Ein Kerzen- und Blumenmeer vor dem Präsidentenpalast in Warschau: Ganz Polen ist tief verstört. Foto: AP

Nach dem Tod des Präsidenten, seiner Frau und vieler Spitzenpolitiker ist Polen in Trauer.

Warschau/Moskau - Ganz Polen verharrt in tiefer Trauer um den tödlich verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski. Bereits am Montagmorgen versammelten sich wieder zahlreiche Menschen vor dem Präsidentenpalast, sie legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Schon in der Nacht waren Abertausende dorthin gezogen, vor den ausliegenden Kondolenzbüchern bildeten sich lange Schlangen, überall hingen weiß-rote Nationalflaggen.

Ein Sprecher der Präsidialkanzlei teilte mit, die sterblichen Überreste des Präsidenten sollten erst beigesetzt werden, wenn alle Opfer der Flugzeugkatastrophe von Smolensk wieder in ihre Heimat übergeführt worden sind. Bislang sind erst 24 der 96 Opfer identifiziert. Bei der Identifikation der anderen müssten aufgrund der schrecklichen Verletzungen DNA-Analysen helfen. Zu den noch nicht identifizierten Opfer gehört auch die Ehefrau Kaczynskis, Maria.

Polen können von Kaczynski Abschied nehmen

Weiter teilte der Sprecher der Präsidialkanzlei mit, dass der Sarg des Verstorbenen, der an diesem Dienstag für die Öffentlichkeit im Präsidentenpalast aufgebahrt werden soll, bis zum Tag des Begräbnisses zugänglich bleiben werde. Die Familie will, dass Lech Kaczynski zusammen mit seiner Frau beigesetzt wird. Der Staatsakt für alle Opfer der Katastrophe werde für kommenden Samstag geplant.

Der frühere polnische Präsident Lech Walesa kritisierte am Montag, dass derart viele wichtige Politiker, Militärs und Staatsbeamte in einem Flugzeug gesessen hätten. "Das war unverantwortlich", sagte er. Es müsse Regeln geben, dass so etwa nicht wieder passieren könne.

Polens Politelite fast komplett ausgelöscht

Unter den Opfern waren neben Kaczynski und seiner Ehefrau unter anderem Vize-Parlamentschef Jerzy Szmajdzinski, Vize-Außenminister Andrzej Kremer sowie viele Parlamentarier. Auch die Ikone der demokratischen Opposition, die legendäre Streikführerin von 1980 in Danzig, Anna Walentynowicz, war an Bord der Tupolew.

Polnische Medien lobten am Montag ausdrücklich die "vorbildliche" Zusammenarbeit mit Russland bei den Ermittlungen über die Absturzursache. Der russische Regierungschef Wladimir Putin hatte seinem polnischen Kollegen Donald Tusk bereits unmittelbar nach dem Absturz am Samstag engste Kooperation und Hilfe bei der Aufklärung versprochen.

Die Frage nach der Schuld wird lauter

Derweil warnten viele Geistliche bei Messen und Gottesdiensten davor, voreilig die Schuldfrage zu stellen. Dennoch wurde diese Frage lauter. Die russische Staatsanwaltschaft schloss eine technische Ursache für den Absturz aus. Die Maschine vom Typ Tupolew TU-154 sei in einwandfreiem Zustand gewesen, sagte Chefermittler Alexander Bastrykin. Der Pilot sei mehrfach auf die schlechte Wetterlage und den Nebel hingewiesen worden und habe trotzdem mehrere Landeversuche unternommen.

In einigen internationalen Pressekommentaren wurde in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass Kaczynski während des Südkaukasuskrieges 2008 auf einem Flug nach Georgien seinen Piloten zum Landen zwingen wollte, obwohl Russland allen Flugzeugen befohlen hatte, die georgische Hauptstadt Tiflis zu meiden.