Ludwig Schmider, Katja Heinzelmann und der kleine Lenny leben sich langsam in ihrem neuen Zuhause ein. Foto: Sum

Knapp zehn Wochen nach dem verheerenden Brand eines Wohnhauses in Aichhalden haben die Bewohner eine neue Bleibe gefunden. Bis es ihr Zuhause wird, dauert es aber wohl noch.

Schramberg/Aichhalden - Es war die Nacht vom 10. auf den 11. September, die Katja Heinzelmann, Ludwig Schmider und den kleinen Lenny alles verändert hat. Ein Feuer hat ihnen alles genommen – das Daheim, die Habseligkeiten und zahlreiche Erinnerungsstücke.

Viel Unterstützung bekamen sie in den Tagen danach von der Familie, Freunden und Bekannten. Einer davon ist Steve Lorenz aus Schramberg, der eine Spendenaktion im Internet ins Leben gerufen hatte. Mehr als 3000 Euro kamen dabei zusammen. Geld, das die drei dringend gebrauchen konnten. "Wir standen vor dem Nichts. Hatten quasi nur noch die Kleider, die wir in der Nacht anhatten", schildern die beiden. Finanzielle Hilfe für den Neustart bekamen sie außerdem über die Versicherung von Schmiders Eltern, denen des abgebrannte Haus gehörte, und von einem Schramberger Unternehmen.

Viele Sachspenden

Immens war die Hilfsbereitschaft aber auch bei Sachspenden: Kleider, Windeln, Kinderbett und Bobbycar – viele Dinge seien ihnen geschenkt worden, sind die beiden dankbar. Auf Freunde und Bekannte konnten sie auch beim Umzug zählen. Heinzelmann und Schmider haben in der Schramberger Talstadt eine neue Bleibe gefunden. Im selben Haus, aber in getrennten Wohnungen – so wie in Aichhalden auch schon. "Das wollten wir gerne so. Schon allein wegen Lenny", sagen die beiden, die früher ein Paar waren, heute noch Freunde sind.

Wohnung hergerichtet

Rund vier Wochen lang haben sie gemeinsam mit Freunden die Wohnung gerichtet, Boden verlegt, gestrichen. Die meisten Möbel hätten die beiden gebraucht gekauft, auch Geschirr und Mikrowelle stammten aus einer Haushaltsauflösung. "Wir haben viel Hilfe und Unterstützung bekommen – dafür sind wir unendlich dankbar", sagen Heinzelmann und Schmider. Immer wieder seien es auch die kleinen Gesten gewesen, die ihnen Hoffnung gegeben hätten: "Eine Frau hat mir zum Beispiel ein Kerzenlicht mit der Aufschrift ›Mutlicht‹ geschenkt", schildert Heinzelmann.

Auch negative Erfahrungen

Doch auch negative Erfahrungen blieben für die beiden nicht aus. "Es gingen so viele Gerüchte rum. Das Jugendamt würde uns Lenny wegnehmen, wir würden nur auf Partys gehen", erzählt Heinzelmann. Sie sei beispielsweise kürzlich in Stuttgart auf einem Konzert gewesen. "Es hätte schon 2020 stattfinden sollen, wurde wegen Corona verschoben", sagt sie – was auch das Datum auf dem Ticket belegt: 15. März 2020. Dennoch sei sie danach mit dem Vorwurf konfrontiert worden, "wir würden die Spendengelder für sowas ausgeben". Sie machten solche Gerüchte traurig. "Wir haben nicht nur Materielles verloren. Auch viele Erinnerungen sind weg", schildert sie.

Noch nicht alles aufgearbeitet

"Wir haben schon genug gekämpft", macht sie klar, dass sie für solchen negativen Erfahrungen eigentlich keine Energie übrig hat. Der 15 Monate alte Lenny kam als Frühchen zur Welt, verbrachte viel Zeit im Krankenhaus und braucht bis heute mehr medizinische Unterstützung als andere Kinder. "So ganz eingewöhnt haben wir uns noch nicht", gibt Heinzelmann zu. Lenny wache nachts noch immer mehrmals auf. Und auch sie habe die Geschehen der Schreckensnacht noch nicht aufgearbeitet. "Es gibt immer wieder Momente, die mich triggern", sagt sie.

Für die kommende Zeit haben Heinzelmann und Schmider bescheidene Wünsche: "Wir hoffen, dass etwas Ruhe in unser Leben kommt. Dass alles normaler läuft. Und vor allem, dass sich Lenny weiterhin gut entwickelt."

Info: Der Brand

Das Wohnhaus in der Aichhalder Rathausstraße ist seit dem Feuer der Nacht von 10. auf 11. September nicht mehr bewohnbar. Die Polizei schätzte den Schaden damals auf 500 000 Euro. Die Brandursache indes ist offenbar noch nicht klar. Hatte die Polizei in den Tagen danach von "vagen Hinweisen" auf einen technischen Defekt gesprochen, laufen die Ermittlungen aktuell in alle Richtungen. Auch Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen.