Die Herzdruckmassage ist das Allerwichtigste, was ein Helfer sofort einleiten muss. Foto: Platoo Fotography/ Shutterstock

Ein Fall aus Deißlingen hat für Aufregung und offene Fragen gesorgt: Stefanie Sälinger leidet seit einem Herzstillstand an schweren Folgen. Sie kam zu spät ins Krankenhaus. Es wäre anders verlaufen, wenn ihr Begleiter richtig reagiert hätte, sagt ihr Mann.

Kreis Rottweil - Knut Sälinger will aufrütteln und darauf aufmerksam machen, wie wichtig bei jedem einzelnen genaue Kenntnisse darüber sind, was im Notfall zu tun ist. Wir haben dazu den Rottweiler DRK-Kreisgeschäftsführer Ralf Bösel befragt.

Im Auto zusammengesackt

Doch zunächst zum Fall der Sälingers: Knut Sälinger ist die Aufregung heute noch anzumerken, wenn er von dem schicksalsträchtigen Tag 2018 erzählt. Seine Frau hatte sich mit einem Bekannten in der Au in Rottweil getroffen, um gemeinsam einen Kaffee trinken zu gehen, als sie plötzlich im Auto zusammensackte und das Bewusstsein verlor – ein Herzstillstand, wie sich später herausstellte.

Bekannter fährt selbst mit bewusstloser Frau in die Klinik

"Statt dass der Bekannte einfach schnellstes den Notarzt gerufen hätte, hat er sie einfach so sitzen lassen und ist mit ihr selber ins Krankenhaus gefahren", schildert Sälinger. In der Helios-Klinik habe man sich sofort um sie gekümmert und sie reanimiert, ist Sälinger dankbar. Doch auf der Fahrt im Privatauto sei viel zu viel Zeit vergangen. Der Bekannte habe sich, so sagt Knut Sälinger, später noch entschuldigt, dass er an jeder roten Ampel gehalten habe. "Keiner weiß, wie viel Zeit da verloren ging", so der Ehemann der heute schwerbehinderten Frau.

Fragen an Ralf Bösel, DRK-Kreisgeschäftsführer

Ein anderer Mensch kollabiert plötzlich, ist nicht mehr ansprechbar – eine Situation, in die jeder geraten kann. DRK-Kreisgeschäftsführer Ralf Bösel gibt auf Anfrage unserer Redaktion Antworten:

Wie verhalte ich mich richtig? Was in welcher Reihenfolge?

 "Allem voran steht der Eigenschutz (Handschuhe/Mund-Nasenmaske) sowie Gefahrenquellen abwägen und Notfallstelle absichern. Die Verletzte/Ohnmächtige Person ansprechen, anfassen. Wenn es keine Reaktion gibt, den Verletzten in Rückenlage bringen, den Kopf vorsichtig nach hinten überstrecken und die Atemkontrolle durchführen (hören, sehen, fühlen). Ist die Atmung vorhanden, wird die ohnmächtige Person in die Seitenlage verbracht – Notruf veranlassen.

Beim Verletzten bleiben und weiterhin betreuen. Wärmeerhalt beachten (Rettungsdecke…) und regelmäßig die Atmung kontrollieren.

Sollte die Atmung nicht vorhanden sein, den Verletzten wieder auf den Rücken legen und auf hartem Untergrund sofortiger Beginn der Herz-Lungen-Wiederbelebung. Den Notruf über Lautsprecher am Handy durchführen und die Herzdruckmassage nicht unterbrechen. Wenn Beatmung möglich, 30 Mal Herz-Druckmassage und zweimal beatmen! Sollte die Beatmung nicht möglich sein, wird die Herzdruckmassage kontinuierlich ohne Pause im Rhythmus von etwa 100 Mal/Minute durchgeführt. Die Druckmassage nicht unterbrechen, bis der Rettungsdienst diese übernimmt!

Also muss man sich nicht scheuen, im Ernstfall den Notruf zu wählen?

"Der Notruf sollte immer und ohne Zögern umgehend bei Notsituationen erfolgen. Die Mitarbeiter der Integrierten Leitstelle in Rottweil bearbeiten den Notruf mittels einer strukturierten Notrufabfrage (SNA) um alle erforderlichen Informationen zu erhalten. Je nach Meldebild des Anrufers wird der Rettungsdienst und bei Bedarf der Notarzt alarmiert. Beim Notruf sind manche verwundert – die erste Frage des Leitstellendisponenten an den Hilfeersuchenden lautet: ›Wo sind Sie?‹. Dies ermöglicht eine schnelle Entsendung der Rettungsmittel an den Notfallort. Früher wurden in der Ersten Hilfe noch die "5 W-Fragen" gelehrt. Diese entfallen, da der Disponent den Anrufer durch den Notruf ›führt‹.

Und was ist mit der Fahrt in die Klinik auf eigene Faust?

Bei Bagatellverletzungen kann man natürlich selbst zum Arzt oder in die Klinik fahren. Allerdings raten wir im Notfall dringend davon ab. Oftmals wird von den Helfern angenommen, dass durch die direkte Anfahrt zur Klinik eine schnellere Versorgung erfolgt. Doch in der Realität geschieht genau das Gegenteil! Durch den Transport über den Rettungsdienst wird neben der sofortigen Versorgung vor Ort die entsprechende Zielklinik vorab informiert, so dass bei Ankunft in der Klinik der Verletzte bereits erwartet wird und die weitere Behandlung erfolgt. Der Notruf erfolgt über die Nummer 112.

Übrigens: Im Kreis Rottweil ist das Projekt "Herzsicheres Rottweil" derzeit in der Umsetzung, so dass immer mehr Laien-Defibrillatoren in den Gemeinden zur Verfügung stehen."

INFOS

Weitere Infos zur Aktion finden Sie auf den Seiten der Björn-Steiger-Stiftung.