Im Oktober wurden fünf Goldschakale im Schwarzwald-Baar-Kreis entdeckt. Bald also auch in der Ortenau? (Symbolfoto) Foto: Ondrej Prosicky/ Shutterstock

Wölfe wurden im Ortenaukreis immer wieder gesichtet. Nun tritt ein neues Tier auf den Plan – im Nachbarkreis wurden Goldschakale nachgewiesen. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass die Tiere auch in die Region kommen?

Ortenau - Etwas größer als ein Fuchs, jedoch kleiner als ein Wolf – Im Oktober wurden fünf Goldschakale im Schwarzwald-Baar-Kreis entdeckt. Das Besondere daran: Zum ersten Mal wurde nachgewiesen, dass die Tiere sich innerhalb Deutschlands vermehren. "Wir gehen davon aus, dass die vier Jungtiere ungefähr im Mai 2021 geboren wurden", erklärt Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg. Da die Welpen in einem Alter von ein bis zwei Jahren die Familie in der Regel verlassen würden, sei es möglich, dass die Tiere auch in Richtung Ortenaukreis wandern.

"Wenn die Tendenz anhält, halte ich es für wahrscheinlich, dass es auch hier Nachweise geben wird. Zumindest von einzelnen Tieren, die eventuell auch nur durch die Ortenau hindurchwandern", sagt auch Petra Rumpel, Geschäftsführerin des Umweltzentrums Ortenau. Die allmähliche Verbreitung des Goldschakals würde der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit Interesse verfolgen, das Thema sei aber noch nicht sehr präsent. Doch was würde passieren, wenn die Tiere auch durch unsere Wälder spazieren?

"Bei der geringen Anzahl von Tieren, die man bisher nachgewiesen hat, ist nicht mit deutlichen Auswirkungen zu rechnen und ob es je zu einer großen Population von Goldschakalen kommt, ist ungewiss", so Rumpel auf Nachfrage unserer Zeitung. Bis jetzt würden sich die Tiere einfach als weitere Beutegreifer in die Wälder einfügen. Aufgrund des Körpermaßes seien Angriffe auf größere Tiere, wie Rehe oder Schafe, selten. "Die Tiere sind sehr scheu und bisher sehr zurückgezogen in den Wäldern unterwegs", erklärt die Umweltexpertin. Gefahren für Haustiere seien deshalb bisher nicht zu befürchten.

"Wir werden Goldschakale bekommen." Peter Bux, Jägervereinigung Lahr

"Man geht davon aus, dass die Ausbreitung des Goldschakals nach Norden eine Folge der steigenden Temperaturen ist", so Rumpel. Außerdem gebe es in Deutschland noch immer sehr wenige Wölfe, was die Ausbreitung der Tiere ebenfalls unterstütze. Die Verbreitung der Tiere werde weder aktiv gefördert noch werde versucht, sie zu bremsen. Die Geschäftsführerin des Umweltzentrums verweist auch auf das Bundesnaturschutzgesetz: Demnach ist es verboten, "Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten."

"Wir werden Goldschakale bekommen, das habe ich vor drei Jahren schon gesagt", so Peter Bux im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist der Verantwortliche für Wildtiere und Lebensraum der Jägervereinigung Lahr. "Wir wissen von dem Tier noch recht wenig", erklärt er. Deshalb würden die Jäger aktuell in erster Linie ganz genau hinschauen und abwarten.

Dabei spielten Fotofallen eine entscheidende Rolle. Über diese Wildkameras sei es möglich, auf die Tiere aufmerksam zu werden. Zusätzlich sei ein Artenspürhund im Einsatz, der speziell auf den Geruch von Goldschakalen trainiert sei, informiert Böcker von der FVA. Bei der Beobachtung und Auswertung arbeitet Bux eng mit der Forschungsanstalt zusammen. "Es ist wichtig, dass es diese neutrale Instanz, bestehend aus hoch qualifizierten Wissenschaftlern gibt", erklärt er.

Die Tiere, die man momentan sehe, seien noch Einzelfälle. "Wie viele es wirklich sind, wissen wir nicht." Das Ziel sei es, Informationen zu sammeln, um daraus Handlungsleitfaden abzuleiten. Mehr sei zum jetzigen Zeitpunkt auch gar nicht möglich – der Goldschakal sei in Deutschland nicht in der Liste der jagdbaren Arten im Bundesjagdgesetz aufgeführt und sei somit kein jagdbares Wild. "Für uns Jäger ist der Goldschakal rechtlich eigentlich noch nicht existent." Auch auf EU-Ebene sei das Tier geschützt, so Peter Bux.

»Wir rechnen nicht mit starken Auswirkungen.« Petra Rumpel, BUND

Gefahren sieht Bux vor allem im Artenschutz. "Zu diesem sind wir als Jäger verpflichtet", erklärt er. Besonders Bodenbrüter, wie der Brachvogel, die Feldlerche und der Kiebitz sowie Niederwild, wie Hasen, Kaninchen, Fasane oder Rehkitze seien gefährdet, da der Goldschakal als weiterer Fressfeind zu Fuchs, Marder und Co. dazu komme. "Zugewanderte Tiere können außerdem Krankheiten mitbringen", so Bux. Diese könnten dann zu einer Gefahr für Wild- und Haustiere und unter Umständen auch für Menschen werden. Gerade die Angriffsfläche von Wild- zu Haustieren sei sehr groß.

"Goldschakale werden keine Menschen angreifen", ist sich der Experte sicher. Die Tiere würden Menschen eher aus dem Weg gehen, was die Forschungsarbeit erschwere. Dass Haustiere, wie etwa Meerschweinchen, zur Beute werden, sei denkbar.

Da die Jungtiere meist abwandern, würde auch der Nachwuchs der im Schwarzwald-Baar-Kreis entdeckten Tiere das jetzige Revier verlassen, so Bux. Denkbar sei auch, dass diese Tiere in Richtung Ortenau wandern. Zu beobachten sei jetzt, ob die Tiere bleiben oder weiterziehen. Wenn der Bestand an Goldschakalen größer wird, müsse man sich Gedanken machen, ob es genug Lebensraum gibt. Eingreifen werde man nur da, wo es nötig ist. "Generell ist es immer interessant, wenn etwas Neues da ist. Was passiert, werden wir sehen. Es wird mit Sicherheit mehr Arbeit auf uns zukommen", so Bux.

Info: Allesfresser

1997 erfolgte der erste Goldschakal-Nachweis in Deutschland. In Baden-Württemberg trat das Tier 2018 auf den Plan. Weitere Nachweise folgten in den darauffolgenden Jahren –  unter anderem im Schwarzwald-Baar-Kreis. Bei der Nahrung  sind Goldschakale sehr anpassungsfähig: Kleines Geflügel, Fische, Vögel, Frösche, Reptilien, Pflanzen, Beeren und sogar Rehe könnten auf dem Speiseplan stehen – wenn sie krank, alt oder noch sehr klein sind.