Polizeipräsident Jürgen Rieger (von links) würdigte Sabah Tamer Ayoub in Anwesenheit von Timo Zipf und Jonas Allgeier vom Förderverein des Polizeipräsidiums Offenburg für sein Eingreifen am 9. November 2023 an der Offenburger Waldbachschule. Foto: Förderverein

Fast ein Jahr ist es her, dass ein 15-Jähriger an der Offenburger Waldbachschule einen Mitschüler erschoss. Das Eingreifen Sabah Tamer Ayoubs verhinderte damals mutmaßlich weitere Opfer. Der Förderverein des Polizeipräsidiums hat ihn nun ausgezeichnet.

Sabah Tamer Ayoubs gehört wohl zu den Menschen, die den 9. November 2023 niemals vergessen werden. Er hielt sich damals zufällig zur selben Zeit im Gebäude auf, als in einem Klassenraum der Waldbachschule in Offenburg tödliche Schüsse fielen. Er wollte eigentlich nur zu einem Elterngespräch, berichtete er später den Ermittlern.

 

Zufall – im Nachgang betrachtet gar Glück – war es wohl auch, dass der Schütze kurz nach der Tat ausgerechnet Ayoub in die Arme lief. Was folgte, war wiederum kein Zufall, sondern ein Zeichen der großen Courage des Familienvaters: Ayoub stellte sich dem Schützen entgegen, überwältigte den Angreifer und ermöglichte so seine zügige Verhaftung.

„Mit bemerkenswerter Zivilcourage hielt er den mutmaßlichen Täter bis zum Eintreffen der Polizei in Schach“, heißt es fast ein Jahr später dazu in einer Mitteilung des Vereins der Freunde und Förderer des Polizeipräsidiums Offenburg. Ayoub habe durch sein Handeln maßgeblich zur Bewältigung der Situation beigetragen.

Schütze hatte 41 Schuss Munition bei sich

Denn die Ermittlungen hatten kurz nach der Tat bereits ergeben, dass der Täter 41 Schuss Munition und einen Brandsatz mit dabei hatte. Nicht auszumalen, wie viel Schaden der 15-Jährige noch hätte verursachen können. Ayoub habe durch sein Eingreifen „vermutlich weiteres Leid und weitere Opfer“ verhindert, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins.

Schock und Entsetzen in Offenburg: Ein 15-Jähriger hatte einen gleichaltrigen Schüler im November an der Waldbachschule mit einer Schusswaffe getötet. Foto: Armbruster

Für sein Eingreifen würdigte Polizeipräsident Jürgen Rieger nun gemeinsam mit Timo Zipf und Jonas Allgeier als Vertreter des Fördervereins den aus dem Irak stammenden Familienvater. Als Zeichen der Anerkennung überreichten sie ihm Tickets für einen Freizeitpark, die Ayoub und seiner Familie eine Auszeit ermöglichen sollen.

Er fühlte sich „geehrt und freute sich sichtlich über die Wertschätzung“, heißt es in der Mitteilung. Für Ayoub, der bereits seit 27 Jahren in Deutschland lebt, war es nicht die erste Auszeichnung für seine Heldentat. Anfang des Jahres erhielt er in einer feierlichen Zeremonie die Rettungsmedaille des Landes.

Prozess gegen die Eltern des Schützen steht noch aus

D ie neuerliche Auszeichnung nutzte Ayoub laut Mitteilung dafür, auch persönliche Einblicke in sein Leben nach dem 9. November zu geben. Bei seiner Familie und ihm habe der Vorfall – und vor allem auch die bundesweite Berichterstattung darüber – für viel Wirbel gesorgt. Er berichtete nun unter anderem, dass seine Frau die bisherigen Medienberichte über sein Handeln und seine Medaillenverleihung in großem Rahmen mit Stolz an seine Angehörigen, Freunde und Bekannten im Irak weitergeleitet habe.

Während sich die Aufregung rund um die Bluttat an der Waldbachschule für Ayoub gelegt hat, ist das juristische Nachspiel des Vorfalls noch nicht beendet. Zwar hatte das Landgericht den jugendlichen Angeklagten im Prozess rund um die tödlichen Schüsse im Juli zu acht Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit lautete das Urteil auf Mord und versuchte schwerer Brandstiftung. Der Schuldspruch ist jedoch nicht rechtskräftig, da die Verteidigung dem Gericht zufolge Revision eingelegt hatte.

16-Jähriger für Mitwisserschaft verurteilt

Zudem fiel erst Ende August ein weiteres Urteil rund um die Ereignisse vom 9. November. Das Amtsgericht Offenburg sprach einen 16-Jährigen schuldig, weil er vom Plan des Schützen von der Waldbachschule gewusst, die geplanten Straftaten jedoch nicht angezeigt hatte. Der Jugendliche hatte die Vorwürfe laut Gericht im Wesentlichen eingeräumt und muss nun Erziehungsgespräche bei der Jugendgerichtshilfe führen und sich weiter in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandeln lassen.

Auch die Eltern des Schützen müssen sich noch vor Gericht verantworten. Die Waffe für die Tat stammte offenbar aus dem Haushalt der Eltern. Sie sollen den Tod des 15-jährigen Schülers fahrlässig mitverschuldet haben. Die Hauptverhandlung am Landgericht Offenburg – die mutmaßlich öffentlich geführt wird – ist noch nicht terminiert. Dieser Prozess könnte womöglich Fragen beantworten, die im Verfahren gegen den jugendlichen Schützen offen geblieben sind. So ist das Motiv des damals 15-Jährigen bis heute nicht bekannt.

Der Förderverein

Das Ziel des Vereins der Freunde und Förderer ist es laut eigener Angaben, die breitgefächerte Arbeit des Polizeipräsidiums außerhalb hoheitlicher Aufgaben zu fördern. Dabei wird sich unter anderem für eine ganzheitliche Kriminal- und Verkehrsunfallprävention eingesetzt. Zudem ehrt der Verein Menschen mit besonderer Zivilcourage oder herausragendem Verhalten und unterstützt Personen, die sich in unverschuldeten Notlagen befinden.