Dieses Tiktok-Video über das Familiendrama in Villingen geht derzeit in den sozialen Netzwerken viral. Der Inhalt ist allerdings frei erfunden. Foto: Marc Eich

Als ob die Familientragödie in Villingen nicht schrecklich genug wäre, werden über Tiktok nun auch niederträchtige Falschinfos verbreitet. Die Polizei zeigt sich fassungslos, klärt auf und prüft auch strafrechtliche Folgen.

„Schock in Villingen-Schwenningen – Familie brutal ermordet“ – so beginnt ein Video im sozialen Videonetzwerk Tiktok. Es zielt auf das schreckliche Familiendrama in der Villinger Hammerhalde ab. Der Inhalt ist zwar frei erfunden, dennoch wird er offensichtlich von vielen, insbesondere jungen Nutzern, teilweise für die Realität gehalten.

 

In dem rund einminütigen Video mit Bildern, die aus dem Zusammenhang gerissen und nicht in Verbindung zu dem Drama in dem Einfamilienhaus stehen, werden gezielt Lügen gestreut: Die Polizei stehe vor einem Rätsel, die Tat könne „mit einem Kultritual zusammenhängen“, an den Leichen seien „ungewöhnliche Symbole und Schnitte“ gefunden und „zahlreiche okkulte Gegenstände“ seien gesichert worden. Als ob dies nicht schon schlimm genug wäre: In dem Video wird der Vater als „Hauptverdächtiger“ diffamiert, er sei auf der Flucht.

„Abartiger Unsinn“, bringt es Polizeisprecher Marcel Ferraro im Gespräch mit unserer Redaktion unverblümt auf den Punkt. Aus Sicht der Ermittler gibt es derzeit keinen Zweifel daran, dass die 45-jährige Mutter zunächst ihre beiden Söhne und dann sich selbst tötete. Der 45 Jahre alte Vater fand die Leichen in dem Einfamilienhaus, er wird nach dem Schock psychologisch betreut. Keinesfalls sei er auf der Flucht. „Ich weiß gar nicht, wie man auf sowas kommt“, fehlen selbst dem Polizeisprecher die Worte in Bezug auf das Video. Weitergehende, neue Erkenntnisse gebe es bislang nicht.

Video könnte strafrechtlich relevant sein

Das Video liegt den Beamten vor, es werde geprüft, „auch strafrechtlich“, macht Ferraro deutlich. Hierbei sei nun auch die Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde im Boot. Denn tatsächlich könne die Verbreitung von Falschinformationen strafrechtlich relevant werden, wie der Polizeisprecher erklärt. In bestimmten Fällen könnten Fake News auf unterschiedliche Weise verfolgt werden.

In Betracht kommen, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth jüngst in einem anderen Fall unserer Redaktion erklärte, Straftaten wie Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Beleidigung, Verleumdung, Volksverhetzung, Üble Nachrede, Politische Verdächtigung und auch Vortäuschung einer Straftat.

Verunsicherung bei Schülern

Besonders niederträchtig scheint das Video nicht nur in Bezug auf den ohnehin furchtbar gescholtenen Vater, sondern auch mit Blick auf die Verunsicherung, die der Inhalt insbesondere bei Kindern und Jugendlichen auslöst. Denn die Fake News sind auch bis zu den Mitschülern der beiden getöteten Brüdern an einer Schule in VS vorgedrungen. Die dortige Schulleitung hatte Eltern darüber informiert, „dass unter den SchülerInnen auch Unwahres kursiert“. Sie macht richtigerweise auf den offiziellen Polizeibericht aufmerksam, über den gesicherte Informationen der Behörden an die Öffentlichkeit gebracht werden.

Die Klassenkameraden aber auch die weiteren Mitschüler werden Informationen unserer Redaktion zufolge aufgrund der „herausfordernden Zeit“ weiterhin betreut. So steht demnach eine Psychologin bereit, die bei Bedarf Einzel- und Gruppengespräche in der Schule anbietet. Auch seien Eltern „besonders gefordert“, diese Situation zuhause aufzufangen, heißt es in einer Mitteilung an die Eltern. Die Schule unterstützt dabei aktiv die Krisenintervention mit spezialisiertem Infomaterial.

Auch Schock in Villinger Schule

Auch ehemalige Mitschüler einer Schule in Villingen stehen unter Schock und hielten eine Andacht ab. Die dortige Schulleitung hatte ebenfalls Notfallseelsorger beauftragt, um den Jugendlichen die Möglichkeit eines professionellen Austauschs anzubieten. Zudem werde ein Trauerraum eingerichtet. „Wir sind tief betroffen und denken an die Opfer und fühlen mit den Angehörigen und Freunden“, heißt es in der Mitteilung. Worte, die sicherlich für viele Menschen in der ganzen Region gelten.