Mit diesem Motorrad geschah der Unfall im April auf der L 415 zwischen Geislingen und Balingen. Foto: Maier

Bei dem Motorradunfall zwischen Geislingen und Balingen wurde Saskia Schulz im April dieses Jahres schwer verletzt. Die damals 18-Jährige hätte beinahe ihr Bein verloren und musste sich im Laufe der letzten sechs Monate 13 Mal operieren lassen. Wie die Sozia den Unfall erlebt hat und wie es ihr heute geht, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. 

Geislingen/Balingen - "Anfangs war es eine ziemlich schlimme Zeit. Ich war alleine, weil mich wegen Corona niemand im Krankenhaus besuchen durfte. Ich hatte die Bilder vom Unfall im Kopf und die Angst, dass ich mit 18 Jahren mein Bein verliere", erzählt Saskia Schulz am Telefon, während sie wieder im Krankenhaus liegt. "Ich musste noch mal operiert werden. Deshalb konnte ich auch nicht zu dem Gerichtsprozess zum Unfall kommen", erklärt sie. 

Am 22. April dieses Jahres wurde sie von ihrem damaligen Freund zu Hause abgeholt, um sich mit einer Freundin zu treffen. "Wir wollten mit dem Motorrad eventuell auf den Lochen fahren", erinnert sich die heute 19-Jährige. Kurz nach der Ortsausfahrt Geislingen habe der Fahrer ihr ein Zeichen gegeben, weil er überholen wollte. "Er ist rausgezogen, ohne zu gucken. Ich habe nur noch das weiße Auto gesehen und einen Schlag gespürt", berichtet die Sozia. Ihr Ex-Freund habe noch ausweichen wollen, deshalb seien sie seitlich und nicht frontal gegen das Auto geprallt. "Die Autofahrerin hatte keine Chance." Normalerweise sei ihr damaliger Freund ein sehr vorausschauender Fahrer gewesen. Nur an diesem Tag hätte er nicht richtig aufgepasst. Vor Gericht musste er sich bereits für den Unfall verantworten. 

13 Operationen und wochenlange Krankenhausaufenthalte

Laut Unfallbericht der Polizei sollen der Fahrer und seine Sozia mehrere Meter weit durch die Luft geschleudert worden sein. "Daran erinnere ich mich nicht mehr. Aber ich lag an einer ganz anderen Stelle, als ich wieder zu mir kam", erzählt Saskia Schulz. "Ich weiß noch, dass ich da auf dem Boden lag, mich umgeguckt habe und dann nach Hilfe schrie. Dann kamen mehrere Männer, die mich gestüzt haben. Über uns kreiste der Rettungshubschrauber." Auch Sanitäter seien sehr schnell vor Ort gewesen - "mir kam es damals aber so vor, als ob ich da ewig lag."

Im Krankenhaus angekommen, wurde Schulz ins künstliche Koma versetzt. "Der Arzt sagte wohl, dass die Dauer des Komas davon abhängt, wie stark man ist", so Schulz. Nach einer Nacht sei sie von alleine wieder aufgewacht. Durch den Unfall zog sich die damals 18-Jährige eine Beckenringfraktur zu, ihr Schambein sei durchgebrochen. Außerdem erlitt sie eine subtotale Amputation: "Mein Knochen ist von meinem Oberschenkel abgerissen, mein Bein war zu 90 Prozent abgeklemmt", erzählt sie. Außerdem sei ihr Fuß zertrümmert gewesen und man habe ihr eine Kniegelenkprothese einsetzen müssen. "Weil die Haut an der Stelle abgestorben ist, musste man eine Hauttransplantation durchführen. Dafür wurde mir Haut und Muskel aus dem Rücken genommen." 

Insgesamt 13 Operationen und wochenlange Krankenhausaufenthalte musste Saskia Schulz bisher über sich ergehen lassen. "In den nächsten Tagen bekomme ich eine neue Schiene für mein Bein. Momentan darf ich es nur ungefähr 30 Grad beugen, sonst reißen die Bänder", erzählt sie. Im Krankenhaus könne sie sich mit dem Rollstuhl fortbewegen. Zu Hause ginge das wegen der vielen Treppen nicht. "Wenn ich in den letzten Monaten daheim war, lag ich eigentlich nur." 

"Man kann mal heulen und schreien, aber aufgeben darf man nie"

Laut derzeitiger ärztlicher Prognose dauert es noch etwa anderthalb Jahre, bis alles einigermaßen verheilt sei, erzählt sie. Mit körperlichen Einschränkungen müsse sie dennoch leben: "Zum Beispiel ist eine normale Geburt irgendwann nicht möglich. Da müsste man dann einen Kaiserschnitt machen. In etwa 20 Jahren muss außerdem das künstliche Kniegelenk ausgetauscht werden." Momentan müsse sie immer noch jeden Tag Schmerztabletten nehmen.

Psychisch ginge es ihr inzwischen deutlich besser: "Ich habe mich nach einiger Zeit mit der Situation abgefunden." Anfangs habe sie sich sehr einsam gefühlt und große Angst gehabt. "Ich hatte zum Beispiel auch einfach Angst vor den Schmerzen und hatte dann Panikattacken", erzählt sie. Durch ihre Familie und ihren neuen Freund erfahre sie aber viel Beistand. 

Außerdem hat es ihr geholfen, nicht zu viel über die Situation nachzudenken. Das rät sie auch anderen Menschen, die sich nach einem schweren Unfall erholen: "Und dass man nie aufhören darf zu kämpfen. Man kann mal heulen und schreien, aber aufgeben darf man nie." Sie ist sich sicher: "Die schwere Zeit wird vorübergehen und irgendwann steht man vor dem Krankenhaus und hat es geschafft."