Bad Liebenzell möchte auf einzelnen Grünflächen eine naturnahe Art der Bepflanzung testen. Bei Erfolg sollen weitere Flächen folgen. Auch, weil die Stadt so Geld sparen kann.
In der Kurstadt Bad Liebenzell gibt es viele Grünflächen, Beete oder Blumenkübel. Dass die immer ordentlich aussehen, ist die Aufgabe des städtischen Bauhofes. Das ist viel Aufwand - und auch nicht unbedingt immer gut für Artenvielfalt und Insekten.
Letzteres beschäftigte den runden Tisch für ein nachhaltiges Bad Liebenzell. Erst kam dort die Idee auf, auf manchen dieser Flächen Nutzpflanzen für die Allgemeinheit anzubauen. „Essbare Stadt“ nennt sich dieses Konzept. Die Stadt war dagegen, auch weil die Pflege der Flächen nicht sichergestellt war.
Weitere Vorschläge
Vertreter des runden Tischs, der Bürgermeister, die Bauverwaltung und der Grüntrupp des Bauhofs setzten sich zusammen. Es wurden weitere Vorschläge diskutiert.
Die Beteiligten einigten sich schließlich darauf eine nachhaltigere Gründlandpflege zu forcieren. Und für die Umsetzung eines solchen Konzepts in einer Kurstadt, gibt es in Baden-Württemberg ein gutes Beispiel: Bad Saulgau in Oberschwaben.
Besuch „Bad Saulgau ist die Landeshauptstadt der Biodiversität“, sagte Bauamtsleiter Rainer Becht im Gemeinderat. Und deshalb stattete im Mai eine Delegation aus Bad Liebenzell der Stadt im Landkreis Sigmaringen einen Besuch ab.
Das Ergebnis: Bad Liebenzell möchte die Umwandlung von „Einheitsgrün“ in „artenreiches Grün“ wagen, wie Becht erklärte. Laut Sitzungsvorlage wählt die Stadt dafür in einem ersten Schritt vier Testflächen ausgewählt. Auf denen sollen dann mehrjährige Blumen gepflanzt werden. Eine Fläche, die vom Bauhof genannt wurde, liegt im Kurpark bei der Therme.
Die Liegewiese werde natürlich weiterhin gemäht, erklärte ein Vertreter des Bauhofs. Aber ein kleiner Streifen werde stehen gelassen.
Auch werde man sich im Kurpark nicht gänzlich von der Saisonbepflanzung verabschieden. Die gehöre zu Bad Liebenzell.
Testflächen Becht war es wichtig, Öffentlichkeit und der Gemeinderat im Prozess mitzunehmen. „Die Auswirkungen wird man sehen“, sagte er. Deshalb wolle die Stadt darüber informieren, welche Flächen letztlich ausgewählt werden. Vor Ort sollen Schilder erklären, warum die Flächen anders aussehen als bisher. Die Testflächen sollen regelmäßig kontrolliert, die Erfahrungen nach rund zwei Jahren ausgewertet werden. Dann kämen möglicherweise weitere Flächen dazu.
Kosten sparen
Neben einer größeren Biodiversität hat das Modell „Bad Saulgau“ noch einen weiteren Vorteil: Es spart Kosten. Die Stadt braucht weniger Personal und Maschinen für die Pflege. Ausgaben für neue Pflanzen und die Aussaat sinken. „Bad Saulgau hat nur noch ein Viertel der Kosten“, sagte Becht. Dort wird das Konzept seit 30 Jahren verfolgt.
Einsparungen kann Bad Liebenzell in der aktuellen Haushaltslage brauchen. Und der Gemeinderat diskutierte in der Vergangenheit immer wieder darüber, dass der Bauhof chronisch unterbesetzt ist. Reduziert sich der Pflegeaufwand für die Grünanlagen, könnte sich die Lage auch hier entspannen.
Engagement Sebastian Lustnau (Grüne) fand es toll, dass die Stadt auf die Anregungen des runden Tischs eingegangen sei. Katrin Heeskens (UL) fand gut, dass mit Testflächen gestartet werde.
Ekkehard Häberle (ZBL) stand dem Projekt positiv gegenüber. Allerdings brauche es für die Umsetzung das Engagement der Bürger, meinte er. Und das könne die Stadt nicht vorschreiben.
Besseres zu tun
Auch in Schömberg gebe es eine Blühwiese, die wunderschön sei, sagte Maik Volz (CDU). Doch das klappe nicht überall.
Das Thema komme alle zehn Jahre wieder und scheitere jedes Mal, meinte er zum Vorstoß des runden Tischs. Die Stadt habe Besseres zu tun, „wenn uns die Kacke bis zu Unterlippe steht“, sagte Volz. Der Gemeinderat sollte sich nicht mit solchen Themen beschäftigen. Manche würden ihn für diese Meinung „lynchen“, so Volz.
Trotzdem stimmte er - wie auch der Rest des Gremiums - für die Umsetzung des Konzepts in einer Testphase.