Die Polizei hat den Unglücksort in Backnang am Tag nach dem Brand weiträumig abgesperrt. Die Fassade des gelben Gebäudes ist verkohlt, wahrscheinlich muss das Gebäude, in dem acht Menschen starben, abgerissen werden. Foto: Leif Piechowski

Die Brandkatastrophe von Backnang mit acht Toten zeigt: Rauchmelder können Leben retten. Doch Freiwilligkeit allein scheint nicht zu helfen. Während die Feuerwehr schon lange gesetzliche Nachbesserungen fordert, wird im Landtag noch immer heftig gestritten.

Stuttgart - Der Schock über die verheerenden Folgen des Brandunglücks von Backnang macht der Politik offenbar Beine: Die Pflicht zum Einbau von Brandmeldern soll nun schneller und umfassender kommen als bisher geplant. „Man mag sich gar nicht vorstellen, dass so etwas noch einmal passiert“, sagte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel unserer Zeitung und forderte, ein entsprechendes Gesetz noch vor Pfingsten im Landtag zu beraten.

Grün-Rot sieht bislang vor, die Rauchmelderpflicht im Rahmen einer Reform der Landesbauordnung einzuführen. Da dieses Gesetz aber in rund 80 Paragrafen vielerlei Bereiche rund um das Thema bauen regelt – von Parkplätzen bis hin zur Wasserentsorgung – ist eine Novellierung sehr aufwendig.

„Wir sind aktuell noch nicht so weit, zwischen den Ressorts besteht ein großer Abstimmungsbedarf“, sagte eine Sprecherin der Stuttgarter Verkehrs- und Infrastrukturministeriums, das dafür zuständig ist.

Schmiedel dauert das zu lang. „Wenn absehbar ist, dass sich die Novelle der Landesbauordnung in die Länge zieht, sind wir gut beraten, die Rauchmelderpflicht isoliert zu verabschieden.“ Verkehrs- und Infrastrukturminister Winfried Hermann (Grüne) möge mit Blick auf das Unglück von Backnang noch einmal prüfen, ob das Gesamtpaket in Bälde verabschiedet werden kann. Wenn nicht, werde man die Rauchmelderpflicht ausgliedern.

Schmiedel: „Rauchmelder sind doch vor allem in Altbauten notwendig“

Auch Grünen-Fraktionsvize Andrea Lindlohr drängt und geht „angesichts der Brandkatastrophe“ davon aus, dass die Novelle „zügig“ ins parlamentarische Verfahren geht. Lindlohr: „Rauchmelder retten Leben, da sind wir uns mit allen Fachleuten einig.“ Am Montagabend wollte sich die Koalitionsspitze mit dem Thema befassen.

Eckpunkte der Reform hatte das Kabinett bereits Anfang Dezember 2012 verabschiedet. Sie sehen unter anderem vor, Rauchmelder nicht nur für Miet- und Eigentumswohnungen, sondern auch für Gemeinschaftsunterkünfte und Beherbergungsbetriebe vorzuschreiben.

Allerdings sind aktuell nur Neubauten betroffen. Für Altbauten hingegen sollen dem Vernehmen nach Übergangsfristen bis Dezember 2017 gelten, um Hauseigentümer nicht zu sehr zu belasten.

Schmiedel hält das Zuwarten nicht für sinnvoll. „Rauchmelder sind doch vor allem in Altbauten notwendig, deshalb gibt es aus meiner Sicht dafür keine Schonfrist.“ Die Installation der Geräte sei angesichts der geringen Kosten und des großen Sicherheitsgewinns zumutbar.

