Myriam Krüger war Co-Trainerin im NLZ des FC Bayern. Foto: Krüger

Sie ist die erste Frau, die in Deutschland ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) leitet. Die 33-jährige Myriam Krüger, im Kreis Rottweil bestens bekannt, ist eine der Führungsfiguren beim Regionalligisten SSV Ulm. Doch den Draht zur Heimat hat sie nicht verloren und steht auch immer wieder in Beffendorf auf dem Fußballplatz.

Man kann getrost davon sprechen, dass die gebürtige Schrambergerin Myriam Krüger im Fußball schon "einiges erlebt hat". Da wären knapp über 160 Erst- und Zweitligaspiele zu nennen. Als Spielertrainerin gelang ihr mit der zweiten Mannschaft des SC Freiburg 2017 der Aufstieg. Außerdem war die A-Lizenz Inhaberin in den vergangenen beiden Jahren Co-Trainerin im NLZ des FC Bayern München. Seit 2020 ist sie zudem beim SSV Ulm in der Geschäftsführung aktiv, seit diesem Sommer sogar Leiterin des NLZ. Genug Grundlage also für ein interessantes Gespräch.

 

Eine echte Allrounderin

Dass Krüger mit 33 Jahren schon in so viele Rollen geschlüpft ist, war für sie nicht absehbar. "Das war nie der konkrete Plan, es hat sich einfach so entwickelt. Fußball ist schwer planbar, ich genieße einfach den Moment und was in Zukunft kommt, wird man sehen." Schließlich gibt es in der Gegenwart genug zu tun, ihr Aufgabenfeld in der Doppelfunktion aus Geschäftsführerin und NLZ-Leiterin beim Traditionsverein ist breit gefächert.

"Ich teile mir die Tätigkeit mit Markus Thiele. Er ist eher für den Sport und Vertrieb zuständig, ich kümmere mich um Marketing und administrative Aufgaben. Wichtige Themen wie die Kaderplanung oder Trainerbesetzung entscheiden wir aber immer zusammen. Zudem schauen wir, dass am Spieltag alles glattläuft", erzählt Krüger.

Im NLZ soll gute Atmosphäre herrschen

Im NLZ der Ulmer kümmert sich Krüger darum, dass alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind - diese müssen dem DFB immer am 1. August nachgewiesen werden. Die Trainer brauchen bestimmte Lizenzen, ein Psychologe und Pädagoge müssen im Verein angestellt sein. "Für uns als SSV Ulm ist das schon eine große Herausforderung. Aber die Arbeit ist sehr vielfältig und macht eine Menge Spaß." Krüger erarbeitet auch Konzepte, Trainer und Spieler sollen sich weiterentwickeln, es gilt viele Gespräche zu führen. Dafür braucht es die richtige Atmosphäre: "Trainer und Spieler sollen sich bei uns wohlfühlen, das ist mir sehr wichtig."

Sportlich gesehen spielen die U15, U17 und U19 allesamt in der Oberliga und damit der zweithöchsten Spielklasse der Junioren. Krüger erklärt: "Langfristig würde wir uns bei der U17 und U19 schon gerne in der Bundesliga festigen. Aber das braucht natürlich seine Zeit."

Wertvolle Erfahrungen beim FC Bayern

Immer wieder kann Krüger auch ihrer Leidenschaft als Trainerin nachgehen und Trainingseinheiten von verschiedenen Jugendmannschaften leiten. In den Spielzeiten 2020/21 und 2021/22 war sie als Co-Trainerin im NLZ des FC Bayern tätig. "Wir hatten ein rollierendes System, daher war ich immer im Wochenrhythmus bei der U11, U12 oder U13." Auch hier war Krüger Vorreiterin, als erste weibliche Trainerin im NLZ des deutschen Rekordmeisters. Sie sagt selbst: "Das war natürlich eine tolle Erfahrung und ich habe ganz viel mitgenommen."

Dass sie gewissermaßen unter besonderer Beobachtung steht, ist Krüger bewusst. "Als Frau in solchen Positionen muss man 140 Prozent geben. Macht man Fehler, heißt es sofort: Das sei ja typisch. Ich bin jedoch sehr dankbar, dieses Vertrauen zu bekommen." Und grundsätzlich stellt sie klar. "Es sollte nicht um das Geschlecht sondern um den Menschen gehen. Die Qualität ist entscheidend."

Schwung der Europameisterschaft hilft

Nicht nur bei der Besetzung von wichtigen Positionen, auch im medialen Fokus liegt der Frauenfußball noch weit hinter den Männern. Krüger hofft, dass der Schwung und Hype der tollen EM mitgenommen wird, sagt aber auch deutlich: "Das große Interesse kam auch erst während der EM auf, als es dann gut lief. Wenn ich mir da beispielsweise die Berichterstattung beim Kicker anschaue, da musste man weit runter scrollen bis zur Frauen-EM."

Zur Debatte um die Gleichstellung der Gehälter erklärt sie. "Das gleiche Gehalt bei Männern und Frauen zu bekommen ist unrealistisch, alleine schon wegen dem Zuschauerinteresse. Aber die Spielerinnen in der ersten Liga sollten genug verdienen, um sich voll auf den Fußball konzentrieren zu können." Krüger selbst kennt dies aus ihrer Zeit beim SC Freiburg. "Wir hatten auch sieben Einheiten pro Woche und sind aber noch 40 Stunden arbeiten gegangen", weiß Krüger.

Technisch und taktisch auf gutem Niveau

Trotz allem freut sie sich über die positive Entwicklung und sieht die Nationalmannschaft als optimales Zugpferd. "Wir haben eine richtig gute Mannschaft, die auch absolut sympathisch ist. Der Frauenfußball generell hat sich entwickelt, ist technisch und taktisch auf einem richtig guten Niveau." Ihr ist bewusst, dass nicht jedes Spiel ein Highlight sei, die Leistungsdichte vielleicht noch nicht so hoch. "Aber auch bei einer Weltmeisterschaft der Männer ist nicht jedes Spiel ein Kracher", so Krüger.

Immer wieder in Beffendorf aktiv

Von der Fußballwelt hat sie also schon eine Menge gesehen und freut sich doch jedes Mal aufs Neue wenn es zurück in die Heimat geht. "Wenn es möglich ist, trainiere ich in Beffendorf in der AH mit. Ich habe noch viele Freunde und Freundinnen hier, freue mich immer dabei zu sein", sagt Krüger. Im August 2020 hatte die 1,62 Meter große Kickerin im Finale des Bezirkspokals der Frauen sechs Tore erzielt und mit der SG Beffendorf/Hochmössingen den Titel geholt. "Ich schaue auch immer die Ergebnisse nach, das Interesse ist da schon groß. Und ich bin ein ganz normaler Teil des Teams, das ist einfach ein schönes Gefühl", schwärmt die 33-Jährige.

Zum Abschluss frage ich Krüger, was für Sie ein Leben ohne Fußball wäre. Sie antwortet: "Da würden einige schöne Erfahrungen fehlen, ich hätte viele Freunde nicht kennengelernt. Auch als Ausgleich und für die persönliche Entwicklung war der Fußball sehr wichtig. Und ich bin dankbar, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte."