Ein öffentliches Bekenntnis von Joachim Löw zum Bundestraineramt steht weiter aus. Foto: dpa

Der Traum von einem neuen Sommermärchen - DFB-Chef Niersbach erwartet noch vor dem Urlaub ein klares Signal von Bundestrainer Löw. Mit dem Weltmeister-Coach sollen erste EM-Weichen gestellt werden.

Der Traum von einem neuen Sommermärchen - DFB-Chef Niersbach erwartet noch vor dem Urlaub ein klares Signal von Bundestrainer Löw. Mit dem Weltmeister-Coach sollen erste EM-Weichen gestellt werden.

Bad Gögging/Mainz - Ein öffentliches Bekenntnis von Joachim Löw zum Bundestraineramt steht weiter aus - das nächste große Projekt wartet aber schon auf den innerlich aufgewühlten Weltmeister. Noch vor dem Ferienstart des 54-jährigen Löw will DFB-Präsident Wolfgang Niersbach mit seinem Wunschtrainer für Klarheit sorgen und sogar die ersten Weichen Richtung EM 2016 in Frankreich stellen. „Wir wollen uns jetzt wahrscheinlich nächste Woche nochmal in Ruhe zusammensetzen und die Planungen angehen, bevor er in den Urlaub geht“, kündigte Niersbach am Samstagabend im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF an. Der 63 Jahre alte Verbandschef tritt seit dem WM-Finale in Rio de Janeiro praktisch als Einzelkämpfer allen Spekulationen um Löw entgegen - und das mit unerschütterlicher Standfestigkeit. Bereits am Rande des Verbandstages des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) in Bad Gögging hatte Niersbach versichert, dass es „kein Anzeichen“ für einen Abschied von Löw als Weltmeistercoach gebe. Ein Szenario wie bei Kapitän Philipp Lahm, der den Verbandschef mit seinem Rückzug aus der deutschen Nationalmannschaft „perplex“ gemacht hatte, kann und will sich Niersbach bei Chefcoach Löw nicht ausmalen. „Beide, er und ich, sind total entspannt“, versicherte der DFB-Präsident. „Wir wollen weiter zusammenbleiben, weil es wunderbar passt, fachlich, menschlich, atmosphärisch. Daran hat sich überhaupt nichts geändert“, beteuerte der Verbandsboss. Dass sich Löw auch eine Woche nach seiner Krönung beim 1:0-Finalsieg gegen Argentinien nicht konkret zu seiner Zukunft erklärt hat, kann Niersbach nachempfinden.

„Er war so fokussiert auf diese WM. Diese WM war sein Meisterwerk“, schilderte der Verbandschef: „Wie er diese Mannschaft gecoacht hat mit einer Souveränität, mit einer Ruhe auch in einer Phase, wo es mal ein Stück brenzlig wurde. Da hat er eine Autorität ausgestrahlt. Die Mannschaft hat ja genau auf ihn geachtet. Wenn in einer solchen Situation der Anführer ein bisschen wackelt, dann wird es problematisch für das Ganze. Das Gegenteil war hier der Fall.“

Für Niersbach ist Löws Chefposition bei EM keine Frage

Für Niersbach ist es keine Frage, dass Löw beim Neustart am 3. September in Düsseldorf wieder gegen Argentinien sowie vier Tage später im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland in Dortmund der Chef sein wird: „Die Dinge sind geklärt. Und es ist klar, wer dann auf der Bank sitzen wird.“ Niersbach betonte zudem: „Wir haben nicht nur das Wort, wir haben den Vertrag.“ Dieser war mit Löw schon weit vor der WM in Brasilien bis Mitte 2016 verlängert worden.

Auch die Spieler warten im Urlaub gespannt auf ein eindeutiges Signal von Löw: „Ich hoffe natürlich, dass er unser Trainer bleibt“, sagte Abwehrspieler Jérome Boateng in der „Welt am Sonntag“. Löw hatte eine Kontaktaufnahme mit seinen WM-Helden angekündigt.

Die Motivationsfrage stellt sich für Niersbach beim Bundestrainer nicht. Dieser habe selbst „die Parallele“ zu Spaniens Nationalcoach Vicente del Bosque gezogen. Del Bosque hatte nach dem WM-Titel 2010 ebenfalls zwei Jahre später die EM mit der spanischen Auswahl gewonnen. „Das ist auch das Ziel von Joachim Löw“, sagte Niersbach.

Eine der ersten Aufgaben bei der Gestaltung der Zukunft wird - falls Löw seinen Vertrag tatsächlich erfüllen will - die Suche nach einem Nachfolger für Co-Trainer Hansi Flick sein. Der 49-Jährige wechselt auf den vakanten Posten des DFB-Sportdirektors. Löw hat das Vorschlagsrecht für den neuen Assistenten. Die Tendenz gehe zu einem Mann aus dem verbandseigenen Nachwuchstrainer-Bereich, verriet Niersbach und ergänzte: „Es könnten übrigens auch zwei sein.“

Für Löw öffnen sich trotz des Weltmeister-Titels neue Ansatzpunkte und sogar Baustellen, die er in den kommenden Monaten bearbeiten könnte. Er müsste einen neuen Kapitän bestimmen, vor allem aber einen Nachfolger für Alleskönner Lahm auf dem Spielfeld finden. „Wir haben auf drei Positionen insgesamt Probleme. Das sind die beiden Außenverteidiger und die klassischen Stürmer“, erklärte Niersbach. Beim nach wie vor kleinen Umbruch nach der WM könnte auch der 36 Jahre alte Torjäger Miroslav Klose keine Rolle mehr spielen. Den DFB motiviert der WM-Titel auf jeden Fall zu neuen Taten und Zielen.

Man werde sich „nicht zurücklehnen“, kündigte Niersbach am Wochenende in Niederbayern an: „Wir wollen nicht wieder 24 Jahre warten, um Weltmeister zu werden.“ Ein „ganz großes Ziel“ sei es, in zehn Jahren die EM-Endrunde auszurichten. „Wir wollen auch mal wieder ein Sommermärchen in Deutschland erleben“, sagte der DFB-Chef. Löw wäre dann übrigens 64 Jahre - immer noch deutlich vor der Rente mit 67.