Am Warentauschtag ist immer einiges los – so auch 2019 in Haslach. Foto: Archivbild Wölfle

Die "Szene 64" veranstaltet am kommenden Samstag, 24. September, in der Geißhalde einen Warentauschtag. Und trifft damit den Nerv der Zeit, findet Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr.

Schramberg - Denn beim "Watata" am Samstag stehen Gegenstände im Fokus, die nicht mehr in Gebrauch sind – die aber zu schade zum Wegwerfen sind. Am Samstag ist jeder eingeladen, von 13 bis 14.45 Uhr solche funktionierenden und gut erhaltenen Gegenstände in die Geißhalde zu bringen. Helfer des Szene-Vereins sichten, sortieren und verteilen das Abgegebene in den jeweiligen Kategorien auf Tischen und Bänken.

Wer etwas abgegeben hat und eine Gebühr von zwei Euro zahlt, darf ab 15 Uhr eine Stunde lang alles mitnehmen, was er auf dem Gelände finden kann. Ein gesonderter Kinderbereich öffnet einige Minuten früher. Damit möchte der Verein einen Beitrag gegen die Wegwerfgesellschaft und hin zur Nachhaltigkeit leisten – und steht in Schramberg nicht alleine da, wie Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr erklärt.

Frau Eisenlohr, wie finden Sie die Idee des Warentauschtags?

Die Idee passt aus meiner Sicht sehr gut in unsere Zeit, in der es darum geht, mit begrenzten Ressourcen sinnvoll zu wirtschaften.

Werden Sie auch ein »Schätzchen« beisteuern?

Ich überlege tatsächlich, vorbeizukommen. Bis 13 Uhr findet unsere Zukunftskonferenz zu "Klimaschutz" statt, deshalb weiß ich noch nicht, ob es mir pünktlich reicht. Ich hätte aber ein Geschirrservice mit weißen Gänsen, das unbenutzt ist und bei mir zu Hause leider keine Verwendung findet (lacht).

Können Sie weitere positive Beispiele von Vereinen/Institutionen im Raum Schramberg zur Nachhaltigkeit nennen?

Da gibt es viele. Im Bereich Mobilität ist der Bürgerbus ein gutes: Dabei werden individuelle Fahrten per Busfahrt vermieden, Plausch inklusive. Teils fahren Menschen mit, die selbst gar nicht mehr Auto fahren könnten.

"Foodsharing" ist eine Initiative von und für Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Es werden Lebensmittel, die – beim Supermarkt oder privat – in der Tonne gelandet wären, "gerettet", indem man sie noch isst. Das finde ich einen interessanten Ansatz. Natürlich muss man da auch die Tafeln erwähnen, die mit viel ehrenamtlichem Einsatz gespendete Lebensmittel verteilen. Nachhaltigkeit ist aber dort nicht der Hauptfokus: Er liegt darauf, wirtschaftliche Not zu lindern, die es in einem Land wie dem unseren eigentlich nicht geben sollte.

Gibt es weitere Aspekte?

Alles, womit lange Transportwege vermieden und direkt vom Bauern, Imker, einer "Ackernative" oder beim lokalen Einzelhandel gekauft werden kann, trägt zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei. Ideen wie die "Bachputzete", Stadtputzeten, Flohmärkte und Fahrradbörsen von Vereinen gibt es schon lange. Will man das große Rad drehen, fällt der Blick auf unsere Windräder, mit denen wir einiges an erneuerbarer Energie produzieren. Bei der Eröffnung des Windparks Falkenhöhe habe ich gelernt: Die drei Windräder versorgen 10 000 Privathaushalte mit Strom. Aber auch kleine Dinge, wie der wiederverwendbare Kaffee-to-go-Becher oder der Salat, den man ohne Plastiktüte im Laden kauft, tragen ihren Teil bei.

Ich hoffe, dass wir bei der Bürgerbeteiligung am Samstag noch viele gute Beispiele finden und vielleicht das eine oder andere wiederentdecken, neu denken und auf den Weg bringen können.

Angesprochene Zukunftskonferenz – was ist das?

