Sein Rückzug von der Unternehmensspitze und der Insolvenzantrag machen nach Einschätzung von Ex-Windreich-Chef Willi Balz den Weg frei für sein jüngstes Windpark-Projekt MEG I. Foto: dpa

Der Windpark-Entwickler Windreich ist insolvent. Sein jüngstes Offshore-Projekt soll davon aber unberührt bleiben. Damit Investoren nicht abspringen, hat Gründer Willi Balz sich zurückgezogen.

Wolfschlugen - Mit seinem Rückzug von der Unternehmensspitze will Ex-Windreich-Chef Willi Balz sein jüngstes Windpark-Projekt MEG I retten. „Das macht den Prozess unangreifbar“, sagte Balz am Dienstag. Der Gründer des Windpark-Entwicklers hatte am Montagabend seinen Posten als Geschäftsführer aufgegeben, nachdem bekanntgeworden war, dass Windreich ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt hatte. Das Amtsgericht Esslingen bewilligte den Antrag.

Die prekäre finanzielle Lage von Windreich beschäftigt bereits die Behörden. Im März hatte das Unternehmen Zinsen für Anleihen verspätet überwiesen, weil das Geld kurzzeitig knapp war. Kurz darauf ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung und Bilanzmanipulation - unter anderem gegen Balz. Der hatte die Ermittlungen bestätigt, die Vorwürfe aber zurückgewiesen.

Windreichs Geschäftsmodell ist hoch kompliziert und nicht ohne Risiken. Die Firma plant als Projektentwickler On- und Offshore-Windparks und schließt Verträge mit Bauunternehmen, noch bevor Anteile an den Projekten in Einzelteilen an Investoren und Energieversorger verkauft werden. Laut dem Marktforschungsunternehmen Wind Research hielt Windreich im August 11,6 Prozent der geplanten, installierten und im Bau befindlichen deutschen Offshore-Anlagen.

Die Branche steckt in Schwierigkeiten. Der Windanlagenbauer Fuhrländer, an dem Windreich beteiligt war, wird abgewickelt. Der Offshore-Pionier Bard kündigte im August nach dem Bauabschluss des größten deutschen Meereswindparks weitere Entlassungen an. Für zusätzliche Aufträge fehle ein konkreter Investor, hieß es.

Wie es mit Windreich weitergeht, ist unsicher

Die Offshore-Industrie kämpft mit unklaren Rahmenbedingungen, offenen Haftungsfragen und Schwierigkeiten bei der Netzanbindung. Ob das Ziel der Bundesregierung von 10 Gigawatt installierter Leistung bis zum Jahr 2020 erreicht werden kann, gilt als fraglich.

Bei Windreich ist man noch optimistisch. Derzeit sammelt die Firma bei institutionellen Investoren Geld für ihren dritten Offshore-Windpark MEG I nördlich von Borkum ein. Er soll Ende 2015 fertiggestellt werden. Für den Bau hat Windreich die Partner Areva Wind und Hochtief gewonnen. Balz' Nachfolger Werner Heer schrieb am Montagabend in einem Brief an die Anleihenzeichner: „Wir bewegen uns auf der Zielgeraden dieses für die Energiewende und die Sicherung der Arbeitsplätze an der Küste wichtigen Projekts.“ MEG I bleibe von der Windreich-Sanierung unberührt.

Wie es mit dem Unternehmen weitergeht, ist jedoch unsicher - und auch, was aus anderen Projekten in Nord- und Ostsee wird, die Balz bereits angestoßen hat. Zuletzt stand Windreich mit 70 Millionen Euro bei der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin in der Kreide. Gut 100 Millionen Euro stammen von privaten Investoren - darunter der schottische Lord Irvine Laidlaw. Und 125 Millionen Euro hat die Firma über zwei Anleihen eingesammelt. Deren Zeichner sind nach Kurseinbrüchen und verspäteten Zinsen unruhig geworden. Vor dem Landgericht Regensburg haben Anleiheeigner Klage gegen J. Safra Sarasin eingereicht, weil sie sich schlecht informiert fühlten.

Die Rechtsanwältin Daniela Bergdolt, die Kläger in Regensburg vertritt, fordert die Einberufung einer Gläubigerversammlung und eines Gläubigerausschusses. Auf diese Weise könnten die Kleinanleger sich organisieren und im Falle eines Insolvenzverfahrens ihre Interessen gegen die großen Gläubiger durchsetzen, erklärt Klaus Nieding von der Kanzlei Nieding und Barth. Windreich-Geschäftsführer Heer will in den kommenden Wochen ein Sanierungskonzept erarbeiten und dem vorläufigen Sachwalter sowie Gläubigern und Investoren vorlegen.