Inge Maier ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Das Bild zeigt sie bei einem Fotoshooting im Jahr 2009, als Comazo mit einer Marketingkampagne das 125-jährige Bestehen krönte und sich alle Mitarbeiter – auch die Seniorchefin – in der Wäsche des Tailfinger Herstellers fotografieren ließen. Foto: Eyrich

Inge Maier war nicht nur die gute Seele der Firma Comazo, sondern eine Unternehmerin im besten Wortsinn. Nun hat sie ihren Lebenskreis vollendet.

Albstadt-Truchtelfingen. Wenige Tage nach ihrem 93. Geburtstag ist Inge Maier, die Seniorchefin von Comazo, gestorben. Inge Eugenie Maier wurde am 9. September 1929 als zweites Kind von Anne und Hans Strähler im Haus Buchhold in Truchtelfingen geboren. Später zog die Familie nach Ebingen, und der promovierte Jurist Hans Strähler eröffnete eine Rechtsanwaltskanzlei in der Bahnhofstraße. Inge Strähler war eine begabte und fleißige Schülerin, sammelte Preise und akademische Auszeichnungen – bis ins hohe Alter wusste sie durch fehlerfreies, auswendiges Rezitieren von Gedichten sowie Sprachkenntnisse, die sie sich, ohne je im Ausland gelebt zu haben, allesamt während der Schulzeit angeeignet hatte, zu beeindrucken. Allerdings wurden ihre Kindheit und Jugend vom Krieg überschattet.

Nach dem Abi plötzlich Unternehmerin

Nach dem Abitur hätte Inge Strähler gerne Kunstgeschichte studiert. Doch es kam anders: Ihr Vater übergab ihr kurzerhand die Leitung des Textilunternehmens Buchhold, das die Familie mittlerweile geerbt hatte – keine einfache Aufgabe, doch die junge Frau löste sie mit Intelligenz, Mut und Disziplin. Die Textilindustrie sollte sie ein Leben lang nicht mehr loslassen: 1951 heiratete sie den Tailfinger Fabrikanten Werner Maier, Inhaber der Firma Conrad Maier zum Ochsen alias Comazo. Eigentlich wollte sie die Firma Buchhold weiterzuführen, doch ihr Vater verkaufte das Unternehmen nach der Geburt des dritten Kindes, damit sich die Tochter um ihre Familie kümmern konnte. 1953 war Andrea, 1955 Claudia geboren worden, 1958 kam Hans Conrad und 1967 Christoph auf die Welt – Inge Maier hatte zuletzt 14 Enkelkinder und 13 Urenkel, und diese große Familie war ihr größter Schatz: Nichts bereitete ihr mehr Freude, als möglichst viele Enkel und Urenkel unter dem Weihnachtsbaum oder bei anderen Festen um sich zu haben.

Russisch und Bridge

Untätigkeit war Inge Maier fremd. Nach der Schulzeit ihrer Kinder lernte sie Russisch und Bridge – eine neue Herausforderung, die sie ehrgeizig annahm. Als Mitglied im Bridgeclub Balingen erspielte sie respektable Ranglistenpunkte im Bridgeverband und engagierte sich in privaten Bridgerunden. Während der Krankheit ihres Mannes arbeitete sie erstmals aktiv bei Comazo mit, kümmerte sich fortan um Gehaltsabrechnungen und Warenversand und war als Seniorchefin Respekts- und Vertrauensperson, geschätzte Ansprechpartnerin für alle und gerne gesehene Repräsentantin bei Festen – bis ins hohe Alter.

Schwere Schicksalsschläge

Inge Maier musste in ihren späteren Lebensjahren einige schwere Schicksalsschläge hinnehmen: 1985 den Tod ihres Mannes Werner, kurz darauf den Tod ihres Bruders Hans, der ihr vertrauter Ratgeber gewesen war, und 1999 den Brand ihres Wohnhauses. Besonders hart traf sie der Unfalltod ihres Sohnes Hans Conrad 2008. Sie nahm diese Verluste mit Demut und Stärke hin, ohne je bitter zu werden, versah weiter ihre Pflichten bei Comazo, spielte bis hoch in die Achtziger hinein aktiv Bridge, fuhr allein zu Kulturveranstaltungen von Stuttgart bis Zürich und reiste zu ihren Kindern. In ihren letzten Jahren musste sie Alter und Krankheit Tribut zollen; ihr Radius wurde kleiner; zuletzt lebte sie eher zurückgezogen in ihrem Haus in Truchtelfingen. Dort ist sie am 15. September nach einem erfüllten Leben friedlich entschlafen. Die Trauerfeier am Freitag, 23. September, in der Galluskirche in Truchtelfingen beginnt um 13 Uhr; die Urnenbestattung findet im Familienkreis statt.