Er setzt dabei auf das Verantwortungsgefühl der Eigentümer, denn umfangreiche Überwachungsmaßnahmen soll es nicht geben. Schmiedel: „Jeder weiß ja, dass es auch versicherungsrechtliche Auswirkungen hat, wenn man sich nicht an Vorschriften hält.“

Hütte im Landtag brennt

Auch Landesbranddirektor Hermann Schröder hält umfangreiche Kontrollen für überflüssig. Es gebe ja auch zahlreiche andere Auflagen in der Landesbauordnung, die nicht eigens kontrolliert würden, sagt er. Schröder drängt massiv darauf, die Rauchmelderpflicht so schnell wie möglich einzuführen: „Wenn es bei Ihnen morgen brennt, und Sie haben noch keinen Rauchmelder, waren Sie einen Tag zu spät.“

Rheinland-Pfalz hat bereits 2003 eine Rauchmelderpflicht für Neubauten eingeführt. Inzwischen gibt es sie in fast allen Bundesländern. Nordrhein-Westfalen ist seit Januar dieses Jahres mit einer Rauchmelderpflicht dabei, für bereits bestehende Wohnungen ist eine Übergangsfrist bis 2016 vorgesehen.

SPD-Fraktionschef Schmiedel wirft der schwarz-gelben Vorgängerregierung vor, sie habe die Einführung dieser Pflicht jahrelang blockiert. Bereits 2006 habe die SPD einen Gesetzentwurf eingebracht, der aber von der damaligen Regierung mit der Begründung abgelehnt worden sei, er verursache zu viel Bürokratie.

Inzwischen brennt die Hütte im Landtag: „Schmiedel sollte sich schämen, dass er die Brandkatastrophe in Backnang für parteipolitisch motivierte Schuldzuweisungen nutzt“, schimpft der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke. Offenbar seien in Backnang elementare Sicherheitsvorschriften verletzt worden. „Deshalb ist es naiv anzunehmen, dass einer Rauchmelderpflicht Folge geleistet worden wäre“, so Rülke. Der FDP-Mann bekräftigte, dass ein solches Gerät empfehlenswert sei. Aber eine Pflicht erfordere strenge Kontrollen. „Wir sind gespannt“, so Rülke, „wie Herr Schmiedel diesen bürokratischen Moloch lösen und finanzieren will.“

„Ein solches Gerät hätte zumindest nicht geschadet“

Für die Fachleute ist die Gesetzesänderung ein längst überfälliger Schritt. „Es ist ja positiv, dass nun wenigstens beabsichtigt ist, das umzusetzen, was der Landesfeuerwehrverband schon lange fordert“, sagt Stefan Eppinger. Der ist stellvertretender Amtsleiter der Stuttgarter Branddirektion und für den Vorbeugenden Brandschutz zuständig. Bisher kann Eppinger nur mit Vorträgen und Vorbeugungsveranstaltungen „Überzeugungsarbeit zu leisten versuchen“.

Eine generelle Pflicht für Vermieter, in ihren Wohnungen Rauchmelder anbringen zu müssen, würde der Fachmann nicht ablehnen – „allerdings sind da Verbände und Juristen gefragt“, sagt Eppinger. Gleichwohl kann er den Streit über zusätzliche finanzielle Belastungen angesichts der preisgünstigen Geräte nicht verstehen: „Wenn ich ein Vermieter wäre, dann würde ich das ohnehin machen“, sagt Eppinger. Vor allem auch deshalb, damit man ihm hinterher keinen Vorwurf machen kann. Eppinger sieht das pragmatisch: Für die Erstinstallation ist der Vermieter zuständig, der Batteriewechsel ist Sache des Mieters – das könnte so auch im Mietvertrag festgehalten werden.

Allerdings: „Wichtig ist, dass die Leute von so einem Teil überzeugt sind“, sagt Eppinger. Es nütze wenig, wenn die Batterie nur rausgenommen wird, wenn das Gerät bei geringem Ladezustand störend piepst. Dass das Feuer in Backnang durch einen Rauchmelder früher entdeckt worden wäre, ist für Eppinger unstrittig: „Ein solches Gerät hätte zumindest nicht geschadet.“