Das Floß war schon startklar: Jetzt wird es auseinandergebaut und eingelagert.  Foto: Schinle

Der Schock sitzt tief bei den Schiltacher Flößern: Kurz vor dem Start der großen Rheinfahrt hatte Floßmeister Thomas Kipp einen schweren Unfall.

Schiltach - "Leider habe ich eine schlechte Nachricht", informiert Flößer-Kollege Otto Schinle am Mittwochvormittag. "Thomas Kipp hatte gestern einen schweren Unfall und liegt mit einem Beckenbruch in der Offenburger Klinik", sagt Schinle, der bei den Flößern für die Pressearbeit zuständig ist. "Den Umständen entsprechend geht es ihm aber gut", betont er – immerhin.

Der Unfall passierte während der Arbeit, er hatte mit dem Floßbau nichts zu tun. Kipp stürzte und zog sich einen mehrfachen Beckenbruch zu. Dennoch hatte er wohl Glück im Unglück: Verletzungen am Kopf oder inneren Organen zog er sich, heißt es aus dem Krankenhaus, nicht zu. Er muss nun operiert werden und fällt längere Zeit aus, sagt Schinle.

Kipp war der Initiator der Rheinfahrt

Am Dienstagabend haben sich die verblieben sieben Floßfahrer getroffen und einhellig entschieden: "Ohne unseren Floßmeister wollen und können wir die Floßfahrt nicht unternehmen." Darüber herrschte bei den Beteiligten Einigkeit. Auch wenn Kipp vom Krankenbett aus ausrichten habe lassen: "Ihr könnt ruhig fahren. Das muss auch ohne mich gehen."

Ohne ihn gegangen, das wäre es vielleicht sogar. "Aber das wollten wir nicht", betont Schinle. Denn: Kipp war der Initiator der Rheinfahrt, hat viel Zeit und Energie in die Planung und Organisation gesteckt, die nötigen Absprachen mit den Behörden getroffen. "Da fänden wir es nicht gut, ohne ihn zu fahren. Außerdem brauchen wir seine Expertise", betont Schinle.

Seit Monaten laufen die Vorbereitungen für die große Floßfahrt von Steinmauern (Kreis Rastatt) bis Leverkusen-Hitdorf. Viel Arbeit haben die Flößer in das Abenteuer gesteckt. Die Vorfreude war der achtköpfigen Truppe wenige Tage vor dem Start anzumerken. "Wir waren am Dienstag schon startklar", sagt Schinle – das Floß war in Einzelteile zerlegt und für den Transport fertig. Schließlich hätte es am heutigen Donnerstag direkt im Rhein wieder zusammengebaut werden sollen, bevor die Fahrt am Freitag gestartet wäre.

Hoffen auf einen neuen Termin im kommenden Jahr

Stattdessen stehen für die Flößer jetzt andere Aufgaben an: Viele Telefonate und E-Mails, um die Liegeplätze und die Hotelübernachtungen abzusagen, die Presse zu informieren und auch die befreundeten Flößervereine und Freundeskreise, die unterwegs besucht worden wären.

Einer davon ist der Verkehrsverein in Kamp-Bornhofen. Dort hätten die Schiltacher eigentlich sogar einen Ruhetag eingelegt. Und der Verein um den Vorsitzenden Willi Pusch hatte für den Besuch aus dem Südwesten schon ein volles Programm geplant – samt Blaskapelle und Böllerschüssen zur Begrüßung. "Das wäre schon eine Attraktion für unsere alte Flößergemeinde gewesen", sagt Pusch. Die Flößer hätten – ganz wie früher – auch ein Kloster besucht. Damals hätten die Flößer im Ort immer Proviant geladen. Im nahen Kloster sei für eine gute Weiterfahrt gebetet worden. "Daraus wird nun nichts", bedauert Pusch. "Wir haben uns sehr auf die Schiltacher Flößer gefreut – und auch darauf, Thomas Kipp einmal wiederzusehen, den ich schon öfter getroffen habe", erklärt er. "Wir wünschen ihm eine schnelle Genesung und dass er sich rasch erholt", betont Pusch.

Ähnlich geht des den Mitgliedern des Heimatvereins Hitdorf – der Endstation der geplanten Fahrt. Dessen Vorsitzender Bernd Bilitzki war noch mitten in den Vorbereitungen für das große Ereignis, als ihn die Nachricht am Mittwochmorgen überraschte. "Dass Thomas Kipp einen Unfall hatte, macht uns vom Heimatverein sehr betroffen und traurig. Wir schicken ihm auch auf diesem Wege die besten Grüße und wünschen ihm gute Besserung", sagt auch er.

Hitdorf stand schon in den Startlöchern

"Halb Hitdorf stand schon in den Startlöchern für die Ankunft der Flößer am 3. September. Die Freiwillige Feuerwehr, das DLRG zum Beispiel wollten kommen. Das werden wir jetzt natürlich alles absagen. Wir hoffen aber sehr, dass die Floßfahrt nachgeholt werden kann."

Mit diesem Wunsch stehen die Flößerfreunde aus Kamp-Bornhofen und Hitdorf sicher nicht alleine da. Und auch die Schiltacher Flößer wollen sich von ihrem Projekt nicht ganz verabschieden:  Wir verschieben es ins nächste Jahr", kündigt Schinle an. Deshalb sollen jetzt alle Teile des Floßes gekennzeichnet, auseinandergebaut und eingelagert werden. "So hat das Holz noch etwas mehr Zeit zum trocknen. Das schadet auch nicht", versucht er, der Situation in allem Bedauern noch etwas Positives abzugewinnen. Denn: Die Schiltacher Flößer lassen sich von dem tragischen Vorfall nicht unterkriegen und blicken optimistisch nach vorne: "Wenn unser Floßmeister wieder auf den Beinen ist, finden wir in 2022 einen neuen Termin für die Floßfahrt auf dem Rhein."