Die Piloten im Gesundheitssystem sollten die Hausärzte sein. Dennoch sehen sie ihre Interessensvertreter seit Jahren benachteiligt. Das schlägt sich längst in Nachwuchssorgen nieder. Foto: StN

Der Honorarumsatz pro Arzt ist laut Kassenärztlicher Vereinigung zuletzt um 3,6 Prozent gesunken.

Stuttgart - Die Honorarreform hat im vergangenen Jahr den rund 19.000 Ärzten im Land einen herben Verlust beschert: Das belegen die Zahlen, die am Freitag von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) vorgelegt wurden.

"Knapp 60 Prozent erlitten 2009 Umsatzeinbußen, während ihre Kollegen in allen anderen Bundesländern in der Regel deutliche Gewinne verzeichneten", sagte der Vorstandschef der KVBW, Achim Hoffmann-Goldmayer.

100 Millionen Euro weniger als 2008

Vor allem die Orthopäden und die Augenärzte, aber auch Hals-Nasen-Ohren-, Hautärzte und Urologen zählen zu den Verlierern. Das sind im Wesentlichen solche Mediziner, die ihre Leistungen aus dem großen gedeckelten Topf der Regelversorgung beziehen.

Dieser Anteil an den Honoraren - der Fachbegriff dafür lautet morbiditätsbedingte Gesamtvergütung - fiel für Baden-Württemberg im vergangenen Jahr um 100 Millionen Euro niedriger aus als noch im Jahr zuvor.

Zwar gab es bei einzelnen Bestandteilen der nach einem komplizierten System berechneten Honorare auch ein Plus: So wurden etwa Vorsorgemaßnahmen oder ambulante Operationen besser vergütet. "Doch davon profitiert nur der kleinere Teil der Ärzte, viele Fach- und Hausarztpraxen haben hingegen ein echtes Problem", sagte der stellvertretende KVBW-Chef Wolfgang Herz mit Blick auf die Statistik.

"Es muss mehr Geld nach Baden-Württemberg fließen"

Die Zahlen beziehen sich auf das gesamte Jahr 2009 und sind laut KVBW vom unabhängigen Institut des Bewertungsausschusses geprüft. Auch Ministerpräsident Stefan Mappus und Sozialministerin Monika Stolz haben sich Anfang der Woche bereits auf sie bezogen und politische Forderungen daraus abgeleitet: Sie sprachen sich dafür aus, dass die bundesweit zur Verfügung stehenden Mittel im kommenden Jahr "wieder gerechter" auf die Kassenärztlichen Vereinigungen aufgeteilt werden sollten.

Das ist auch das Anliegen der KVBW: "Es muss wieder mehr Geld nach Baden-Württemberg fließen", sagte Hoffmann-Goldmayer. Wenn die Ärzte - wie von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) angedeutet - tatsächlich von den Sparmaßnahmen der neuen Gesundheitsreform ausgenommen blieben, müsste Baden-Württemberg von dem Honorarzuwachs etwas abbekommen.

Der Südwesten zahlt überdurchschnittlich viel

Dies auch deshalb, weil der Südwesten überdurchschnittlich viel Geld in den großen Topf der Kassen abgibt. Mappus monierte dies bereits am Dienstag: "Angesichts einer jährlichen Transferleistung an den Gesundheitsfonds in Höhe von rund zwei Milliarden Euro ist es weder den Ärzten noch den Beitragszahlern in Baden-Württemberg vermittelbar, dass gerade und ausschließlich im Land die Ärztehonorare sinken, während sie in anderen Ländern steigen."

Landesregierung und KVBW sprechen sich für mehr regionale Spielräume für Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen aus. Landesgesundheitsministerin Monika Stolz appellierte dabei auch an die Selbstverwaltung der Ärzte auf Bundesebene, ihre Kollegen im deutschen Südwesten nicht im Regen stehen zu lassen.

"Bei uns geht es um den Erhalt einer gewachsenen und guten ärztlichen Gesundheitsversorgung", so Stolz. Wichtig sei, dass die Umverteilungsproblematik innerhalb der Ärzteschaft entschärft werde.