Im Mordprozess gegen den 21-jährigen Schramberger rücken die Widersprüche des Angeklagten in den Fokus. Zeugen berichten von erfundenen Krankheiten und Lügen.
„Er ist einfach ein guter Lügner“, sagt die 57-jährige Arbeitskollegin der getöteten Mutter im Zeugenstand während des zweiten Verhandlungstags im Mordprozess gegen den 21-jährigen Schramberger, der seine Mutter mit einem Fleischklopfer getötet haben soll. Mit dieser Einschätzung ist sie an diesem Tag nicht allein: Ist der Angeklagte glaubwürdig? Mit dieser Frage wird sich das Gericht noch eingehend beschäftigen. Denn von Zeugenaussage zu Zeugenaussage wächst das Bild eines jungen Mannes, der sich in Ausreden, Widersprüchen und Halbwahrheiten verstrickte – bis sein Konstrukt aus Lügen schließlich zusammenbrach.
Sein Verhalten nach der Tat passt in dieses Bild: Er führte sein Leben in den Stunden nach der Tat weiter, als sei nichts geschehen. „Als ich bei ihm war, wirkte er, als wäre alles normal. Er verhielt sich so wie immer – mir ist überhaupt nichts aufgefallen“, erzählt der Freund, den er kurz nach der Tat empfing.
Auch seine Erklärungen gegenüber Bekannten – etwa die Lüge, seine Mutter sei in Dunningen unterwegs – oder die widersprüchlichen Aussagen gegenüber Polizei und Gericht stehen nun im Mittelpunkt. Was der Angeklagte zu Beginn des Prozesses als Überforderung und Panik beschreibt, wirkt für manche Zeugen berechnend, wie eine ausgeklügelte Täuschung. Ein Freund des 21-Jährigen bringt es im Gerichtssaal auf den Punkt: „Irgendwann wusste man nicht mehr, ob er die Wahrheit sagt. Deshalb habe ich mich auch ein Stück weit von ihm distanziert.“
Tilidin, Hirntumor, Ausreden
„Als ich ihn angerufen habe, hat er mir in einem extrem ruhigen Ton erzählt, dass er seine Mutter bereits als vermisst gemeldet habe“, berichtet der Polizist im Zeugenstand, der zuvor mit der Arbeitskollegin der Mutter gesprochen hatte. „Als ich ihn fragte, mit wem er denn gesprochen habe, meinte er nur, dass er aufgrund einer Krebserkrankung ‚Tilidin‘ nehme und sich nicht mehr erinnern könne.“
Diese angebliche Krebserkrankung – ein Hirntumor – zieht sich wie ein roter Faden durch die Aussagen. Egal ob Freunde oder Bekannte: Allen habe er davon erzählt. Sie sollte erklären, warum er so antriebslos wirkte. „Gerade mit der Vorgeschichte seines Vaters konnte ich ihm das einfach nicht glauben“, sagt ein langjähriger Bekannter der Familie vor Gericht.
Auch die Vermieterin und der Hauseigentümer wurden belogen: Mehrfach soll er gefälschte Überweisungsträger geschickt haben, nachdem sie ihn auf ausbleibende Mietzahlungen hingewiesen hatten.
Sichtbare Widersprüche
Als schließlich im Gerichtssaal das Video mit seinem ersten Statement nach der Festnahme gezeigt wird, bröckelt das Bild des überforderten Sohnes weiter: Drei zentrale Punkte widersprechen seiner heutigen Version – zu viel für die Nebenklage, die seine Glaubwürdigkeit nun massiv anzweifelt.
Im Video sagt er, er habe Hähnchenfleisch gereinigt, nicht den Fleischklopfer. Er habe den Puls seiner Mutter überprüft – was er nun bestreitet. Und schließlich weicht die Schilderung der wohl letzten Lebensmomente der Mutter ab: Vor Gericht erklärt der Angeklagte, sie habe nichts mehr gesagt. Auf dem Video hingegen hört man ihn erzählen, sie habe zuletzt gesagt: „Ich liebe dich.“