Achtung, Ruhe: Im Prüfungsraum der Schickhardt-Realschule herrscht emsige Stille. Foto: Peter-Michael Petsch

Die Absolventen in Stuttgart haben nach ihrem Abschluss viele Möglichkeiten – Trend zur weiterführenden Schule.

Stuttgart - In drei Klassenzimmern direkt unter dem Dach der Schickhardt-Realschule herrscht emsige Stille: Vier Stunden lang brüten die Schüler über ihrer Deutsch-Klausur. Als die 63 Zehntklässler gegen 12 Uhr die Räume verlassen, ist die Stimmung gelöst – auch wenn viele noch nicht wissen, wie es nach dem Prüfungsmarathon der nächsten Wochen weitergehen wird.

Denn wer die mittlere Reife in der Tasche hat, kann je nach Notendurchschnitt und persönlichen Zielen eine Ausbildung beginnen oder die Fachhochschulreife oder das Abitur anstreben.

„Die Tendenz geht ganz klar zur weiterführenden Schule“, erklärt Richard Haag, der seit 2004 Rektor der Schickhardt-Realschule ist. Nur wenige bemühten sich um einen Ausbildungsplatz, wundert er sich. Schließlich werbe die Schulleitung bei den jungen Leuten für den klassischen Ausbildungsweg. Nach der Lehre könne man ja immer noch die Schule weitermachen. Und durch die vielen offenen Ausbildungsplätze würden Neu-Azubis überall gesucht. Die guten Chancen, die sich den Realschülern theoretisch bieten, müssen sie also nutzen – und dabei auch mal etwas Glück haben.

Eine Zusage bei 20 Bewerbungen

So wie Sascha Malnar, einer der vielen Schüler, die mit müden Gesichtern aus dem Prüfungsraum geströmt kommen. „Die Prüfung ging eigentlich, aber ich hätte mehr herausholen können“, grummelt der 17-Jährige. Dafür hat er seinen Ausbildungsvertrag so gut wie in der Tasche: Bei der Telekom wird er eine Lehre als Fachinformatiker machen. 20 Bewerbungen hat er geschrieben, es war die einzige Zusage. „Endlich mal richtig arbeiten gehen!“, freut er sich. Plan B wäre das Gymnasium gewesen – aber er möchte kein Französisch lernen. In seinem künftigen Unternehmen will er sich durchsetzen und dann gezielt weiterbilden.

Evgenia Asmanidou freut sich bereits auf die Mathe-Prüfung. „Darauf kann man sich besser vorbereiten“, sagt sie. Nach der Schule wird sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einem Kindergarten machen, für die vierjährige Ausbildung zur Erzieherin ist das Voraussetzung. Sie macht sich keine Sorgen, die Chancen stünden gut, glaubt sie.

„Ich will mich hocharbeiten“

„Wenn man sich richtig vorbereitet hat, war die Prüfung leicht“, erklärt Cheremy Schelske etwas betrübt. Er hat die Bücher nicht ganz gelesen. Nach der Realschule will er einen höheren Abschluss machen. Er hat sich am Berufskolleg beworben, aber seine Noten sind nicht so gut. Noch hat er keine Antwort. „Ich will mich hocharbeiten, mir Mühe geben und meinen Weg finden“, übt er sich denn in Zweckoptimismus.

Ein wenig frustriert ist Chiara Panissidi. Rund 40 Bewerbungen habe sie geschrieben, aber nur Absagen kassiert. Bei einer Bank habe sie mit lauter Abiturienten konkurriert. Auch von einer kaufmännischen Schule gab es eine vorläufige Absage, sie muss ihre Noten verbessern. „Dabei ist der Druck doch so schon groß genug“, sagt sie.

Rektor Haag sieht das Modell Realschule gegenüber dem Gymnasium jedoch nicht im Nachteil. In dem schönen alten Schulgebäude im Stuttgarter Süden lernen rund 380 Schüler, Tendenz steigend. Wichtiger als der Abschluss seien sowieso Grundtugenden wie Zuverlässigkeit, so Haag. Und gutes Deutsch: „Dieser SMS-Stil geht gar nicht.“