Das Regierungspräsidium Freiburg organisiert in drei Regionen im Regierungsbezirk einen Dialog zur Zukunft Europas. Eine der ausgewählten Regionen ist Schramberg mit seinen Stadtteilen. Das Thema "Klimaschutz" konnten wir selbst auswählen.

Rund 1500 Bürger*innen haben nach dem Zufallsprinzip eine Einladung zu der Veranstaltung am Samstag im Bärensaal bekommen. Angemeldet sind rund 30 Personen. Vertreter*innen der Gemeinderatsfraktionen sind ab 11 Uhr für Gespräche dabei. Ebenfalls eingeladen ist der Vorsitzende des Umweltbeirats und "Fridays for Future".

Wie wirken sich aktuelle Krisenzeiten auf diesen Aspekt aus? Glauben Sie, dass sich gar Chancen für Aspekte wie Nachhaltigkeit entwickeln könnten?

Zunächst will ich die aktuelle Krise, die viele Menschen vor existenzielle Nöte stellt, nicht schönreden; das wäre nicht angebracht. Dennoch ist es natürlich so, dass wir Menschen oft dann etwas ändern, wenn es ansonsten richtig "weh tut". Hat man vielleicht nur darüber nachgedacht, weniger Auto zu fahren, Strom zu sparen und weniger Plastik zu verwenden, muss man es jetzt tun, weil man sich die Dinge sonst nicht mehr leisten kann. Schöner fände ich es trotzdem, wir könnten freiwillig und aus Überzeugung unser Verhalten ändern – nicht, weil manche sonst am Hungertuch nagen.

Wo sehen Sie Entwicklungspotenzial, was ökologische und soziale Verantwortung angeht?

Das ist eine schwierige Frage, die sich letztlich auch damit beschäftigt, was individuelle Verantwortung ist und was kollektive. Ich denke, die Politik muss bestimmte Rahmenbedingungen vorgeben, damit sich etwas ändert. Ein gutes Beispiel ist das Thema Tierwohl, bei dem nicht alle Verantwortung auf die Verbraucher abgewälzt werden darf. Wenn die Politik will, dass Tiere in der EU besser gehalten werden, dann muss sie das vorschreiben. Wenn dann das Fleisch teurer wird und die Menschen weniger und bewusster Fleisch essen, ist das für mich in Ordnung. Aber zu erwarten, dass Otto Normalverbraucher bei einer knappen Rente freiwillig nach dem viel teureren Biofleisch greift, wenn es daneben 500 Gramm Hack für 2,99 Euro gibt, ist zu viel verlangt.

Wenn wir den Klimaschutz auf allen politischen Ebenen ernst nehmen, gibt es viel zu tun. Auf EU-Ebene könnte man damit beginnen, die Agrarsubventionen nicht mehr schwerpunktmäßig in große, konventionell arbeitende Flächenbetriebe zu stecken, sondern lieber kleinere, ökologisch verträglich wirtschaftende Landwirte zu unterstützen. Das täte auch den Bauern bei uns in der Region gut.

Und in Schramberg?

Ich würde mich freuen, wenn wir in einen generationenübergreifenden konstruktiven Austausch kommen könnten, was wir in Zukunft in unserer Stadt wollen und wie wir es gemeinsam erreichen. Die Zukunftskonferenz ist für mich ein erster Schritt dazu.

Für Wirtschaftsunternehmen werden immer striktere Regelungen gelten, was die Nachhaltigkeitsberichterstattung angeht – stehen Institutionen der öffentlichen Hand dabei auch Änderungen bevor?

Bis Ende 2023 müssen wir einen "kommunalen Wärmeplan" vorlegen. Da steht drin, wie wir vorhaben, zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu kommen. Er dient als strategische Grundlage für die weitere Stadtentwicklung. Wir sind derzeit dabei, ein Planungsbüro zu beauftragen, das die anstehenden Arbeiten begleitet und zusammenführt. Natürlich werden wir den Gemeinderat und die Öffentlichkeit einbeziehen, sobald es Weiteres zu berichten gibt.