Der Wirbel um die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Polizei und Aktivisten bei einer Anti-AfD-Demo Anfang März bricht nicht ab. Nun hat sich der Landesverband der Partei „Die Linke“ zu Wort gemeldet – und fordert Konsequenzen für die Einsatzleitung. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa/Philipp von Ditfurth

Nach der Datenpanne der Polizei bei der Anti- AfD-Demo in Offenburg hat sich nun der Landesverband der Partei „Die Linke“ eingeschaltet. Er fordert den Landtag auf, einen „unabhängigen Sonderermittler“ zu bestellen, der für Aufklärung sorgen soll.

„Polizeigewalt, Bezüge zum NS-Regime und Datenpanne“ lautet der Titel einer Mitteilung des Landesverbands „Die Linke“ zum eskalierten Polizeieinsatz. Entsprechend schwere Geschütze fahren die Landessprecher der Partei, Elwis Capece und Sahra Mirow, auf: Es sei fraglich, dass die Polizei überhaupt noch auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, heißt es etwa in der Mitteilung vom Samstag. Zudem ist die Rede von einem „schweren Verstoß gegen den Datenschutz“ und einem „überzogenem Polizeieinsatz“. Die Partei fordert einen Sonderermittler zur Aufklärung der Vorkommnisse und „rechter Strukturen“ in der Landespolizei.

Konsequenzen für Einsatzleitung gefordert

Anlass für die Kritik sind die Vorfälle rund um die Anti-AfD-Demo in Offenburg vom Samstag, 4. März. Aktivisten und Polizei gerieten aneinander. Beide Seiten warfen sich im Nachgang mangelnde Kooperationsbereitschaft und die Schuld an der Eskalation vor. Einige Dutzend Menschen wurden verletzt. Bei der Auseinandersetzung landeten zu allem Überfluss Einsatzdokumente mit sensiblen Daten in die Hände der Aktivisten – und später im Internet. Unter anderem wurden so Namen, Adressen und Telefonnummern von Demo-Anmeldern veröffentlicht.

Laut „Die Linke“ Baden-Württemberg gehe aus dem ebenfalls veröffentlichten Einsatzbefehl zum AfD-Landesparteitag hervor, dass Zivilpolizisten in der Demonstration anwesend gewesen seien. Vor allem das Kennwort „Barbarossa“, mit dem sich die Beamten in Zivil dem Einsatzbefehl zufolge ihren uniformierten Kollegen zu erkennen geben sollten, sorgt für Kritik. „Der Einsatz von Zivilpolizisten bei dem Polizeieinsatz in Offenburg unter dem Codewort ,Barbarossa’ ist untragbar“, erklärt Landessprecher Elwis Capece. „Wie kann es sein, dass die Polizei ein Codewort verwendet, das den Angriffskrieg der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion bezeichnet? Wir fordern hierzu lückenlose Aufklärung und Konsequenzen für die Einsatzleitung vor Ort und die landesweiten Polizeistrukturen“, erklärte Capece in der Mitteilung seiner Partei.

Wie die geforderten Konsequenzen aussehen könnten, schilderte Capece am Sonntag auf Nachfrage unserer Redaktion – und schlug  dabei moderatere Töne an.  „Die Polizei sollte sich äußern und mit dem Thema auseinandersetzen.“ Er wünsche sich eine „gemeinsame Aufarbeitung“ des Vorfalls. „Dann schaut man, ob es da zu einer Verständigung kommt oder ob man damit leben muss, dass es auch unterschiedliche Wahrnehmungen gibt.“

Für die Wahl des Kennworts habe er kein Verständnis. „Selbst wenn es am Ende ein blöder Zufall war, darf das nicht passieren“, betonte er. Dann müsse sich die Polizei ehrlich machen und es „nicht einfach wegschweigen“.

Polizei äußert sich nicht zu umstrittenem Kennwort

Tatsächlich hielt sich die Polizei zuletzt bedeckt. Fragen unserer Redaktion rund um besagtes Kennwort wollte das Polizeipräsidium Offenburg nicht beantworten. Auch dazu, wie die Dokumente in die Hände der Aktivisten gerieten, hielt sich die Polizei zurück. Noch sei unklar, ob die Schriftstücke „im Gerangel zwischen Polizeibeamten und den Gewalttätern entrissen wurden oder sie hierbei auf den Boden gefallen sind“, hieß es Ende vergangener Woche.

Zwischenzeitlich sind Videos entnommene Standbilder des Gerangels zwischen Polizei und Aktivisten aufgetaucht, die zeigen sollen, wie ein Schnellhefter mit den sensiblen Dokumenten auf der Straße liegt. Worum es sich genau handelt, ist nicht sicher auszumachen. Die Papiere sollen Polizeibeamte zusammengerollt in einer Tasche ihrer Hose auf Wadenhöhe gehabt und im Gerangel verloren haben, war zuletzt aus linken Kreisen zu hören. Aufnahmen vom Tag des Geschehens scheinen die Theorie zu untermauern.

„Es darf nicht sein, dass sensible Daten wie Namen und Adressen von Demo-Anmeldern der Polizei einfach verloren gehen. So ein Fehlverhalten der Polizei gefährdet auch das Versammlungsrecht“, kritisiert Mirow. Die Vorfälle in Offenburg seien ein schwerer Verstoß gegen den Datenschutz. Die Betroffenen seien zudem nicht benachrichtigt worden, obwohl die Polizei gewusst habe, dass sie die Namen und Adressen der Anmelder der drei Demonstrationen rund um den AfD-Parteitag verloren hatte.

„Barbarossa“

Der Begriff „Barbarossa“ – italienisch für „roter Bart“ – war im Laufe der Jahrhunderte eine Bezeichnung für vieles. Als „Unternehmen Barbarossa“ ging er als Deckname für den deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 in die Geschichte ein. Ursprünglich handelte es sich um den Beinamen des mittelalterlichen Staufer-Kaisers Friedrich I. Später trugen zwei osmanische Korsaren, mehrere Kriegsschiffe, Filme und sogar ein italienischer Liedermacher diesen Namen.