Das Entsetzen war groß: Nach den tödlichen Schüssen an der Waldbachschule im November 2023 zog es immer wieder Menschen an den Tatort, wo sie Kerzen und Blumen niederlegten. Foto: Armbruster

Die Verteidiger des Schützen der Offenburger Waldbachschule sind mit ihrer Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe gescheitert. Damit ist das Urteil des Landgerichts rechtskräftig.

Ein vermeintlich normaler Schultag schlug am 9. November 2023 an der Offenburger Waldbachschule für Schüler, Lehrer und Eltern in puren Horror um. Ein 15-jähriger Schüler hatte einen Klassenraum betreten und vor den Augen seiner Mitschüler einen Gleichaltrigen erschossen. Einem zufällig anwesenden Vater gelang es später, den jugendlichen Schützen zu entwaffnen, hinzugerufene Polizeibeamte nahmen ihn fest. Für den tödlich getroffenen Schüler kam jede Hilfe zu spät.

 

Opfer war zur Tatzeit arg- und wehrlos

Das Opfer der Bluttat war zum Tatzeitpunkt wehr- und arglos. Das stellte das Landgericht Offenburg rund acht Monate später im Juli 2024 in seinem Urteil fest. Nach zwölf Verhandlungstagen war das Gericht zum Schluss gekommen, dass der zum Tatzeitpunkt 15-jährige Angeklagte seinen Mitschüler heimtückisch erschossen hat. Der Täter h abe zudem versucht, einen Brandsatz zu zünden, um das Schulgebäude in Brand zu stecken, was ihm nicht gelang. Das Gericht verurteilte den Jugendlichen wegen Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und neun Monaten.

Das Entsetzen über die Tat war in Offenburg und darüber hinaus groß. Wochenlang wurden Schüler und Lehrer der Waldbachschule, die durch die Tat jäh aus ihrem Alltag gerissen wurden, von Psychologen des Schulamts betreut. Die Hoffnung war groß, dass der Prozess am Landgericht die drängende Frage nach dem Motiv – wieso ein 15-Jähriger einen anderen tötet – klären würde. Zumindest für die geschockte Öffentlichkeit hatte sich diese Hoffnung zerschlagen.

Über die Beweggründe des Jugendlichen schwieg das Landgericht sich aus. Das Motiv gibt bis heute Rätsel auf. Immer wieder war die Rede von Eifersucht – bestätigt ist jedoch nichts. Die Verhandlung wurde angesichts des jugendlichen Alters des Angeklagten nicht-öffentlich geführt. Unbekannt ist, ob der Schütze ein Geständnis abgelegt hatte. Auch was den Prozess begleitende Gutachter aussagten, oder zu welchem Schluss die Sachverständigen kamen, blieb geheim. Ob es sich bei der Tat eventuell um einen geplanten, aber vereitelten Amoklauf – laut Ermittlungen hatte der Jugendliche insgesamt 41 Schuss Munition bei sich – gehandelt haben könnte, ist ebenfalls unklar.

Die Verteidiger des Jugendlichen hatten sich bereits am Tag der Urteilsverkündung mit dem Richterspruch nicht einverstanden erklärt. Sie kündigten an, Rechtsmittel prüfen zu wollen, legten später Revision ein. Mit dieser hatten sie nun am obersten deutschen Strafgericht keinen Erfolg. Die Überprüfung des Ersten Strafsenats habe keine Rechtsfehler zu dessen Nachteil ergeben, teilte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am mit. Die Verurteilung des Jugendlichen ist damit rechtskräftig.

Rund um die tödlichen Schüsse an der Offenburger Waldbachschule war es zu einer weiteren Anklage gegen einen Schüler gekommen. Der Jugendliche musste sich vor dem Landgericht Offenburg verantworten, weil ihm die Staatsanwaltschaft Offenburg vorgeworfen hatte, von der geplanten Tat erfahren, sein Wissen jedoch für sich behalten zu haben. Mehr Details dazu teilte die Justiz aus Jugendschutzgründen nicht mit.

Mitschüler wusste um die geplante Tat

Das Verfahren gegen den jugendlichen Mitwisser wurde nicht-öffentlich geführt, wie bereits die Verhandlung gegen den Schützen. Über den Urteilsspruch informierte das Landgericht in einer Mitteilung: Der Jugendliche müsse sogenannte Erziehungsgespräche bei der örtlichen Jugendgerichtshilfe führen und sich zudem weiter in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandeln lassen.

Mit dem Abschluss des Verfahrens gegen den Schützen von der Waldbachschule ist die juristische Aufarbeitung der tödlichen Schüsse noch nicht abgeschlossen. Die Offenburger Staatsanwaltschaft hatte auch die Eltern des Schützen angeklagt. Ihnen werden früheren Angaben zufolge fahrlässige Tötung und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Die von ihrem Sohn verwendete Pistole habe sich unerlaubterweise im Besitz der Eltern befunden und sei nicht ausreichend gesichert worden, so dass der mittlerweile 16-Jährige auf sie zugreifen konnte – so lautet der Vorwurf der Anklagebehörde. Wann es einen Prozess geben wird, ist noch offen. Eine aktuelle Anfrage ließ das Landgericht Offenburg am Montag bis Redaktionsschluss unbeantwortet.