Der nun aufgelöste Förderverein hatte den Bau des Seelbacher Seniorenheims St. Hildegard unterstützt. Foto: Schabel

In Seelbach gibt es seit Mittwochabend einen Verein weniger, die Seniorenhilfe hat sich aufgelöst.

Seelbach - Ihr Zweck war die Unterstützung des Seniorenheims St. Hildegard, das gerade in einer durchaus schwierigen Situation ist, nicht nur wegen der Corona-Restriktionen. Denn das Haus müsste umgebaut werden, um den Neuerungen der Landes-Heimbauverordnung über das Unterbringen aller Bewohner in Einzelzimmern gerecht zu werden.

Was hat die Seniorenhilfe geleistet?

Der Verein war 1991 ins Leben gerufen worden, "um die Betreuung und Pflege von älteren Menschen in den Gemeinden Seelbach und Schuttertal zu fördern", wie Thomas Schäfer am Mittwoch rekapitulierte. Der Seelbacher Bürgermeister war seit seinem Amtsantritt 2008 Vorsitzender der Seniorenhilfe und leitete nun auch ihre letzte Hauptversammlung, die im Rathaus abgehalten wurde.

Ideengeber vor 31 Jahren waren der damalige Seelbacher Bürgermeister Walter Dilger und Friedrich Dilger, seinerzeit Vorsitzender des Caritasverbandes Lahr-Ettenheim. Denn die Caritas sollte Träger des Seniorenhauses werden, dessen Bau der Förderverein finanziell unterstützen sollte, durch Mitgliedsbeiträge und Spendensammlungen. Damals ging es darum, pflegebedürftigen Menschen den Verbleib in ihrer Heimat im Schuttertal zu ermöglichen. "Der Hauptzweck des Vereins ist eigentlich erfüllt", konstatierte Schäfer nun, denn vor 23 Jahren wurde bekanntlich das Seniorenheim St. Hildegard eröffnet. Zu den Gesamtkosten von 22 Millionen D-Mark konnte der Förderverein damals 185 000 D-Mark beisteuern.

Weshalb wurde der Verein jetzt aufgelöst?

Bei ihrem Start hatte die Seniorenhilfe rund 100 Mitglieder, zuletzt nur noch 35. Schäfer erinnerte an eine Werbeaktion vor sechs Jahren, für die eigens ein Flyer erstellt worden war. "Leider war die Resonanz bescheiden bis erfolglos", blickte der Bürgermeister mit Bedauern zurück. Angesichts der seit Jahren rückläufigen Tendenz bei den Mitgliederzahlen sei die Zeit gekommen, "einen Schlussstrich zu ziehen".

Wie war’s am letzten Abend?

Die Stimmung im neuen Ratssaal war weniger gedrückt als vielmehr feierlich. Es war wohl auch allen bewusst, dass das Ende unvermeidlich war. Schäfer dankte besonders Josef Weber aus Schuttertal, der seit 23 Jahren als Rechner gearbeitet hatte, und hob auch den Schuttertäler Alt-Bürgermeister Bernhard Himmelsbach hervor, der einige Jahre Vorsitzender der Seniorenhilfe gewesen war und zuletzt als Beisitzer im Vorstand gewirkt hatte. Um 19.20 Uhr stimmten dann alle 15 anwesenden Mitglieder für die Auflösung. Nach dem Ende der Versammlung, die knapp eineinhalb Stunden andauerte, standen die Teilnehmer noch bei Getränken sowie Laugengebäck zusammen und unterhielten sich darüber, was der Verein alles erreicht hat.

Auch nach dem Bau von St. Hildegard hatte die Seniorenhilfe das Heim unterstützt, mit Anschaffungen, die den Bewohnern zugute kamen, etwa einem Klavier, Fernsehern oder Geräten zur Beschäftigung und Pflege. Der Verein hinterlässt nun ein Guthaben von rund 31700 Euro, für das weitere Anschaffungen für die Heimbewohner getätigt werden sollen.

Wie ist die Lage im Seniorenheim?

