Regierungspräsidium Tübingen äußert sich zu Vorwürfen gegen die AZ-Betreiberfirma ORS.
Laut Berichten des Westdeutschen Rundfunks (WDR) und der Süddeutschen Zeitung (SZ) verdient ORS, jene Firmentochter des britischen Serco-Konzerns, die bis zur Schließung mit dem Betrieb des Ankunftszentrums Ukraine in Meßstetten beauftragt war, deutschlandweit überdurchschnittlich hohe Renditen mit der Flüchtlingsbetreuung – in Meßstetten sollen es laut den Berichten mehr als 45, andernorts über 60 Prozent gewesen sein, heißt es in den Berichten. Diese Gewinne würden durch niedrigen und unzulänglichen Personaleinsatz sowie gezielte Kostenminimierung bei der Versorgung erreicht; WDR und SZ berufen sich dabei auf frühere Mitarbeiter von ORS, die in einer „Monitor“-Sendung am 14. November anonym zitiert wurden.
Das RP verneint die Frage
Anfragen der beiden Medien bei den Regierungspräsidien Karlsruhe und Tübingen sollen zudem ergeben haben, dass in den zurückliegenden Jahren wegen nicht erfüllter Personalschlüssel 35 Vertragsstrafen in Gestalt von verminderten Monatszahlungen gegen ORS verhängt wurden.
Nur Vorwürfe gegen einen einzelnen ORS-Mitarbeiter
Der Schwarzwälder Bote hat beim Regierungspräsidium (RP) Tübingen nachgefragt, ob ihm die Zahlen bekannt und ob sie korrekt seien. Das RP verneint die Frage: Es sei Auftraggeber; die Gewinnmargen der von ihm beauftragten Dienstleister kenne es nicht.
Auf die Frage, ob dem RP Informationen über irgendwelche Mängel der Betreuung im AZ vorlägen, – sei es bei der Personalausstattung, der Lebensmittelversorgung oder der Unterbringung – , erwidert es, außer den Vorwürfen gegen einen einzelnen ORS-Mitarbeiter in Meßstetten wegen angeblicher sexueller Übergriffe auf ein 15-Jährige seien keine weiteren Beschwerden vorgebracht worden. Der fragliche Beschäftigte sei vom RP abgelehnt und die Firma ORS abgemahnt, das folgende Gerichtsverfahren vom Amtsgericht Albstadt eingestellt worden.
Zur Frage nach etwaigen Zahlungskürzungen erklärt das RP, sowohl in Meßstetten als auch in Sigmaringen seien mehrmals Zahlungen an ORS gekürzt worden, weil der Personalschlüssel nicht eingehalten wurde. Die Gründe dafür könnten unterschiedlicher Art sein, beispielsweise Urlaub oder Krankheit. Die Unterbesetzung gehe aber nicht notwendigerweise zu Lasten der Bewohnerinnen und Bewohner; die Dienstleistung sei gewährleistet gewesen.
Grundsätzlich, so das RP, sei in Einrichtungen der Flüchtlingserstaufnahme eine gewisse Flexibilität beim Personalstand erforderlich: Je nachdem, wie viele Geflüchtete betreut werden müssten, werde - „mit einigem Vorlauf“ - mehr oder weniger Personal beim Dienstleister angefordert.
Sanktionen im Falle einer Unterbesetzung sind vertraglich vorgesehen. Laut RP haben sie sich in der Vergangenheit als wirksam erwiesen; eine Kündigung der Verträge mit ORS, erklärt es, wäre deshalb am beiden Standorten, Meßstetten und Sigmaringen, unverhältnismäßig gewesen.