Ludger Brümmer (links) mit den Studenten Joel Schellhorn und Emre Nurbeyler (rechts). Foto: Cornelia Hellweg

Mittels Komposition und Informatik ein Musikstück schaffen: Wie das geht, weiß Ludger Brümmer. Mit einem Konzert verabschiedete er sich von der Musikhochschule Trossingen.

Seit rund neun Jahren ist Ludger Brümmer der Professor für Komposition für digitale Medien am Landeszentrum Musik – Design – Performance der Hochschule für Musik in Trossingen.

 

Das Ruhestandsalter ist seit längerem erreicht. Seit einem Jahr vertritt er bereits seine Stelle – noch ein weiteres Semester, dann soll endgültig Schluss sein. „Dann bin ich im 68. Lebensjahr“, berichtete er am Rande seiner offiziellen Verabschiedung. Bei dem Anforderungsprofil der Professur, die Komposition mit Informatik und Musikdesign verbinde, sei es nicht einfach, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. „Es ist in der Musik ein noch relativ neues Fach, dessen Anfänge um 1950 auszumachen sind“, erläuterte Brümmer. Auch wenn das Fach manchmal wie ein Fremdkörper anmute, betreffe es 95 Prozent der musikalischen Aktivitäten heutzutage. „Keine Musik kommt ohne Digitalität aus.“

Mit einem multimedialen Konzert seiner Werke unter der Überschrift „Le temps s’ouvre – die sich öffnende Zeit“ in der kleinen Aula sowie im Hans-Lenz-Saal der Hochschule und anschließendem Umtrunk im Biergarten gab Brümmer kürzlich seinen offiziellen Ausstand.

Die Zuhörerreihen waren eng besetzt. Einige seiner Studenten trugen – in Anspielung auf den Professor – farbenfrohe Hemden, auf denen auch das Gesicht Brümmers aufgedruckt war. Die von ihm komponierten Stücke fordern vom Publikum vor allem das konzentrierte Zuhören und die Klänge und Kompositionen auf sich wirken lassen. Denn zum Schauen gibt es wenig. Nur Videoinstallationen unterstreichen an einigen Stellen die Komposition.

„Ein Klang ist viel weiter gefasst als ein Ton“, sagte er zur Einführung. Als Komponist arbeite er nicht mit Konzepten von Melodie sondern mit Strukturen, Bewegung und Energie, die er versuche, einzufangen. Los ging’s mit seinem Werk „Nyx“ (= Nacht), eines seiner ersten, auch preisgekrönten, Werke. „Nach diesem akustischem Klanggewitter“, wie es Christian Fischer formulierte, würdigte der Rektor den scheidenden Ludger Brümmer. Sein Dank galt der mehrjährigen Lehre an der Hochschule, in denen er Generationen von Studierenden geprägt habe. Fischer ist froh darüber, dass Ludger Brümmer über seinen Ruhestand hinaus nochmal ein Semester dranhängt und würdigte seine Heiterkeit und Offenheit.

Mika Stähle am Cembalo und die Sopranistin Angela Castellani. Foto: Cornelia Hellweg

Dass sich das Landeszentrum an der Hochschule so etablieren konnte – daran habe Brümmer großen Anteil. „Dein künstlerisches Schaffen wird noch lange nicht in Rente gehen.“ Auch die Professorin Sonja Schmid würdigte die Zusammenarbeit mit Ludger Brümmer. Mit ihm zusammen erarbeitete die Cellistin das Stück „Berühren, tasten“, das an dem Abend seine Uraufführung erlebte. Viel Applaus erhielten außerdem Mika Stähle am Cembalo und die Sopranistin Angela Castellani nach der vorgetragenen Arie aus Dido und Aeneas von Henry Purcell. Jedes der insgesamt fünf Stücke von 20 bis 30 Minuten Länge entfaltete einen Kosmos für sich.

Zuletzt saß Ludger Brümmer bei der Uraufführung von „Tiefen“ selbst an den Reglern mit den Studenten Joel Schellhorn und dem Pianisten Emre Nurbeyler.

Im Gegensatz zu vielen anderen Studierenden an Musikhochschule hätten „seine“ Studentinnen und Studenten oft keinen klassisch bildungsbürgerlichen Hintergrund. Noten lesen gehöre beispielsweise nicht zu den Zugangsvoraussetzungen in dem Fach. „Das müssen sie dann nachholen im Studium. „Es ist erstaunlich, was viele in wenigen Jahren erreichen“, so seine Erfahrung. Und sie lernten den Umgang mit Kreativität. Dazu gehöre nämlich Disziplin, um pünktlich abzuliefern. Innerhalb von zwei Jahren nach dem Studium seien 70 Prozent der Absolventen in Beschäftigung. Dazu trügen Praktika bei Firmen bei, wo schon mal die ersten Kontakte geknüpft würden.

Ludger Brümmer wird auch im Ruhestand weiter abliefern. „Jedes Stück ist ein Abenteuer für sich.“

Zur Person

Ludger Brümmer
stammt aus Nordrhein-Westfalen und studierte zunächst in Bochum Musik, Kunst und Pädagogik und später Komposition an der Folkwang-Hochschule in Essen. Ab April 2003 leitete er das Institut für Musik und Akustik und seit 2018 das Hertz-Labor am Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe. In Trossingen betreute er vor allem Studierende im Studiengang Musikdesign in der kompositorischen Ausbildung ihrer eigenen Werke sowie im Bereich Musikinformatik und Raumklang.