Schäfer kam natürlich auf die Auswirkungen der Coronakrise zu sprechen. Mit täglichen Tests, verpflichtender Schutzkleidung für das Personal und der Isolierung infizierter Bewohner habe die Pandemie das Leben im Heim verändert. Auch die Begleitung von Sterbenden sei zeitweise nicht möglich gewesen. "Dadurch entstand seelisches Leid, das sich zuvor keiner vorstellen konnte."

Diakon Klaus Heuberger ergänzte, dass die nach wie vor bestehende Testpflicht für Besucher – die natürlich keine Erfindung der Caritas, sondern eine politische Vorgabe ist – seine seelsorgerische Arbeit erschwere. Denn ehe er einen Bewohner besuchen dürfe, müsse er sich immer erst überlegen, wo er sich testen lassen kann, so Heuberger.

Dabei ist das Haus voll ausgelastet, die Nachfrage größer als die Zahl der verfügbaren Plätze, wie Mirko Poetzsch aus dem Vorstand des Lahrer Caritasverbands mitteilte. Ein Problem sei der Personalmangel in der Pflege – "wir sind am Kämpfen", sagte Poetzsch hierzu, womit er nicht nur die Lage in St. Hildegard meinte, sondern in allen vier Pflegeheimen der Lahrer Caritas, die außer in Seelbach auch zwei Häuser und Lahr und eines in Ettenheimmünster betreibt. Erschwert werde die Lage durch die Impfpflicht für Pflegekräfte. Man habe deshalb "eine oder zwei Kündigungen erhalten", so Poetzsch, der die Impfquote unter dem von der Lahrer Caritas beschäftigten Personal auf 95 Prozent bezifferte. Den Impfstatus der Beschäftigten habe man wie gefordert ans Landratsamt übermittelt. Noch dürften die ungeimpften Kollegen weiter arbeiten, aber die Lage sei belastend, nicht nur menschlich, sondern absehbar auch organisatorisch, nämlich dann, wenn die Beschäftigten ohne Impfung ersetzt werden müssen – in Zeiten einer angespannten Personallage.

Was bedeutet die Einzelzimmerquote?

In Baden-Württemberg ist die neue Heimbauverordnung in Kraft getreten, die in Pflegeheimen nur noch Einzelzimmer erlaubt – sowohl für Neu- als auch für Bestandsbauten. In St. Hildegard ist die Zahl der Pflegeplätze deshalb bereits von 52 auf aktuell 48 reduziert worden. Werden aber wie gefordert alle noch verbliebenen Zweibett- in Einbettzimmer umgewandelt, sinkt die Zahl der Pflegeplätze auf 40, verdeutliche Mirko Poetzsch.

Es stelle sich die Frage, ob das Haus unter diesen Bedingungen noch wirtschaftlich betrieben werden könne. Deshalb habe man sich in Seelbach nach einem Standort für einen möglichen Neubau umgesehen, aber nichts Passendes gefunden. Es sei auch möglich, im Dachgeschoss sowie im Erdgeschoss des Bestandsgebäudes zusätzliche Zimmer einzurichten, aber eine Optimallösung wäre das nicht, auch wegen der Kosten, wie Poetzsch betonte. Man habe noch eine Übergangsfrist, bis man die Einzelzimmerregel umsetzen müsse, so Poetzsch.

Auf jeden Fall solle es in Seelbach aber weiter ein Caritas-Pflegeheim geben, mit dem man auch gar keinen Profit erwirtschaften müsse. Aber Verluste wolle die Caritas damit auch nicht machen, war seinen Ausführungen zu entnehmen. "Es wird schwer", sagte Poetzsch zur Lösungsfindung.

Die Vereinsauflösung war ein ernster Anlass, doch an einer Stelle des Abends gab’s auch etwas zum Schmunzeln. Rechner Josef Weber trug einen detaillierten letzten Kassenbericht vor und verschwieg dabei auch nicht, dass der Verein für die Jahresbeiträge von insgesamt 456 Euro, die 38 Mitglieder 2019 zahlten, ganze zwölf Cent Bankzinsen erhielt. In den Jahren danach habe man für die neu eingegangenen Mitgliedsbeiträge dann gar keine Zinsen mehr bekommen. Dass Banken keine Zinsen mehr zahlen, kannten die Zuhörer wohl schon von ihren Privatfinanzen...