Die kassenärztliche Vereinigung geht davon aus, dass sich die hausärztliche Versorgung auf dem Land in Zukunft überall verschlechtert. Der Beruf als Landarzt in Selbstständigkeit sei für viele nicht attraktiv. Foto: Symbolfoto: Jansen

Wer in Friesenheim oder Schwanau einen Hausarzt braucht muss mit langen Wartezeiten rechnen. Die Gemeinden suchen noch immer händeringend nach Nachfolgern für die Ärzte, die in den vergangenen beiden Jahren ihre Praxen aufgegeben haben.

Schwanau/Friesenheim - Eine Fernseh-Reportage wurde veröffentlicht und Anzeigen geschaltet, doch noch immer steht Schwanau ohne einen Nachfolger für Wolfgang Knauber da, der seine Hausarztpraxis im März 2022 aufgegeben hatte. "Schlussendlich sind zwar alle Einwohner ärztlich versorgt, müssen leider zum Arztbesuch aber teilweise in andere Gemeinden fahren", erklärt Bürgermeister Marco Gutmann unserer Redaktion.

In den vergangenen Jahren seien von der Gemeinde große Anstrengungen unternommen worden, um Hausärzte zu finden. "Leider blieb die Suche trotz dieser Initiative erfolglos", berichtet der Rathauschef. Besonders bedauerlich sei die aktuelle Lage für ältere Generationen, die in der Mobilität eingeschränkt seien. Karin Aukthun, eine von noch zwei verbliebenen Hausärzten in Schwanau, bekommt den Hausärztemangel in der Gemeinde zu spüren. "Wir sind voll", erklärt sie.

Versorgung liegt bei über 100 Prozent

Auch in Friesenheim sieht es nicht besser aus. Derzeit würden in der gesamten Gemeinde sieben Hausärzte praktizieren, informiert die Gemeinde auf Anfrage unserer Redaktion. Für die drei Ärzte, die in den vergangenen zwei Jahren aus privaten Gründen ihre Tätigkeit aufgegeben haben, gibt es noch keinen Nachfolger. "Es gibt Gespräche, die allesamt aber nichtöffentlich sind", heißt es. Die Patienten dieser Ärzte müssten nun teilweise weitere Wege zurücklegen, teilweise hätten auch andere ansässige Ärzte übernommen.

Für den Mittelbereich Lahr, zu dem auch die Gemeinden Friesenheim und Schwanau gehören, sieht die kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg derzeit aber keinen Mangel. "Der Versorgungsgrad in der hausärztlichen Versorgung liegt noch bei über 100 Prozent, genau bei 107 Prozent", erklärt sie gegenüber unserer Redaktion. Der Bereich sei für eine Niederlassung nicht gesperrt. Derzeit gebe es 2,5 freie Arztsitze.

Friesenheim stellt Förderanträge

"Hört man sich die Bürgerinnen und Bürger an, die von der Schwierigkeit berichten, einen Arzt zu finden, kann man sagen, dass die Zahl der Ärzte nicht ausreicht. Zumal die Gemeinde sehr schnell wächst", heißt es aus dem Friesenheimer Rathaus. "Die Auslastung ist mehr als maximal", erklärt auch Ulrich Suaudeau, der als Hausarzt in Schuttern praktiziert. Bei ihm würden andauernd Menschen – besonders aus Friesenheim – nachfragen, die nach einem Hausarzt suchen. Annehmen könne er aber keine mehr.

Um die Situation zu entschärfen und so schnell wie möglich Nachfolger für die ehemaligen Ärzte zu finden, ist man in Friesenheim seit einigen Monaten aktiv auf der Suche nach jungen Ärzten. Zudem werden Ärzteberater eingesetzt und eigene Praxen werden an Ärzte vermietet. Im April hat der Gemeinderat außerdem eine Summe von maximal 50 000 Euro zur Förderung der Ärzteversorgung genehmigt. Hier seien mittlerweile bereits Förderanträge gestellt worden.

Für viele Ärzte ist Selbstständigkeit nicht attraktiv

Werden keine weiteren Hausärzte für die beiden Gemeinden gefunden, könnte sich die Situation noch verschärfen. "Insgesamt gibt es im Mittelbereich 81 Hausärzte und Hausärztinnen, davon sind jedoch 21 älter als 60 Jahre. In den kommenden Jahren werden also viele hausärztliche Praxisinhaber in den Ruhestand gehen und einen Nachfolger suchen", erklärt die KV.

Als Grund dafür, dass sich die Suche so schwierig gestaltet, sieht die Vereinigung mehrere Gründe. Für Ärzte sei die Selbstständigkeit mit eigener Praxis häufig nicht attraktiv und viele würden lieber in Teilzeit arbeiten. "Für die heutige Landarzt-Generation der Ü-60-Jährigen sind 50 bis 60 Stunden-Wochen oftmals Alltag, die nachfolgende Generation möchte sich diesen Stress nicht mehr antun. Wenn heute ein Hausarzt in Ruhestand geht, braucht es daher zwei bis drei Nachfolgerinnen." Doch so viele Absolventen würden aus den Universitäten nicht nachrücken. Deshalb sei davon auszugehen, dass sich die hausärztliche Versorgung in Zukunf überall verschlechtert. "Die Hausarztpraxis in jedem Dorf oder jeder Gemeinde wird es künftiger weniger geben", erklärt die Ärzte-Vereinigung.

Ärzte gesucht

Um Medizin-Studenten in der Schlussphase ihrer Studienzeit davon zu überzeugen, sich in der Ortenau niederzulassen, organisiert die AOK Südlicher Oberrhein und die Ortenauer Kreisärzteschaft seit einigen Jahren das "Date mit der Ortenau". Dabei stellen Referenten den Studenten und ihren Partnern das Hausärzteleben in der Ortenau und die Möglichkeiten in der Region vor.