Westliche Politiker sowie Menschenrechtler hatten seit Jahren Freiheit für Kremlkritiker Michail Chodorkowski gefordert. Nun ist er frei. Foto: dpa

Russland erlebt eine Sensation: Nach zehn Jahren in Haft kommt Putins schärfster Kritiker Chodorkowski in Freiheit. Menschenrechtler hoffen auf eine Besserung von Russlands Image in der Welt.

Russland erlebt eine Sensation: Nach zehn Jahren in Haft kommt Putins schärfster Kritiker Chodorkowski in Freiheit. Menschenrechtler hoffen auf eine Besserung von Russlands Image in der Welt.

Moskau - Russland berühmtester Gefangene, der Kremlgegner Michail Chodorkowski, ist nach zehn Haft wieder in Freiheit. Der 50-Jährige verließ das Straflager in der Stadt Segescha im Norden Russlands an der finnischen Grenze am Freitag um 12.20 Uhr (9.20 Uhr MEZ), wie die Agentur Interfax meldete. Aus humanitären Gründen hatte Kremlchef Wladimir Putin seinen seit 2003 inhaftierten Gegner kurz zuvor begnadigt. Einen entsprechenden Ukas veröffentlichte die Präsidialverwaltung am Freitag in Moskau.

Der schärfste Gegner Putins hätte regulär nach zwei international umstrittenen Urteilen im August nächsten Jahres wieder in Freiheit kommen sollen. Der frühere Chef des einst größten russischen Ölkonzern Yukos war unter anderem wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Diebstahls verurteilt worden.

Chodorkowski, der die zunehmende Korruption unter Putin kritisiert und auch die Opposition finanziert hatte, hält die Verfahren gegen sich bis heute für politisch gesteuert. Dass er nun freikommt, gilt als beispielloses Zugeständnis des Kreml an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi am Schwarzen Meer eröffnet werden.

Russland sah sich zuletzt zunehmend wegen der Menschenrechtslage unter Druck. Mehrere Politiker, darunter US-Präsident Barack Obama und Bundespräsident Joachim Gauck, hatten angekündigt, auf Reisen an das Schwarze Meer zu verzichten. Kommentatoren in Russland nannten die Nachricht von der Begnadigung Chodorkowskis eine „handfeste Sensation“.

Menschenrechtler loben Putins Schritt

Putin hatte am Donnerstag überraschend von einem Gnadengesuch Chodorkowskis gesprochen. Die Zeitung „Kommersant“ berichtete, dass Geheimdienstmitarbeiter sich mit Chodorkowski im Straflager getroffen hätten, um den Gnadenakt auf den Weg zu bringen. Auch die Anwälte des einst reichsten Russen waren überrascht worden von der Nachricht.

Chodorkowski hatte ein Begnadigungsgesuch stets abgelehnt, weil damit nach Kremlangaben ein Schuldeingeständnis verbunden ist. Putin begründete seine Entscheidung mit einer Erkrankung von Marina Chodorkowskaja, der Mutter des Kremlgegners.

Die bevorstehende Freilassung war international begrüßt worden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich erfreut. „Ich habe mich sehr oft dafür eingesetzt, dass Herr Chodorkowski freigelassen werden kann“, sagte Merkel. Menschenrechtler lobten Putins Schritt und boten Chodorkowski eine führende Rolle beim Aufbau der Zivilgesellschaft in Russland an. Die Freilassung sei ein ermutigendes Signal für eine „Gesundung“ der russischen Gesellschaft. Sie gebe Hoffnung, dass sich das internationale Ansehen des Landes verbessere, teilten die Menschenrechtsbeauftragten Wladimir Lukin (Regierung) und Michail Fedotow (Kreml) mit.