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Das Thema Energie treibt seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs in der Ukraine viele Menschen um. Eine Alternative zeigt sich in der kalten Nahwärme, mit deren Hilfe auf Holz ebenso verzichtet werden kann wie auf fossile Brennstoffe.

Haslach - "Wir haben seit vier Monaten eine andere Sicht auf die Energieversorgung", sagt der Haslacher Arnold Schmid als Mitentwickler und Patentinhaber eines bi-direktionalen Kalt-Wärme-Netzes. "In der Energiewende wird die kalte Nahwärme künftig eine gewichtige Rolle spielen", betont er und erklärt die Funktionsweise gegenüber dem Schwarzwälder Boten. "Es findet keine Verbrennung von Rohstoffen statt, damit fallen keine Treibhausgase an."

Während klassische Wärmenetze heißes Wasser transportieren, werden bei der kalten Nahwärme die Häuser mit niedrig temperiertem Wasser beliefert. Der Vorteil liege auf der Hand, das Wasser gelange ohne Wärmeverlust ins Haus und könne auch Umgebungswärme aufnehmen. Die mit Wasser gefüllte Ringleitung sei nicht isoliert und in Verbindung mit dem Eisspeicher ein in sich geschlossenes System.

Überschüssige Energie wird aufgenommen

Über den zentralen Speicher wird dem Wasser über Wärmetauscher einerseits die Energie entzogen, die beim Gefrieren abgegeben wird, und andererseits das Kreislaufwasser mit Wärmeenergie versorgt. Somit ist es möglich, nicht nur Energie an die Häuser abzugeben, sondern auch überschüssige Energie aufzunehmen – im Sommer die Wärme, im Winter die Kälte.

In den Häusern wird das niedrig temperierte Wasser dann über Wärmepumpen entweder zum Wärmen oder Kühlen des Gebäudes genutzt. "Den Strom für die Wärmepumpe kann jeder Häuslebauer über eine PV-Anlage selbst liefern, womit die kalte Nahwärme CO-frei ist", erklärt der Geschäftsführer von Innovativ Schmid in Haslach. Dass die Technik effizient funktioniert, zeige das Netz in Gutach-Bleibach mit 43 angeschlossenen Bauplätzen, wo derzeit aus einem Kilowatt Strom fünf Kilowatt Wärme erzeugt werden.

Einsatz auch in Altbauten geplant

In Zusammenarbeit mit den Hochschulen Mainz und Karlsruhe werde die Technik weiter entwickelt, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. "Das System wird gerade großflächig im Ahrtal verbaut", berichtet Arnold Schmid und wusste auch von der Stadt Wien, die komplett auf kalte Nahwärme umstellen wolle. Und das System soll künftig nicht nur in Neubauten zum Einsatz kommen, sondern auch in Bestandsgebäuden. Denn für Arnold Schmid heißt Effizienz nicht nur Energie zu sparen, sondern auch Ressourcen zu schonen. "Je mehr Dämmung an einem Haus verbaut wird, desto mehr Grauenergie wird auch für deren Herstellung verbraucht", erklärt er.

Es müssten Häuser optimiert werden, wobei die Einteilung "vor 1980" und "nach 1980 erbaut" wichtig sei. Die Substanz und das Mauerwerk der nach 1980 erbauten Gebäude seien so gut, dass ein Vollwärmeschutz keinen Sinn mache. Bei älteren Gebäuden mit schlechtem Mauerwerk sei eine intelligente Dämmung sinnvoll, weil die Wärme gut nach innen geleitet werde.

In einem Pilotprojekt sei ein bewohntes Bestandsgebäude mit Außenheizung versehen worden, die im Winter wärmen und das Gebäude im Sommer kühlen würde. Damit werde auch das Mauerwerk ein Stück weit zum Speichermedium, das es zu nutzen gelte.

Im Haslacher Stadthotel bereits eingesetzt

Beim Neubau des Haslacher Stadthotels kam ebenfalls kalte Nahwärme zum Einsatz, dort wird mit Grundwasser für die Wärmepumpen und wenig Kältemittel auf den Etagen gearbeitet. "Im Sommer wird gekühlt, im Winter gewärmt", macht es Schmid kurz. Und durch die dezentrale Lüftungsanlage über den Fenstern werden die Zimmer außerdem auch mit frischer Luft versorgt, ohne dass die Fenster geöffnet werden müssen.

Studie

Arnold Schmid berichtet von Professor Thomas Giel, der an der Hochschule Mainz forscht und lehrt und als Pionier auf dem Gebiet der kalten Nahwärme gilt. Mit ihm stehe er im engen Austausch und arbeite mit ihm zusammen. Während eines Vortrags an der Mainzer Hochschule sei unter anderem das Ergebnis einer langjährigen Studie des Fraunhofer-Instituts zu effizienten Heizmethoden vorgestellt worden. "Unterm Strich stand ein kaltgehendes Wärmenetz", fasst es Arnold Schmid zusammen. Die Zeitschrift "Lust auf gut" hatte dem innovativen Haslacher im November 2021 acht Seiten in der Ausgabe 208 gewidmet, die im Internet abrufbar ist.