Die neuen US-Zölle erschüttern die Wirtschaft am Südlichen Oberrhein: Laut Industrieverband WVIB fürchtet mehr als ein Drittel der Betriebe Einbußen. Die IHK warnt vor den Folgen eines Handelskriegs. Beide Institutionen mahnen jetzt Reformen an.
20 Prozent Zölle auf alle Waren aus der Europäischen Union – Präsident Donald Trump hat am späten Mittwochabend deutscher Zeit seine Zoll-Bombe platzen lassen. Am Südlichen Oberrhein sorgt die Entwicklung für Sorgenfalten. „Die Folgen werden auch für die exportorientierten Betriebe in unserer Region schmerzhaft sein“, erklärt nun IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon.
Die USA sind laut IHK der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Waren aus Baden-Württemberg. Die zusätzlichen Einfuhrzölle werden deutsche Waren in den USA erheblich verteuern.
In Deutschland produzierende Unternehmen seien unter diesen Bedingungen auf dem US-amerikanischen Markt kaum mehr konkurrenzfähig. „Das Ziel ist klar: Deutsche Arbeitsplätze sollen in die USA verlagert werden“, konstatiert Salomon.
Verband spricht von „handelspolitischem Amoklauf“
Auch der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) schlägt Alarm: Laut einer Mitgliederbefragung rechnen mehr als ein Drittel der Betriebe mit Umsatzeinbußen. Etwas mehr als ein Fünftel gehen dagegen davon aus, höhere Preise auf dem US-Markt durchsetzen zu können.
„Mehr Zollbarrieren gab es zuletzt vor über 100 Jahren. Die Folgen dieses handelspolitischen Amoklaufs werden überall auf der Welt und erst recht im Schwarzwald zu spüren sein“, betont WVIB-Geschäftsführer Christoph Münzer.
Viele Unternehmen der Region halten sich zunächst bedeckt. „Mit der Thematik haben wir uns bereits in den letzten Wochen auseinandergesetzt. Aktuell analysieren wir die neuen Zölle und deren genaue Auswirkungen auf unser Geschäft“, erklärt etwa Anja Heckendorf, Sprecherin des Schwanauer Tunnelbohrmaschinenherstellers Herrenknecht. „Es ist für uns wichtig, auf konkrete Details der US-Regierung zu warten, bevor wir eine abschließende Einschätzung vornehmen.“ In jedem Fall blieben die USA ein strategisch bedeutender Markt für Herrenknecht.
Oberkircher PWO-Gruppe sieht sich gut aufgestellt
Die Oberkircher PWO-Gruppe äußert sich am Donnerstag ausführlicher. „Direkt im eigenen unmittelbaren Geschäft sind wir nicht betroffen“, erklärte Pressesprecherin Charlotte Frenzel im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Oberkircher Automobilzulieferer unterhält international Standorte. Auch in Nordamerika ist das Unternehmen vertreten – nicht aber in den USA. In Mexiko und Kanada lässt PWO produzieren. „Wir kaufen vor Ort ein“, erklärt Frenzel das Geschäftsmodell.
In Kanada werde so heute schon weitgehend das Material eingekauft und verarbeitet. In den wenigen Fällen, wo in den USA eingekauft werde, werde nun die Lieferkette angepasst. Kosten würden auch in manchen Fällen an die Kunden weitergegeben. Indirekt sieht sich das Oberkircher Unternehmen dennoch mit negativen Auswirkungen konfrontiert: Die Weltwirtschaft und die Automobilindustrie insgesamt seien betroffen, so Frenzel. Das Unternehmen wolle die Entwicklungen beobachten und dann gegebenenfalls reagieren. Pläne für einen PWO-Standort in den USA gebe es derzeit nicht.
Verband und Kammer sehen Politik in der Pflicht
Wie andere Unternehmen mit den Zöllen umgehen wollen, zeigt die WVIB-Umfrage. Die Strategien sind unterschiedlich. Ein Fünftel gab an, langfristig die Produktion in den USA auszubauen oder neu aufbauen zu wollen, weitere elf Prozent erwägen den Kauf eines Unternehmens in den USA. Mehr als ein Drittel will Verluste durch neue Kundenbeziehungen kompensieren. Immerhin ein Viertel plant derzeit keine weiteren Maßnahmen und möchte die Einbußen aussitzen.
WVIB-Hauptgeschäftsführer Münzer sieht die Poliktik nun in der Pflicht: „Die Rahmenbedingungen für Unternehmen müssen insgesamt deutlich verbessert werden: Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, niedrigere Steuern und bezahlbare Energie.“
Dieter Salomon von der IHK stößt ins selbe Horn: „Die Unternehmenssteuern und Sozialabgaben sind viel zu hoch. Dasselbe gilt für die Energiekosten. Von dem längst überfälligen Bürokratieabbau ganz zu schweigen.“ Die neue Bundesregierung müsse wirksame Reformen umsetzen – gleiches gelte für die EU. „Die beste Antwort auf Trumps Handelskrieg sind Wirtschaftsreformen“, so Salomon.