Donald Trump will Steuern senken und mehr Schulden machen. Die unabhängige Notenbank könnte ihn dabei stören. Die mächtigste Instanz in Sachen Geldpolitik weltweit muss sich darauf einstellen, dass sie von dem Republikaner an die kurze Leine gelegt wird.
Frankfurt - Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, dass er als Präsident massiv die Steuern senken will, um damit die US-Konjunktur anzukurbeln. Wie er das finanzieren will, hat er bisher offen gelassen. Auch die US-Banken dürfen hoffen, denn der nun gewählte künftige Präsident hat auch eine Deregulierung der Finanzbranche angekündigt, die strengen Regeln, die nach der Finanzkrise 2007/2008 eingeführt wurden, sollen unter dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten wieder einkassiert werden.
Noch ist das alles nicht spruchreif, sondern Wahlkampfgetöse. Absehbar ist aber, dass Trump mit seinen Vorstellungen bei der US-Notenbank Fed auf wenig Gegenliebe stoßen wird. Am Tag nach der Wahl betonte vorsorglich der Präsident des kalifornischen Ablegers der Fed in San Francisco, John Williams, dass die Unabhängigkeit der Notenbank „sehr wichtig“ sei. Trump hatte im Wahlkampf Fed-Chefin Janet Yellen als „Befehlsempfängerin“ des amtierenden demokratischen Präsidenten Barack Obama bezeichnet und die anhaltende Niedrigzinspolitik hart kritisiert. Williams signalisierte nun, dass die Notenbank am Kurs der behutsamen geldpolitischen Straffung festhalte: „Die Debatte über sukzessive Zinsanhebungen ist meiner Ansicht nach weiter sinnvoll.“
Für manche Beobachter ist allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank bereits im Dezember die geldpolitischen Zügel weiter anzieht, durch den Wahlausgang gesunken. „Die Anhebung ist erst einmal abgesagt. Die Fed wird nicht riskieren wollen, dass die Konjunktur weiter belastet wird“, meint etwa der Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther. Der Ökonomie-Professor lehrt zurzeit an der kalifornischen Elite-Universität Stanford und analysiert den Wahlsieg der Republikaner vor Ort. Entscheidend seien für ihn weiter die Konjunkturdaten, betonte dagegen Williams. Die Fed hat eine baldige Erhöhung des seit Dezember 2015 in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent liegenden Leitzinses signalisiert, falls die Wirtschaft auf Kurs bleibt. Allerdings hatten die US-Währungshüter dieses Jahr bereits mehrfach einen Rückzieher gemacht, da mit einem Börsenbeben in China, dem Verfall des Ölpreises und später mit dem Anti-EU-Votum der Briten Störfeuer von außen dazwischenkamen.
Nun also könnten die Ankündigungen des künftigen US-Präsidenten dazu führen, dass die Notenbanker noch mehr Vorsicht walten lassen wollen, heißt es bei Volkswirten. Zwar werde „nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, wie etwa die Landesbank Hessen-Thüringen in einer Analyse schreibt, aber für die Fed bedeutet der Wechsel im Präsidentenamt durchaus eine Kehrtwende. Die mächtigste Instanz in Sachen Geldpolitik weltweit muss sich darauf einstellen, dass sie von dem Republikaner an die kurze Leine gelegt wird. Schon seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 lauern republikanische Gegner der mehr als 100 Jahre alten Zentralbank im Kongress auf ihre Chance, das Institut härter an die Kandare zu nehmen. Sie sagen den Währungshütern Bürgerferne und eine ungute Nähe zur Wall Street nach. Wie Fed-Chefin Yellen auf die neue Lage reagieren wird, ist noch offen. Insider sagen vorher, dass sie auf keinen Fall eine neue Amtszeit erleben wird, manche halten gar einen Rücktritt vor Ablauf der jetzigen Periode im Februar 2018 für möglich. Zudem kann Trump als Gegner des Washingtoner Establishments mit der Besetzung vakanter Fed-Direktorenposten künftig weitere Duftmarken setzen. „Es droht ein Konflikt zwischen Trump und der Notenbank. Die Regierung wird sich durchsetzen“, prophezeit die Commerzbank. Im Kongress gibt es im Rahmen der Initiative „Audit the Fed“ bereits Bestrebungen, die Notenbank dazu zu zwingen, ihre Entscheidungsprozesse transparenter zu machen. Einige Republikaner wollen das Doppelmandat der Fed - Förderung von Vollbeschäftigung und Sicherung der Preisstabilität - einengen oder teils sogar massiv einschränken.
Wie die Europäische Zentralbank auf eine Änderung der Geldpolitik in den USA reagieren würde, ist nach Ansicht der Experten völlig offen. EZB-Präsident Mario Draghi und seine Kollegen haben in erster Linie die Entwicklung in Europa bei ihren Entscheidungen im Auge – sind aber nicht ganz unabhängig davon, wie sich die Zinsen in der größten Volkswirtschaft der Welt entwickeln. Der Chefvolkswirt der EZB, Peter Praet betonte, die Kommunikation der Notenbank zur Geldpolitik werde wegen des US-Wahlergebnisses nicht geändert. Die EZB werde ihre konjunkturstützende Ausrichtung solange beibehalten, bis die Inflation zur angestrebten Zielmarke von knapp zwei Prozent zurückkehre. Die EZB hält die Leitzinsen im Euro-Gebiet momentan auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, um günstige Kreditbedingungen zu garantieren. Zudem pumpen die Euro-Wächter seit März 2015 Woche für Woche mit dem Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Milliarden in das Bankensystem, um die Darlehensvergabe anzukurbeln. Sie will damit der Wirtschaft unter die Arme greifen und die aus ihrer Sicht viel zu niedrige Inflation anheizen. Das auf 1,74 Billionen Euro angelegte Programm soll noch bis mindestens Ende März 2017 laufen.