aus der Zeit des Dritten Reichs für ungültig. Als sie dann später doch wieder anerkannt wurden, war Hilda längst Dienstmädchen in der „Fremde“, im Haushalt eines Freiburger Schuhgeschäftes Kocher, tätig.
Der Glaube begleitete sie im-mer Als 1948 bei der Währungsreform von den Behörden das erste neue Geld, man nannte es Kopfgeld, ausgezahlt wurde, kassierte der Dienstherr das Kopfgeld von Hilda und über-ließ ihr dafür ein Paar „Ladenhüter“-Schuhe, die nie richtig passten. Großes Gottvertrauen hatte sie in diesen Zeiten. Ja, der Glaube begleitete sie im-mer. Nach diesem ersten Ausflug in die Fremde war sie wie-der einige Monate zuhause. Da-nach ging es 1950 wieder in die Fremde, dieses Mal nach Tailfingen zum Fabrikanten Johannes Conzelmann. Bei dessen protestantischer Familie lernte sie christliche Toleranz kennen, was ihr Lebensbild mitprägte.
In Tailfingen den späteren Ehemann kennengelernt Hilda, das katholische Dienstmädchen, bekam sogar am Sonntagmorgen frei, damit sie den Gottesdienst in der Kirche besuchen konnte. In Tailfingen lernte sie auch ihren Ehemann Rupert aus Empfingen kennen. Er hatte bei der Baufirma Moosmann, Lauterbach, gearbeitet. Die Firma hatte eine Baustelle in Tailfingen. Hilda konnte ab und zu mit dem LKW mitfahren, wenn die Bauarbeiter nach Lauterbach fuhren.
Empfingen wurde zur neuen Heimat So wurde Empfingen 1952 zur neuen Heimat, denn Rupert und Hilda heirateten am 11. Mai 1952 in der Georgs-Kirche, und das Paar zog in Ruperts elterliches Haus auf dem Tanzplatz ein. Im Laufe der Jahre wurde die Familie größer. Die drei Söhne Bernhard, Werner und Wilfried wurden geboren.
Die Familienkasse aufgebessert
Hilda, zuerst Mutter und Hausfrau, besserte zu jener Zeit die Familienkasse mit Pflanzensetzen bei der Gemeinde, Arbeit in der Weberei Arnold und Heimarbeit für das Pelzhaus Thomas auf. An einer Fasnet wurde sie von Fabrikant Julius Bauser angesprochen, der „geschickte Hilfskräfte“ suchte. Seinem Unternehmen blieb sie dann 24 Jahre bis zur Pensionierung treu.
Der Ehemann verstarb im Jahr 2003 Ein neuer Lebensabschnitt begann für die Jubilarin und ihren Ehemann Rupert im Mai 1997 mit dem Umzug in das „alten-gerechte betreute Wohnen Haus am Kehlhof“. 2002 konnte noch die Goldene Hochzeit gefeiert werden. 2003 verstarb der Ehemann, dessen Beerdigung an ihrem 77. Geburtstag war.
Gute Seele im Haus am Kehlhof Hilda war von Anfang an im Haus am Kehlhof die gute Seele. Sie hatte ein offenes Ohr für die Mitbewohner, sorgte auch für ein gutes Miteinander mit dem Betreuungsteam und brachte bei Veranstaltungen im Gemeinschaftsraum ihre Talente ein.
Zahlreiche Auftritte an der Fasnet
Bald in die Empfinger Fasnet eingebracht Ihr Humor, ihre Freude am Musizieren, Theaterspielen und Reimeschmieden hat sie seit der ersten Stunde in Empfingen begleitet. Hilda brachte sich bald in die Empfinger Fasnet ein. Es folgten Auftritte bei bunten Abenden einst im Rössle-Saal und später im Vereinsheim, über Fasnetsumzüge und Rosenmontagsbetteln bis hin zu ihrem Kurzauftritt beim Bunten Abend und nochmaliger Teilnahme am Fasnetsumzug 2016. Sie war einfach die „Fasnets-Hilde“. Hildas letzter Fasnetsauftritt war bei der Seniorenfasnet im Februar 2023.
Worte des Dankes an den lieben Gott Wenn es notwendig war, zog sie noch die Nähmaschine her-aus, um eine Hose gekonnt kürzer zu machen. Sie las gerne, so auch christliche Literatur. Wenn sie so manches, was sie sich täglich vornahm, erledigt hat, dann gab es immer wieder an den lieben Gott und die Schutzengel Worte des Dankes. Der Glaube begleitete sie immer durch ihr Leben.
Nach einem Sturz ins Pflegeheim gekommen
Mit dem Rollator ihre Runden gedreht
Bis Oktober 2023 lebte Hilda noch eigenständig in ihrer Wohnung und drehte mit dem Rollator ihre täglichen Runden im Ortskern, freute sich über jedes Schwätzle und verfolgte noch aufmerksam das örtliche Geschehen. Nach einem Sturz, Beckenbruch und Krankenhausaufenthalt kam sie schwer gezeichnet ins Pflegeheim Ita von Toggenburg in Horb. Sie erholte sich zur Freude aller, konnte selbstständig wieder aufstehen und mit dem Rollator auf dem Flur ihre Runden drehen. Vor ihrem Fenster war eine Baustelle, die sie sehr interessierte verfolgte und ihren Söhnen immer den Fortschritt dieser Baustelle schilderte. Zudem spielte sie ab und zu den Mitbewohnern mit ihrer Mundharmonika Volkslieder vor.
Die Trauerfeier findet am Dienstag, 11. März, um 13.30 Uhr in der St. Georgs-Kirche Empfingen statt mit anschließender Urnenbeisetzung auf dem Friedhof.