Boris Palmer hat mit umstrittenen Äußerungen auf Facebook eine neue Diskussion über seinen Parteiausschluss in Gang gebracht. Foto: imago images/ULMER Pressebildagentur/ULMER via www.imago-images.de

Mit einem Facebook-Post über Dennis Aogo löst der Tübinger Oberbürgermeister eine Diskussion aus. Einigen Parteikollegen ist Boris Palmer endgültig zu weitgegangen. Jetzt mischt sich auch Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ein.

Stuttgart - Nach umstrittenen Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer über den Fußballer Dennis Aogo könnte ihm der Parteiausschluss drohen. „Die Äußerung von Boris Palmer ist rassistisch und abstoßend“, twitterte die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. „Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, macht es nicht ungeschehen.“ Die Äußerungen reihten sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und verletzen, so Baerbock weiter: „Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren. Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren.“

Auf dem Landesparteitag der Grünen am Samstag haben mehrere Parteimitglieder den Antrag gestellt, ein Parteiausschlussverfahren in Gang zu bringen. Landesvorstand Oliver Hildenbrand warb für den Antrag und sprach von einem „rassistischen und abstoßenden“ Post. Eigentlich waren die Delegierten der Grünen am Samstag digital zusammengekommen, um über den grün-schwarzen Koalitionsvertrag abzustimmen.

Diskussion über N-Wort

In der Nacht hatte sich in sozialen Medien eine Diskussion über einen Facebook-Post Palmers über den Fußballer Dennis Aogo entsponnen. In einem Kommentar hatte er Aogo unter anderem als Rassisten bezeichnet. Am Samstagmorgen erklärte Palmer auf Facebook, er sei falsch verstanden worden. In seinem Ursprungspost hatte er das Auftrittsverbot von Dennis Aogo und Jens Lehmann kritisiert. Ein Mitglied der Grünen Jugend habe daraufhin geschrieben: „Na mal wieder Rassismus relativieren?“ Die Struktur dieses Vorwurfs habe Palmer in seiner Antwort aufgegriffen und durch das Stilmittel der Ironie ins Groteske überzeichnet: „Meine Kritik am Auftrittsverbot von Aogo und Lehmann mit Rassismus in Verbindung zu bringen, ist so absurd, wie Dennis Aogo zu einem ’schlimmen Rassisten’ zu erklären, weil ihm im Internet rassistische Aussagen in den Mund gelegt werden. Der Satz mit dem N-Wort ist nachweisbar ein wörtliches Zitat.“

Das Zitat bezieht sich auf einen Screenshot, in dem eine Facebook-Nutzerin dem früheren Fußballspieler Aogo vorwirft, vor vielen Jahren eine Freundin mit dem Vorschlag belästigt zu haben, sich seinen „dicken Negerschwanz*“ zu „gönnen“. Für die angebliche Aussage Aogos gibt es keine verlässliche Quelle.

Diskussion über Cancel Culture

Ausgangspunkt der Diskussion war Post, in dem Palmer einen Artikel über die verbalen Entgleisungen der Fußball-TV-Experten Aogo und Jens Lehmann Bezug nimmt. Lehmann hatte den Ex-Bundesliga-Profi Aogo in einer WhatsApp-Nachricht als „Quotenschwarzer“ bezeichnet. Aogo wiederum benutzte in einer Livesendung den Ausdruck „Trainieren bis zum Vergasen“. Lehmann verlor daraufhin seinen Job beim Sender Sky und seinen Posten als Aufsichtsrat bei Hertha BSC. Auch Dennis Aogo wird vorerst nicht mehr als Experte bei Sky auftreten.

Genau vor einem Jahr hatte der Landesvorstand der Grünen einen Beschluss zu Boris Palmer gefasst. „Der Landesvorstand stellt fest, dass Boris Palmer unserer Partei schadet“, heißt es darin und „Der Landesvorstand erwartet, dass Boris Palmer unsere Partei verlässt.“

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zu seiner Wortwahl teilte Palmer am Samstagvormittag mit: „Ich habe Aogo gegen einen unberechtigten Shitstorm in Schutz genommen. Daraus wird durch böswilliges Missverstehen ein Rassismusvorwurf. So wird ein repressives Meinungsklima geschaffen. Ich halte es geradezu für eine Bürgerpflicht, diesem selbstgerechten Sprachjakobinertum die Stirn zu bieten.“

+++ Anmerkung +++

* Wir haben uns in der Redaktion dazu entschieden, dieses Wort als Zitat vollständig aufzuschreiben. Wir wissen jedoch, dass es ein rassistischer Begriff ist, den wir damit duplizieren. Aus Gründen der Vollständigkeit lassen wir das Wort unzensiert.